Harte Vorwürfe gegen Binger Oberbürgermeister Thomas Feser
SPD und Grüne bezichtigen den Verwaltungschef des Rechtsbruchs. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, Entscheidungen ohne Ratsbeschluss gefällt zu haben.
Von Christine Tscherner
Für den Bau des Studentenwohnheims an der Hinteren Grube erließ der Oberbürgermeister die Ablöse von sechs Stellplätzen; ohne Ratsbeschluss. Das moniert der Rechnungshof.
(Archivfoto: Schmidt)
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BINGEN - Harsche Töne: SPD und Grüne bezichtigen Oberbürgermeister Thomas Feser (CDU) im Stadtrat des Rechtsbruchs. Sie sehen seine Amtsführung „mit moralischen Defiziten“, gar „besorgniserregend“. Feser habe sich laut Rechnungshof-Bericht nicht an Recht gebunden gefühlt, „über Hinweise aus der eigenen Verwaltung und das Gesetz hinweggesetzt“, zählt Grünen-Sprecher Roland Böse auf.
„Anscheinend fehlt es auch an Einsicht“, kreidet SPD-Fraktionssprecher Philipp Staudinger dem Mann im Binger Chefsessel an. Ein eilig angesetzter OB-Pressetermin noch vor der Ratssitzung sollte Deutungshoheit gewinnen.
Konkret geht es um die Nutzung des Dienstautos für Fahrten nach Essen zur RWE samt mehrstündigem Fahrereinsatz. Bingen ist Aktienbesitzer, Feser als Interessensvertreter der Stadt im Einsatz. Es geht den Kritikern um Belege bei der Nutzung der städtischen Kreditkarte und eine großzügig erlassene Stellplatzabgabe für Investoren ohne Ratsrücksprache.
Und es geht um die gänzlich andere Sicht der Rot-gelb-grünen-Koalition auf die Verschuldung der Stadt. Von wegen alles im Lot. „Unter Thomas Fesers Ägide ist die Binger Verschuldung um fünf Millionen Euro gestiegen, nicht, wie immer behauptet, gesunken“, sagt Müller-Heidelberg.
Alles Wahlkampfgetöse in den Monaten vor der OB-Wahl? Gemessen an den angepackten Projekten seien die aufgezählten „Fehler so klein“, findet Michael Stein als CDU-Fraktionschef. Er stärkt seinem angegriffenen Parteifreund den Rücken. „Hier ein Fass aufzubohren, das ist nicht angemessen.“
Fakt ist, dass Grüne und SPD ihre schneidende Kritik am christdemokratischen Oberbürgermeister durch den Landesrechnungshofs bestätigt sehen. „Jetzt ist die Katze aus dem Sack“, sagt Böse. „Feser respektiert das Gesetz einfach nicht.“ Ja, gar den Vorbildcharakter als Stadtchef spricht ihm der Grüne ab. Philipp Staudinger beantragt Akteneinsicht und die Kreditkartenbelege, die genaue Zahl und Aufschlüsselung der RWE-Fahrten.
Erstaunlich gelassen bleibt Thomas Feser. Ein Dank an den Büdesheimer CDU-Kollegen Uwe Schmitt für dessen Hinweis auf Liquiditätskredite reicht dem OB, um den Schuldenmacher-Vorwurf zu entkräften. Müller-Heidelberg hatte Bingen unter Fesers Führung eine fast doppelt so hohe Verschuldung pro Kopf wie vergleichbaren Städten vorgerechnet.
„Bewussten Bruch geltenden Rechts“, hält Philipp Staudinger als SPD-Fraktionschef dem Oberbürgermeister vor. Stellvertretend für den geschmähten Thomas Feser reißt schließlich Stadtrat Volker Collet der Geduldsfaden. „Ja, dann zeigt ihn doch an!“, so der Zwischenruf des FWG-Manns.
CDU-Fraktionschef Stein geht in die Gegenoffensive, zeigt auf den Grünen-Dezernenten. Das 160-Seiten-Papier des Prüfberichts biete genug Stoff, „auch hier Verfehlungen aufzuzählen“. Eine Schlammschlacht bahnt sich an, die in den Ausschüssen wohl weiter ausgetragen wird. Die Ratssitzung ist kein Spaß für Zuhörer, die sich Sachdebatten wünschen statt Zoff und Vorwürfe.
Der SPD-Antrag zur Akteneinsicht ging mit neuen Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat durch. Für den OB heißt der Beschluss: Karten auf den Tisch.