Binger KiKuBi zeigt Dokumentarfilm von Barbara Trottnow
Regisseurin Barbara Trottnow behandelt mit ihrem Film die Suche einer Jüdin nach ihren Wurzeln in Essenheim. Im AZ-Interview spricht sie über ihre Beweggründe.
Barbara Trottnow führte Regie bei „Visit the Past“.
(Foto: Trottnow)
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BINGEN - Am Wochenende zeigte Kino Kultur Bingen (KiKuBi) „Visiting the Past“. Der Dokumentarfilm der Klein-Winternheimer Regisseurin Barbara Trottnow begleitet Joan Salomon, deren jüdische Mutter 1943 vor den Nationalsozialisten aus Essenheim geflohen war, auf ihrer Rückkehr in das Dorf bei Mainz. Nur der Mutter gelang damals die Flucht, Großmutter und Tante wurden im Konzentrationslager ermordet. Die AZ hat mit der Regisseurin gesprochen.
Frau Trottnow, wie kommt man zu einem solchen Filmthema?
Tatsächlich kam der Stoff für den Film zu mir. In Essenheim war bekannt, dass ich Dokumentarfilme drehe. Als Joan Salomon den Kontakt nach Essenheim suchte, hat man sich mit mir in Verbindung gesetzt. Und ich fand das Thema natürlich unglaublich interessant.
Viele Ihrer Filme drehen sich um Migration. Hat man sich deshalb an Sie gewandt?
Ich glaube nicht, dass die Essenheimer an mich als „Migrationsfilmregisseurin“ gedacht haben, sondern eher einfach als Dokumentarfilmerin. Aber ein Grund für mich, tiefer in das Thema einzusteigen, war schon, dass es zu meinen anderen Filmen passt. Zuletzt habe ich vor allem Filme mit Bezug zur Türkei gedreht, wobei auch da immer die Frage mitschwang: „Wo ist meine Heimat?“. Und um die Suche nach Heimat geht es ja auch in „Visiting the Past“: Denn das war für mich eine der erstaunlichsten Beobachtungen: Dass Joan Salomon tatsächlich Heimatgefühle für Essenheim hat, obwohl sie doch allen Grund hätte, von diesem Ort nichts wissen zu wollen. Warum, das ist eine der Fragen, der ich mit meinem Film nachspüren möchte.
Liefert Ihr Film auch eine Antwort? Oder bleibt es eine offene Frage?
Ich denke schon, dass es eine Antwort gibt. Aber das kann jeder Zuschauer für sich selbst erkunden. Soviel: Es hat, denke ich, viel mit der freundlichen Aufnahme von Joan Salomon in Essenheim zu tun, damit, wie herzlich sie empfangen wurde und wie offen die Essenheimer, die ihre Familie noch gekannt haben, für sie waren.
„Visiting the Past“ feierte in Mainz Premiere, auch einige Essenheimer waren dabei. Wie haben die das Ergebnis ihrer Arbeit aufgenommen?
Die ersten Reaktionen waren sehr positiv. Wie es dann insgesamt aussieht, erfahren wir, wenn mehr Menschen den Film gesehen haben. Ich hoffe, er gefällt allen, nicht nur den Essenheimern.
Wenn man sich mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzt, wird immer wieder als Problem genannt, dass es bald keine Zeitzeugen mehr gibt. Sehen Sie solche Filme auch als Möglichkeit, die unmittelbare Konfrontation mit dem Thema zu bewahren?
Auf jeden Fall. Wobei ich ja noch einmal eine andere Perspektive wähle. In meinem Film geht es um eine Frau, die den Nationalsozialismus nicht mehr selbst erlebt, aber ihr ganzes Leben mit den Nachwirkungen zu tun hat. Die Landeszentrale für politische Bildung schickt den Film derzeit auf Kinotour. Ich bin bei den Aufführungen anwesend, um Fragen zu beantworten.
Besteht die Chance, „Visiting the Past“ auch irgendwann im Fernsehen zu sehen?
Ich glaube nicht. Ich habe selbst früher viel für die Öffentlich-Rechtlichen gearbeitet, aber heute werden solche Filme gar nicht mehr gezeigt, geschweige denn, dass ein Sender das Risiko der Produktion auf sich nehmen würde. Aber „Visiting the Past“ gibt es auf DVD und kann so zuhause geschaut werden. Die DVD ist bestellbar bei: www.bt-medienproduktion.de.