Im ersten Quartal 2020 soll die neue Stadtbibliothek an der Basilikastraße bezogen werden. Konzeptionell stellt sich das Haus auf Begegnung und Bildung im digitalen Zeitalter ein.
Von Erich Michael Lang
Reporter Rheinhessen
Der Neubau der Stadtbibliothek an der Basilikastraße wächst in die Höhe.
(Foto: Thomas Schmidt)
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BINGEN - In der Stadtbibliothek an der Mainzer Straße tagte der Kulturausschuss. Das war eine Art Abschiedsvorstellung, weil derzeit ja an der Basilikastraße die neue Stadtbibliothek in die Höhe wächst und im ersten Quartal 2020 bezogen werden soll. Es war aber auch ein Akt der politischen Selbstvergewisserung, zumindest für die parlamentarische Mehrheit, von der das Bibliotheksprojekt gewollt ist und getragen wird. Denn am eigenen Leib erfuhren die Ausschussmitglieder die Enge der Räumlichkeiten an der Mainzer Straße, die einen Besuch größerer Gruppen – beispielsweise Schulklassen – erheblich einschränkt bis unmöglich macht.
Mehr Platz für Angebote für Kinder und Jugendliche
Das aber wiederum passt ganz und gar nicht zum Zukunftskonzept der Bibliothek, die sich als ein offenes Haus reger Begegnung und Bildung versteht. „Derzeit haben wir keinen Platz für schulische Bildungsangebote. Aber Begegnung soll in Zukunft möglich sein, genauso wie multimediale Zugänge zur Bildung“, hob Kulturamtsleiter Dr. Matthias Schmandt hervor, der selbst in der Enge sich auf einem kleinen roten Sessel noch zwischen die Sitzungsteilnehmer gequetscht hatte.
Ein bisschen neue Zeit konnte der Ausschuss aber schon erleben, bei einer computergestützten Online-Reise auf großem, gestochen scharfem Flachbildschirm. Davon können Bau- und Planungsausschuss im Sitzungssaal der Burg Klopp nur träumen, wo auf vergilbter Leinwand unscharfe und verzerrte Beamer-Bilder geboten werden. Gezeigt wurde eindrucksvoll, wie beispielsweise die onLeihe funktioniert. Ein Segment, das auch in Bingen stark wächst. Die Zahl entliehener digitaler Medien lag im Jahr 2018 bei 15 133 gegenüber 11 270 im Jahr 2017. Inzwischen hat die Bibliothek 93 611 Titel im Bestand. Entsprechend geht es bei den „physischen Medien“, also in erster Linie das gute, alte, traditionelle Buch zurück: 64 898 Ausleihen in 2018 gegenüber 66 935 in 2017. Insgesamt verzeichnet die Bücherei aber mit 80 031 Entleihungen einen neuen Ausleihrekord. Auch die Besucherzahlen sind von 2017 bis 2018 gestiegen. 48 000 gegenüber 31 300.
Den letzten Schrei bekamen die Ausschussmitglieder auch vorgeführt: Computerspiele, mal mehr unterhaltend, mal mehr belehrend. 70 Stück hat die Stadtbibliothek davon im Angebot. 40 sind schon entliehen worden. Dieser Trend steht weiter unter Beobachtung und gegebenenfalls wird nachgelegt.
Bibliothekschefin Satu Bode zeichnete ein vielfältiges Bild von der Arbeit der Bibliothek, die eben schon lange nicht mehr nur die klassische Buchausleihe abwickelt. Das Haus verstehe sich als öffentliche Bücherei mit Bildungsauftrag, weshalb es jedes Jahr auch eine ganze Reihe von Veranstaltungen gebe. Demnächst beispielsweise auch wieder „Bingen liest ein Buch“ (die AZ berichtete). Aufgrund der Nachfrage hat die Bücherei auch ihre Öffnungszeiten ausgeweitet, von 18 auf 25 Stunden.
Und Öffnungszeiten werden in Zukunft womöglich überhaupt keine Rolle mehr spielen. Derzeit ist die Verwaltung fest entschlossen, die neue Stadtbücherei mit einem Chip-System auszustatten, das der Kundschaft den Zugang auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten und damit auch die Nutzung der Einrichtung erlaubt. Kulturamtsleiter Schmandt sagte, die neue Stadtbibliothek erhalte eine Verglasung im Erdgeschoss, um Offenheit allein schon durch das Gebäude zu signalisieren. Und diese Offenheit solle auch konzeptionell gelebt werden. Allerdings ist noch nicht heraus, was das Chip-System kosten soll. Die Verkabelung soll auf jeden Fall bereits dafür ausgelegt werden. „Wir probieren es und werden uns vor der Zukunft nicht verschließen“, sagte Oberbürgermeister Thomas Feser.