BINGEN - Manchmal sind es die banalen Dinge, die sich mitunter als unüberwindliche Hürde erweisen. Etwa ein Taschenfach in einem Bus, in dem der Fahrer dies und das verstaut. Hersteller von Elektro-Bussen können damit nicht punkten, auch nicht die ebe Europa GmbH in Memmingen, deren Blue City Bus schon bald in Bingen eingesetzt wird. Einstimmig votierten alle Fraktionen im Werksausschuss für diese Neuanschaffung, an der sich das Land mir 53 Prozent der Kosten, also 255 000 Euro, beteiligt.
Seit 2011 Thema in der Stadt
Rückblick: Bereits im November 2016 wurde die erste EU-weite Ausschreibung auf den Weg gebracht. Doch keines der Angebote, die Bingen erreichten, erfüllten die Voraussetzungen. Die Stadt modifizierte die Kriterien und machte im Juni 2017 einen zweiten Anlauf. Schließlich lagen drei Angebote vor, die formell und inhaltlich den Vorgaben entsprachen. Die Entscheidung fiel auf den Memminger Anbieter ebe. Auch Professor Dr. Oliver Türk, Leiter der Transferstelle Bingen und seit Jahren eingebunden in das Projekt E-Bus, versicherte den Ausschussmitgliedern: „Auch ich hätte dieses Angebot auf Platz 1 gesetzt.“ Türk berichtet von vier E-Bussen des Herstellers ebe, die der Verkehrsverbund Hohenlohe im Zuge der Landesgartenschau in Öhringen seit 2016 in Betrieb habe. Die Betriebskosten hätten sich halbiert, die Busse liefen ohne die geringsten Störungen. Und mit Blick auf die Reichweite ist der Professor überzeugt: „Die Busse heute schaffen 170 Kilometer, bevor sie an die Ladestation müssen.“
Bingen Vorreiter im Land
Bingen wird mit dem E-Bus-Projekt Vorreiter sein in Rheinland-Pfalz, denn bisher gibt es im Land keinen Elektrobus im Linienbetrieb. Dass ein solcher Bus in Bingen funktionieren kann, haben Vorstudien gezeigt. Im Dezember 2013 und Februar 2014 waren zwei Bus-Modelle probeweise im Einsatz und bedienten die Linie 604, die die Stadtteile Bingen Stadt, Bingen-Büdesheim, beide Bahnhöfe und beide Standorte der Fachhochschule verbindet. Auch der neue E-Bus soll auf der Linie 604 eingesetzt werden. Betankt werden soll er mit Ökostrom, denn die Stadt besitzt mehrere Fotovoltaikanlagen, auch auf Dächern der Stadtwerkegebäude in Bingen-Dietersheim. In den ersten zwei Jahren wird die TSB das Elektrobus-Projekt wissenschaftlich begleiten, was das Land ebenfalls mitfinanziert.
Seit 2011 liebäugelt die Stadt mit einem Elektro-Bus, Dreh- und Angelpunkt war, wie bei jedem E-Mobil, die Kapazität der Batterien. Heute ist Türk überzeugt: „Da wird sich in den kommenden acht bis zehn Jahren noch viel tun.“ Und er konnte die Skepsis im Werksausschuss zerstreuen, dass eine neue Generation von Batterien den Binger E-Bus ins Abseits manövrieren könnte. „Alles ist in dem ebe-Bus modular aufgebaut. Die verschiedenen Module bilden Packs, die ohne Probleme ausgetauscht werden können. Es muss also nie das ganze System ausgetauscht werden. Überhaupt ist die Lebenserwartung dieses Modells hoch. Der Radnabenmotor ist extrem wartungsfrei.“ Erläuterungen des Professors, die mit Erleichterung zur Kenntnis genommen wurden.