Kommende Woche soll der Stadtrat über den Doppeletat 2019/2020 abstimmen. Oberbürgermeister Feser stellte das Zahlenwerk vor und verwies auf eine Vielzahl von Investitionen.
Von Erich Michael Lang
Reporter Rheinhessen
Ein dicker Brocken im Haushalt und ein politischer Zankapfel: der Neubau der Stadtbibliothek gegenüber der Basilika.
(Foto: Thomas Schmidt)
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BINGEN - Ein Haushalt ist eine Regierungserklärung in Zahlen. Insofern sind die scheinbar trockenen Daten eine hochpolitische Angelegenheit. Und entsprechend nutzte auch Oberbürgermeister Thomas Feser die Stunde, als er den für die Stadtratssitzung am Dienstag, 18. Dezember, auf Hochglanz gebürsteten Doppelhaushalt 2019/2020 auf der Burg Klopp vorstellte, um sein politisches Credo vernehmlich kundzutun.
Dabei hat sich das Werben um eine Mehrheit für den Etat erübrigt. Nach dem Scheitern der schwarz-grünen Koalition hing auch das Zahlenwerk zunächst in der Luft. Inzwischen aber ist die alte Formation aus CDU, FDP und FWG wieder zum Leben erwacht, sodass eine Mehrheit in der Stadtratssitzung für den Etat als ziemlich sicher gilt.
„Investitionen ausschließlich in die Infrastruktur“
Aber nach der ersten Hürde ist die zweite bereits in Sicht: nämlich die Kommunalwahl im Mai 2019. Der Haushalt mit den etatisierten Projekten wird den Wahlkampf inhaltlich weitestgehend bestimmen. Und genau vor diesem Hintergrund sprach der Oberbürgermeister auch erkennbar zu der versammelten Presse.
DOPPELHAUSHALT 2019/2020
Der Doppelhaushalt weist für 2019 im Ergebnishaushalt Erträge von rund 67 Millionen Euro aus. Demgegenüber stehen Aufwendungen von rund 69 Millionen Euro. In 2020 sind im Ergebnishaushalt an Erträgen 68,3 Millionen Euro etatisiert, an Aufwendungen 68 Millionen Euro.
Bei Steueraufkommen plant die Kämmerei mit 25 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen in beiden Jahren und unter anderem in 2019 (2020 in Klammern) Einkommensteuer 12,5 Millionen Euro (13,1 Millionen Euro), Grundsteuer B 4,4 Millionen Euro (4,4 Millionen Euro), Umsatzsteuer 3 Millionen Euro (3,1 Millionen Euro).
Als Verpflichtungsermächtigung sieht der Haushalt eine Kreditaufnahme in 2019 von 9 und in 2020 von 5 Millionen Euro vor. Gegenwärtig beträgt der Schuldenstadt 44 Millionen Euro. Er könnte bis auf 53 Millionen Euro steigen.
Einige, ausgewählte Investitionsprojekte (Kosten in Klammern): Neubau Kita in Büdesheim (1,6 Millionen Euro); Familienzentrum Bingerbrück (6,6 Millionen Euro); Erweiterung Kita Pusteblume (680 000 Euro, städt. Anteil 260 000); Alte Schule Dietersheim (200 000 Euro); Toiletten Grundschule Gaulsheim (40 000 Euro); Erweiterung Feuerwehr Kempten (180 000 Euro); Inklusionsschule Büdesheim (2,9 Millionen Euro); Stadtbibliothek (3 Millionen Euro); Stadtteilzentrum Bingerbrück 2,2 Millionen Euro); Untere Grube 15-17 (1,3 Millionen Euro)
„Es ist ein riesengroßes Paket an Investitionen; vor allem im infrastrukturellen Bereich“, führte Feser ein. Vermutlich werde die Verwaltung auch gar nicht alles verausgaben können, weil das Programm sehr straff gestrickt sei. Die bereits angekündigte Ablehnung des Haushaltes durch die SPD-Fraktion sei ihm „unverständlich“. Die Stadt investiere ausschließlich in die Infrastruktur und damit für die Bürger. Bingen müsse keine Kassenkredite aufnehmen, und die Kredite, die anstünden, seien „positive Schulden“, dienten rein der Schaffung von Werten, von denen alle profitierten.
Und schon kommt die Sprache auf die verkehrliche Anbindung des Rhein-Nahe-Ecks, nicht nur investiv mit 25,9 Millionen Euro – von denen Bingen voraussichtlich 6,4 Millionen Euro zu tragen hat – der dickste Brocken. Es ist auch ein politisches Schwergewicht, das eben im Kommunalwahlkampf kräftig aufschlagen wird; denn das Projekt ist umstritten. Feser spricht von einer städtebaulichen Maßnahme, die weit mehr als nur die Anbindung der Rheinanlagen an die Innenstadt mit sich bringe. Die Situation dort sei inzwischen eine völlig andere, als noch in den 70er Jahren. „Aber gerade deshalb ist jetzt die Anbindung umso wichtiger.“ Wegen der Gartenstadt, wegen des projektierten zweiten Hotels, wegen der Sicherheit. Mit diesen Bauarbeiten werde eine Aufwertung des gesamten westlichen Stadtgefüges einhergehen. Kritiker verglichen da Äpfel mit Birnen. „Das bringt doch die Stadt nach vorn, und Bingen gewinnt über 18 Millionen Euro an Zuschüssen; wir wären bekloppt, wenn wir das nicht machen würden“, wirft der Oberbürgermeister den Skeptikern – unter anderem die SPD – den Fehdehandschuh hin. Zugleich werde selbstverständlich die Verwaltung darauf achten, dass während der vierjährigen Bauzeit die Stadt nicht abgehängt werde.
Dann folgen weitere Großprojekte, stets verbunden mit dem Seitenhieb, dass sich die SPD mit ihrer Haushaltsablehnung der Verantwortung für die Stadt entziehe. Das Programm „Aktive Stadtzentren“ für die Innenstadt zähle dazu, die „Soziale Stadt“ mit dem Bau eines Familienzentrums in Bingerbrück, die neue Stadtbibliothek an der Basilikastraße. „Wir sparen durch den Neubau und dem Umbau des Schwarzen Hauses zum Bürgerbüro künftig allein 40 000 Euro an Miete. Das Projekt mit rund 3,6 Millionen Euro wird zu 80 Prozent bezuschusst. Es wird ein ausgewiesen exponierter Platz entstehen. Das belebt die Innenstadt“, unterstreicht Feser.
Auch beim Thema Wohnraumschaffung verweist der Oberbürgermeister auf Positionen im Haushalt. „Eine Wohnungsbaugesellschaft bringt uns nichts. Wir haben genug Leute in der Verwaltung und müssen es eben nur umsetzen.“ Zum Beispiel die Sanierung Untere Grube 15-17 für 1,3 Millionen Euro, die Sanierung an der Georgestraße 31 für 200 000 Euro oder die Sanierung an der Nostadtstraße für 800 000 Euro. Projekte, die alle im Doppelhaushalt auftauchen.
Für den Oberbürgermeister aber auch ganz wesentlich bei der Diskussion um Wohnraum ist eine Novelle des Baugesetzbuches. Die Standards müssten gesenkt werden. Ansonsten seien Wohnungen nicht mehr unter 9 Euro pro Quadratmeter anzubieten.