Erst sind es Farbige, dann die „Zigeuner“. Exotische Gruppen sind nicht nurz zu Kaiser-Zeiten die Attraktion auf dem Kreuznacher Jahrmarkt.
BAD KREUZNACH. Zu Kaisers Zeiten gehörte sie zum Inventar jedes Kreuznacher Jahrmarkts: die „Negertruppe“. Blieb sie einmal aus, wie im Jubiläumsjahr 1910, dann war das schon eine Lokalnotiz wert: „Die berühmten Jahrmarkts-Wilden, die nur soweit wild sind, als die Polizeiverordnung erlaubt, fehlten.“ Niemand aber hätte Eintritt bezahlt, um Sinti und Roma anzustaunen! Denn die bekam man im Alltag immer mal wieder zu sehen.
Fast lyrisch die Schilderung im „Kreuznacher Tageblatt“ vom 7. August 1888: „Die Männer, hoch und schlank gewachsene, schöne und stattliche Erscheinungen, erinnern an bronzene Meisterwerke der Plastik des Altertums. So wie sie, mit lang gewimperten, schwarzen, glühenden Augen, deren Ausdruck in stetem Wechsel zwischen Wildheit und Unterwürfigkeit schwankt, mit hoher, schön gebildeter, von starkem, dunklem Haar umrahmter Stirn, mit der wohlgeformten Adlernase und tiefgebräunter Gesichtsfarbe, so mögen die alttestamentlichen Juden ausgesehen haben. Auf dem gestrigen Pferdemarkt erregten die fremden Gäste Aufsehen; sie trieben dort mit der ihnen eigenen List und Verschlagenheit Handel.“
Als in den 1920er Jahren die Senegalesen der französischen Besatzungsmacht das Kreuznacher Straßenbild belebten, taugten Afrikaner nicht länger zur Jahrmarktsattraktion. Stattdessen erschien auf der Pfingstwiese eine „Zigeunerbande“. Allerdings nicht mehr in jener ursprünglichen Form, die das „Tageblatt“ dort am 22. Juli 1879 angetroffen hatte. „Während die Frauen in den Zelten das Abendbrod, bestehend in gebratenem Fleisch, bereiteten, erbettelten die halbnackten Kinder Geld, Cigarren, Tabak u.s.w. Die Männer sorgten für den Brand, indem sie ihren alten, schadhaften Wagen zerschlugen und seine Holztheile auf’s Feuer warfen. Im Allgemeinen ging es ruhig zu bis auf einen kleinen ehelichen Disput, bei dem einer der Zigeuner seinem Weibe ein paar Fußtritte verabfolgte und dann im Zorne sein Oberhemd vom Leibe und in Fetzen riß.“ Nein, 1930 war es ein „Zigeuner-Zirkus“, der auf dem Jahrmarkt für „besondere Romantik“ sorgte. „Was geboten wurde, war recht nett. Nur an ‚Sauberkeit‘ ließ der Zirkus viel zu wünschen übrig. Es ist doch entsetzlich“, schloß der „General-Anzeiger“ vom 21. August, „unter welchen Umständen diese Jahrmarktsbezieher mit ihren zahlreichen Familien leben“.