Christine Zanner ist Direktorin des Amtsgerichts Bingen
Die Mainzer Juristen hat im September die Nachfolge von Jens Wilhelmi angetreten. Privat sorgt sie auch auf Fußballplätzen für Gerechtigkeit sie ist Schiedsrichterin.
Von Christine Tscherner
Christine Zanner ist die neue Direktorin am Amtsgericht Bingen.
(Foto: Christine Tscherner)
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BINGEN - Das Amtsgericht Bingen ist auffällig weiblich. Nicht bloß, weil die Mainzer Juristin Christine Zanner seit September den Job von Amtsgerichtsdirektor Jens Wilhelmi übernommen hat. Acht Richterinnen und ein Richter bestimmen dort die Geschicke. „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist als Beamtin sicher leichter zu realisieren“, sagt Christine Zanner. Sie weiß, wovon sie spricht, war früh Mutter und hat mit Kind studiert.
Abitur, Banklehre und Jura-Studium in Mainz sowie die längste Zeit ihrer Berufskarriere in der Landeshauptstadt sprechen eine klare Sprache. „Ich bin ein Meenzer Mädche, ganz klar.“ Der Chefsessel des Binger Amtsgerichts bedeutet für die 55-Jährige dennoch eine Ehre. „Im Amtsgerichtsbezirk Mainz gibt es nur vier Direktoren-Posten.“ Darum sei Bingen für sie keine Durchgangsstation. „Ich bin gekommen, um zu bleiben.“
Die Stufen davor hießen fünf Jahre Staatsanwaltschaft, dann Amtsgericht Mainz, eine kurze Zeit in Worms, zurück nach Mainz, dann lange am Landgericht in der großen Strafkammer. 15 Jahre lang war ihr Schwerpunkt Zivilrecht und Bankrecht passend zur Ausbildung vor dem Jura-Studium. Was Christine Zanner gleich beim Start am Rhein-Nahe-Eck auffiel? „Bingen ist familiär, die Verrohungstendenzen noch nicht ganz so großstädtisch.“ Die ländliche Klientel sieht sie durchaus positiv.
Seit 1879 gibt es ein Amtsgericht in Bingen; zunächst im Alten Rathaus, seit 1939 an der Mainzer Straße. Zuständig ist es für das Gebiet von Bacharach-Steeg bis Sprendlingen, klar abgegrenzt. Bösewichte der Städte Bingen und Ingelheim, der Verbandsgemeinden Gau-Algesheim, Rhein-Nahe sowie Sprendlingen-Gensingen stehen in Bingen vor dem Kadi. „Durch den Zuschlag von Wackernheim und Heidesheim hat sich auch unser Amtsgerichtsgebiet vergrößert.“ Zanner und ihre Kollegen sind gut ausgelastet: Rund 1230 Zivilsachen, 850 Familiensachen wie Scheidungen, ebenso viele Straf- und 220 Bußgeldsachen – das sind die aktuellen Zahlen.
Wie ihr Alltag aussieht? „Ich bin nicht die Chefin der Binger Richter, das ist ein Irrglaube.“ Weder kann sie zur Eile antreiben noch härtere Gangart anmahnen. Aber Dienstvorgesetzte der nicht-richterlichen Angestellten im Haus, ja, diesen Job hat sie zusätzlich zu ihren Richteraufgaben übernommen.
Großen Raum nimmt die Abschiebehaft in Ingelheim für Christine Zanner ein. Sie prüft, ob Haftvoraussetzungen gegeben sind, ob Anträge stimmig sind. „Das bedeutet sehr formales Prüfen.“ Die ganz persönliche Zanner-Meinung ist unerheblich.
Die Idee scheint vom Tisch, die das Amtsgericht Bingen zum zentralen Abschiebegericht für das nördliche Rheinland-Pfalz umbauen wollte. Nicht vom Tisch ist ein anderer Umbau mit weitreichenden Folgen: „Wir stellen bald auf elektronische Akten um.“
Viel Arbeitszeit nehmen Entscheidungen zur Betreuung ein. „Wir sind die Kontrollinstanz im Sinne des Betroffenen.“ Vorsorgevollmacht oder Vormundschaft, Bettgitter oder Fixierung klingen nicht nach Partygespräch. „Als Jura-Studentin stellt man sich den Richterjob wahrscheinlich glamouröser vor.“
Als Ausgleich zu diesem Schreibtisch-Alltag liebt Zanner das Tanzen, das Wandern – und das Radfahren: „Ich freue mich schon auf schönes Wetter, dann kann ich mit dem E-Bike von Mainz nach Bingen radeln“, sagt sie. Und dann ist da noch das Hobby, bei dem sie Bewegungsfreude mit Gerechtigkeitssinn verbinden kann: Sie ist Fußball-Schiedsrichterin im Südwestdeutschen Fußballverband.