Erstes Hildegard-Musical findet Finanziers und Unterstützung rund um den Globus
Martin Rector ist der Produzent. Der Binger hat die Finanzierung über Crowdfunding gestemmt. „Ideenreich Rheinhessen“ half erfolgreich. Innerhalb weniger Wochen kamen knapp 80 000 Euro zusammen.
Von Christine Tscherner
Sängerin Menna Mulugeta und Komponist Martin Rector, hier mit einer Hildegard-Skulptur im Museum am Strom, arbeiten schon seit Jahren an Hildegard-Projekten.
(Foto: Christine Tscherner)
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BINGEN - Premiere ist der 30. Juni, am Pfingstmontag war die erste gemeinsame Probe. Martin Rector ist Produzent des ersten Hildegard-Musicals. Der Binger hat die Finanzierung über Crowdfunding gestemmt. „Ideenreich Rheinhessen“ half sieben von zehn touristischen Ideen erfolgreich auf die Beine. Innerhalb weniger Wochen kamen knapp 80 000 Euro von 1173 Unterstützern zusammen. Rectors Hildegard-Musical überzeugte die Geldgeber.
Die Komposition stand, Solisten waren gefunden. Was zur Realisierung fehlte, waren Technik, Video- und Multimedia-Animationen. 5260 Euro sammelte Martin Rector ein; 4000 waren das Ziel. Ein Kultur-Fond gab noch 1000 Euro obendrauf.
Das Geld floss in einen leistungsstarken Beamer, eine großflächige Leinwand und an freischaffende Künstler in aller Welt. Denn Rector hat sich über Internetportale global vernetzt. Grafiker, Übersetzer, Sänger und Multimediadesigner aus Russland, Argentinien und Japan haben so die Komposition „Ich sah die Welt als Eins“ umgesetzt. Bereits im Mai stand die eng-lische Version. „Ein Song ist sogar versuchsweise chinesisch übersetzt und eingesungen“, sagt Rector. Eine Chinesin, die derzeit in Japan lebt, übertrug Rhythmik und Versmaß passend zur Melodie – ein Job für echte Profis.
Aus Gesprächen mit Touristik-Experten für Rheinland-Pfalz hat der Musical-Macher Rector auch den holländischen Markt im Blick. „Benelux ist unsere Hauptzielgruppe“, sieht auch Georg Sahnen Potential. Der Binger Tourismusmanager glaubt jedoch nicht, dass ein Hildegard-Musical in Mandarin allein Lockstoff für chinesische Touristen wäre.
„Das müsste eingebettet sein in breites Marketing und integrierte Kommunikation.“ Für Werbung „mit der Gießkanne“ sei China jedoch viel zu groß, wenn auch mit enormem Gästepotential. Nein, einen Finanztopf für das Hildegard-Musical habe die Stadt nicht. „Aber insgesamt stehe ich dem Projekt positiv gegenüber“, betont Sahnen.
Das Live-Mixed-Media-Musical soll an fünf Orten der Region aufgeführt werden. Die Orte für die Aufführungen und die Termine sind fixiert, Kooperationspartner gefunden. Multimedia-Projektionen, Filmszenen und Schattenspiel sind produziert. Noch läuft die Chorsuche. In Bingen ist am 8. September die Basilika gebucht.
Hildegard, die bekannteste Tochter der Stadt, soll mit ihrer Lebensgeschichte rauf auf die Bühne. Rector griff die touristische Chance am Schopf.
Warten auf den richtigen Moment
Filme, Videos und Projektionen mixt Rector vor Ort zum Live-Gesang in fünf rheinhessischen Kirchen. In der Binger Basilika (8. September, 17 Uhr), der Ingelheimer Burgkirche, im Ockenheimer Kloster Jakobsberg und in der St. Josephskirche in Alzey wird das Hildegard-Musical aufgeführt. Premiere wird am 30. Juni in Pfaffen-Schwabenheim sein.
Crowdfunding gab Martin Rectors Hildegard-Idee nicht nur finanziellen Rückenwind; die direkte Bürgerbeteiligung und privater Geldeinsatz entschieden nämlich, welche Idee überhaupt Realität wurde.
Kostprobe gefällig? Youtube-Videos wie „The Soul is like the wind“ zeigen poetische Szenen von Sonnenstrahlen durch Baumkronen, klare Bergseen, Tautropfen auf Gras, einer Waldlichtung aus Insektenperspektive. Das bedient Sehnen nach intakter Natur in Bildsprache.
Rector ist in Bingen als Mann mit unkonventionellen Ideen bekannt. Er ist Vorkämpfer der Binger Bühne, Grünen-Politiker und Denkmalschützer. Er engagiert sich für Kultur und Historie seiner Stadt. Durchhaltevermögen zeichnet ihn aus. „Immerhin habe ich die Hildegard-CD mit 18 Songs schon vor zehn Jahren komponiert.“ Die damals 15-jährige Higa-Schülerin Menna Mulugeta steuerte – noch lange vor ihrer TV-Bekanntheit – den Gesang bei.
Mit der Rheinhessen-Initiative des Crowdfundings wartete er geduldig auf den richtigen Moment. Schwarmfinanzierung gab das Geld, Klima-Demonstrationen und grüne Wahlerfolge den aktuellen Bezug zum Hildegard-Stoff. „Ich sah die Welt als Eins“ könnte schließlich auch ein Greta Thunberg-Titel sein.