Bingen swingt 2018 war bei Publikum und Kritik ein Erfolg. Allerdings kamen nicht alle, die hätten kommen können. Denn die Fußballweltmeisterschaft war ein zu starker Konkurrent.
Von Erich Michael Lang
Reporter Rheinhessen
Bingen swingt kam gut an. Auch die Soul-Klänge von Brooklyn Bridge in Nachbarschaft zur Burg.
(Archivfoto: Christine Tscherner)
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BINGEN - Kein Veranstalter sollte es mit dem Fußball aufnehmen. Schon gar nicht, wenn das Fußballvolk sich zu einer Weltmeisterschaft versammelt. Diese Erfahrung musste auch das Internationale Jazzfestival Bingen swingt machen. Der Samstagabend kollidierte ausgerechnet auch noch mit einem Spiel der deutschen Nationalmannschaft. Die Festivalleitung um Patrica Neher versuchte das, so gut es ging, aufzufangen. Angeboten wurde zur Primetime um 20 Uhr ein Public Viewing auf dem Speisemarkt. „Um zum einen zu verhindern, dass Festivalgänger am Samstagabend zu Hause bleiben, um das Fußballspiel zu schauen und zum anderen, dass Fußballfans während der Konzerte nur auf ihre Handybildschirme schauen“, heißt es in der Rückschau.
Selbst bei schlechtem Wetter mehr Besuch
Die bittere Wahrheit brachte aber der Abschlussbericht zum Festival an den Tag, der nun auch dem Kulturausschuss vorgelegt wurde. Demnach wurden am Festivalsamstag lediglich 1407 Besucher gezählt. Zum Vergleich wird angeführt, dass es in guten Jahren 3000 bis 3500 sind. Selbst bei schlechtem Wetter werden durchschnittlich noch 2000 bis 2500 Musikfreunde gezählt.
Patricia Neher sieht einen klaren Zusammenhang mit dem Fußballereignis. Dadurch aber, dass der Samstag als eigentlich starker Veranstaltungstag schlappgemacht hat, haut es auch bei der Gesamtbilanz ins Kontor. 2017 wurden rund 75 000 Euro an Eintrittsgeldern eingenommen. 2018 waren es hingegen nur rund 67 000 Euro. Unterm Strich führt das dazu, dass bei Gesamtkosten von rund 218 000 Euro im Jahr 2018 der städtische Zuschuss von 70 000 auf knapp 79 000 Euro aufgestockt werden muss.
FAZIT
„Das 23. Internationale Jazzfestival Bingen swingt konnte mit einem breiten Programm überzeugen. Die Resonanz bei Publikum und Medien war hervorragend. Allerdings hatte das Festival mit starker Konkurrenz wie der Fußball-WM und der parallel stattfindenden Johannisnacht in Mainz zu kämpfen und dadurch starke Besuchereinbußen. Somit konnten in 2018 lediglich 67 360, 26 Euro an Ticketeinnahmen erwirtschaftet werden. Trotz einer Steigerung der Sponsoringeinnahmen sowie der Einnahmen aus Standgebühren und Werbeanzeigen im Festivalprogrammheft auf insgesamt 41 490,97 Euro (2017: 36 355,80 Euro), wurden die im Haushalt eingestellten Mittel in Höhe von 70 000 Euro um 8980,31 Euro überschritten.“
Quelle: Schlussbemerkung im Verwaltungsbericht zu Bingen swingt 2018
Auch die ansonsten immer ausgebuchte Riverboatshuffle hat das zu spüren bekommen. „Leider war die Riverboatshuffle erstmalig nicht ausverkauft. Es ist davon auszugehen, dass der durch die Fußball-WM verzeichnete Besucherrückgang mit dafür verantwortlich ist“, heißt es in der Bilanz. Der Ausschuss nahm es mit Fassung zur Kenntnis. Auch wohl deshalb, weil Bingen swingt 2018 als im wörtlichen und übertragenen Sinn sonniges Festival in Erinnerung geblieben ist. Der Kurs der Macher gilt als richtig und zielführend. Auch das zunehmende Engagement im Bereich Marketing wird wohlwollend zur Kenntnis genommen. Zum Beispiel soll an der Vermarktung auch der Riverboatshuffle aufgrund der Erfahrungen in diesem Jahr geschraubt werden.
„Zukünftig muss das Marketing für die Riverboatshuffle verstärkt werden und der Vertrieb frühzeitiger beginnen, um auch das Weihnachtsgeschäft mitzunehmen. Wie im Kultur- und Tourismusausschuss berichtet, wird es zukünftig eine neue Werbestrategie für Schiffsangebote in Bingen generell geben, in die auch die Riverboatshuffle aufgenommen wird und somit eine passgenauere Zielgruppe angesprochen wird“, heißt es.
Allerdings bleibt der Befund, dass sich das Festival auch in Zukunft im Wettbewerb mit den regionalen Veranstaltungen in den Sommermonaten befinden wird. Zwar wird es im nächsten Jahr keine Fußballweltmeisterschaft sein, aber das Johannisfest in Mainz bleibt vorerst dauerhafter Mitbewerber. Patricia Neher erläuterte, dass sich diese Terminkollision nicht vermeiden lasse. Hinten raus kommen die Sommerferien, vorneweg die ganze Feiertagsriege mit Brückentagen. „Und der Termin am letzten Juniwochenende hat sich auch etabliert und eingeprägt“, so Neher.
Regional hat also die Kundschaft auch nächstes Jahr die Qual der Wahl. Wobei ja durchaus ein Besuch beider Veranstaltungen möglich ist, wenn nicht gerade jeweils das volle Programm mitgenommen werden soll. Auch zielt natürlich Bingen swingt auf eine ganz eigene Klientel, der es weniger um ein Volksfest, denn um die Musik zu schaffen ist.