Harte Arbeit steckt hinter dem Erfolg von „Vino Fredi“
Frederike Dessoy kommt nicht aus einer Winzerfamilie, fand jedoch Gefallen am Hobby des Vaters und baute das Weingut professionell aus. Ihr Markenzeichen: Hoffeste im Grünen.
Von Sören Heim
Frederike Dessoy hätte auch Ärztin werden können. Doch sie entschied sich für Weinbau, machte eine entsprechende Ausbildung und baute das Hobby-Weingut des Vaters in Bingen-Kempten zum erfolgreichen Betrieb „Vino Fredi“ um.
(Foto: Sören Heim)
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KEMPTEN - Viele Weinfreunde kennen Frederike Dessoy wahrscheinlich von ihren rauschenden Hoffesten. Etwa 2000 Menschen kommen zwei- bis viermal im Jahr in und rund um die Weinhalle in den Weinbergen außerhalb von Bingen-Kempten zusammen, um mehrere Tage zu feiern und die Tropfen aus dem jungen Weingut zu genießen. Diese Feste haben sich mittlerweile zum Markenzeichen der Kempter Jungwinzerin entwickelt. „Das hat schon für einen großen Bekanntheitsgrad gesorgt, dass die Hoffeste so eingeschlagen sind“, sagt Dessoy. „Mittlerweile kommen die Gäste nicht mehr nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus dem Mainzer und Frankfurter Raum.“
2011 hat Dessoy sich entschieden, das zuvor als Hobby betriebene Weingut des Vaters zu übernehmen. Etwa 1 Hektar Weinberge zählte das Gut damals. Heute sind es 18. Sie habe ursprünglich Ärztin werden wollen, erinnert Dessoy sich, aber schon während der Schule auch mit dem Weinbau geliebäugelt. „Ich habe ja dem Vater regelmäßig geholfen, und das hat schon Spaß gemacht.“
Ein Praktikum und später eine zweijährige Ausbildung im Weingut Hermann Wendel schlossen sich an. Dann das Studium an der Hochschule in Geisenheim. Es folgte noch ein Abschluss als Technikerin in Weinbau und Oenologie in Bad Kreuznach.
DIE SERIE
In den Verbandsgemeinden wächst eine neue Weinbau-Generation heran. Der Nachwuchs übernimmt immer mehr Verantwortung in Weinberg, Keller und Vertrieb. Was machen sie anders? Welche Traditionen führen sie fort? Die AZ widmet den jungen Winzern eine Serie.
Im Weingut hat die junge Winzerin dann von Anfang an die Richtung bestimmt. Ein moderner Auftritt, die neue Lagerhalle mitten in den Weinbergen, der frühe Fokus auf große Feste im Grünen sowie bald auch Firmenevents und andere Feierlichkeiten, die im Weingut Dessoy gebucht werden können. Mittlerweile gibt es auch zwei Ferienwohnungen auf dem Gelände, das Weingut bietet Wanderungen, E-Bike-Touren und Planwagenfahrten an. Eine Vinothek soll im kommenden Jahr folgen.
Dessoy arbeitet, unterstützt von der ganzen Familie und auch ihrem Freund, den sie in Geisenheim kennengelernt hat, hart. Trotzdem spricht sie selten von den eigenen Leistungen, aber oft vom Glück, dass sie gehabt habe: Zum Beispiel: „Ich hatte das Glück, nicht aus einer Winzerfamilie zu kommen. Da kann man, glaube ich, einen neuen Weg deutlich befreiter gehen.“ Kein Vater, keine Mutter, keine Großmutter, kein Großvater, die sagen: „Kind, das geht doch nicht. Das haben wir immer anders gemacht.“
So sei sie dann auch von Anfang an sehr frei darin gewesen, berichtet Dessoy, wie sie ihre Weine produziert. Sie mache „wenig im Keller“, sagt die junge Winzerin, spricht von einem „gesunden Minimalismus“, das heißt: „Wir benutzen keine Schönungsmittel und verzichten auch auf die Zugabe von Zucker für die Gärung. Ein Wein ist ja ein Naturprodukt, und so möchte ich ihn auch behandeln. Da dürfen dann durchaus Jahr für Jahr eine große Bandbreite an Geschmäckern enstehen.“
Möglichst viel Grundlage für den Geschmack sollte, findet Dessoy, direkt im Weinberg gelegt werden. 100 Prozent gesundes Lesegut und viel Handarbeit sollen das sicherstellen. Und auch die Jagd nach Medaillen und anderen Auszeichnungen ist der jungen Winzerin nicht so wichtig, obwohl schon zahlreiche Weine ausgezeichnet wurden. „Das Wichtigste ist, dass ich mit meinen Weinen zufrieden bin.“ Die bisher mit jedem Jahr wachsende Kundschaft scheint das zu bestätigen.
Doch obwohl Frederike Dessoy im Mittelpunkt steht, das Weingut auch ihren Namen führt, allein ist sie nie. Die Familie unterstützt sie natürlich nach Kräften, und auch der Freundeskreis ist rasch mobilisiert, wenn es etwas zu tun gibt. „Anders geht es auch gar nicht, das ist hier keine One-Man-Show“, sagt Dessoy.
Auf Skepsis ob der Berufswahl sei sie bei ihren Freunden übrigens nie gestoßen. Dann schon eher auf Freude: „Eine neue verlässliche Quelle für guten Wein.“ Auch andere Winzer hätten, berichtet Dessoy, für sie immer ein offenes Ohr gehabt. Besonders der frühere Ausbilder Wendel, der der Jungwinzerin seit ihrer Zeit dort verbunden bleibt. Auch was die Unterstützung betrifft, sagt sie, habe sie einfach ganz viel Glück. Für dieses Glück arbeitet Dessoy allerdings auch sieben Tage die Woche und oft bis in die Nacht. Weinbau, das sei eben mehr als ein Beruf.