BINGEN - Das gewiss mit größter Emotion gehandelte Thema im zurückliegenden Jahr war die Schließung der Geburtshilfe am Heilig-Geist-Hospital (HGH). Für manche überraschend erfolgte die Ankündigung durch die Krankenhausgeschäftsführung Anfang Juli. Bereits Ende August endete dann die Ära von Dr. Martin Queck, der in 24 Jahren als Belegarzt mehr als 6000 Bingerinnen und Bingern auf die Welt geholfen hatte. Er selbst sprach davon, dass seine Arbeit in dieser Form nicht mehr machbar sei. Aber auch bei den Insidern war schon lange bekannt, dass mit Quecks Abgang die Station wohl kaum weiter zu halten sein werde. Queck und die Geschäftsleitung beteuerten unisono, seit mehreren Jahren bereits um eine Nachfolgelösung bemüht gewesen zu sein. Allein für jüngere Kollegen ist lediglich die Gynäkologie attraktiv, nicht aber die Geburtshilfe durch viele zusätzlich belastende Faktoren.
Andererseits wurde von der Krankenhausleitung vorgerechnet, dass mit den beachtlichen 350 Geburten pro Jahr die Station dennoch nur als Belegstation geführt werden könne. Für eine eigene Krankenhausabteilung mit dann allein 5,8 Arztstellen, die einen 24-Stunden-Betrieb gewährleisteten, seien 900 bis 1000 Geburten erforderlich.
So einfach war die Rechnung aber für das betroffene Hebammenteam 37o und wenig später auch für die protestierenden Eltern und Freunde der Geburtshilfe nicht. Die Hebammen machten geltend, ihr Konzept sei für das Haus tragfähig. Eine Vollabteilung in Bingen erachteten sie für machbar. Auch der Stiftungsrat des Krankenhauses schaltete sich ein. „Ich erachte es schon als wichtig, diese Entscheidung noch einmal zu überprüfen“, sagte damals Oberbürgermeister und Stiftungsratsvorsitzender Thomas Feser. Hoffnungen ruhten zu diesem Zeitpunkt, Ende Juli, noch immer auf der Möglichkeit, vielleicht doch ein Belegarztmodell installieren oder die Finanzierung einer Vollabteilung stemmen zu können. Die Binger Stadtratsfraktionen forderten ebenfalls den Erhalt der Station.
Das gemeinsame Ergebnis nach einem Gespräch mit der Geschäftsleitung war ernüchternd. Es bestünden kaum Chancen auf eine Fortführung der Station. Nun blieb nur noch die Hoffnung auf ein Wunder.
Aber ein Wunder wollte sich nicht einstellen. Im August demonstrierten rund 300 Menschen vor der Klinik für den Erhalt der Geburtshilfe. An Wäscheleinen reihten sich Babyfotos auf, 2000 Unterstützungsunterschriften wurden gesammelt. Später sollten es 2880 sein, die dann dem Oberbürgermeister Anfang September übergeben wurden.
Shirts mit dem Bekenntnis „Geboren in Bingen“
Shirts mit dem Aufdruck „Geboren in Bingen“ sollten dokumentieren, was für jeden einzelnen verloren geht. Doch auch bei dieser Veranstaltung konnte die Krankenhausleitung keine Hoffnung machen.
RÜCKSCHAU
In einer kleinen Serie blicken wir zurück auf das vergangene Jahr und fassen Ereignisse und Debatten zusammen, die noch ins neue Jahr hineinwirken.
Das letzte in Bingen im HGH geborene Baby kam am 24. August auf die Welt. Schwangere müssen in Zukunft für Geburten nach Bad Kreuznach oder Mainz ausweichen.
Etwas versöhnlich klang das Jahr unterdessen mit der Verleihung des Stadtsiegels in Silber an Dr. Martin Queck für seine großen Verdienste um die jüngsten Binger und deren Mütter aus.