Clara Schumann-Briefe im Altpapier in Stromberg entdeckt
In Stromberg hat eine Museumsleiterin zwei unbekannte Schreiben der berühmten Pianistin Clara Schumann im Altpapier gefunden.
Von Wolfgang Bartels
Das Bündel Altpapier aus Stromberg, das die beiden originalen Briefe der Komponistin Clara Schumann ans Tageslicht brachte.
(Foto: Wolfgang Bartels)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
STROMBERG - Das Bündel Altpapier am Straßenrand sah ziemlich alt aus, viele vergilbte Seiten, uralte Notenblätter, Zeichnungen. Als Marianne Wilbert, Leiterin des Heimatmuseums im 3.200 Einwohner zählenden Hunsrück-Ort Stromberg daran vorbeilief, stutzte sie und wurde neugierig.
Doch das Bündel Abfall einfach mitzunehmen, das traute sich die 63-Jährige nicht. Sie klingelte am nächsten Haus, um nach einer Erlaubnis dafür zu fragen. Die Antwort: „Das ist kein Problem. Aber wir haben noch mehr.“ Die Dame sprach es, verschwand im Haus und kam mit zwei handschriftlich geschriebenen Briefen auf ganz dünnem Papier zurück.
Clara Schumanns Unterschrift gut zu erkennen
Die Unterschrift war gut zu entziffern: Clara Schumann – jene Frau, die einst den Hundert-Mark-Schein zierte, und deren 200. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen feiert. Die Komponistin und Pianistin war eine der berühmtesten Frauen Deutschlands im 19. Jahrhundert, sie war mit Robert Schumann verheiratet, über eine Affäre mit Johannes Brahms wird bis heute spekuliert. 1819 wurde sie als Clara Wieck in Leipzig geboren. Sie galt als musikalisches Wunderkind, ihr Mann sah es nicht gerne, dass sie Konzerte gab. Clara Schumann verstarb 1896 in Frankfurt, wo sie zuletzt auch als Klavierlehrerin tätig war. Auf dem Alten Friedhof in Bonn wurde sie neben ihrem Gatten beigesetzt.
Jubiläum und Museum
- Besonders Leipzig, Geburtsort von Clara Schumann, feiert die Komponistin im Jubiläumsjahr. Einen Überblick gibt es unter clara19.leipzig.de
- Das Heimatmuseum Stromberg, wo die zwei Clara-Schumann-Briefe jetzt ausgestellt werden sollen, hat an den Sonntagen 10. März und 14. April von 14.30 bis 16.Uhr geöffnet.
Den einen der beiden Briefe, den Marianne Wilbert jetzt zu Beginn des Schumann-Jubiläumsjahrs aus dem Altpapier rettete, schrieb Clara Schumann am 4. Mai 1883, den anderen am 26. Dezember 1887. In beiden Briefen geht es um das Klavierspiel einer jungen Dame, die von der Meisterin unterrichtet wurde. Im ersten Brief schreibt die Pianistin an den Vater: „Euer Wohlgeboren wird es freuen zu hören, dass Ihre Tochter recht nett gespielt hat.“ Im zweiten Brief bittet Clara Schumann den Vater, die Prüfung der Tochter bis nach den Weihnachtsfeiertagen zu verschieben: „Ich bin dieser Tage so beschäftigt, dass ich Sie bitte, nach den Feiertagen zu kommen.“ Doch wie kommen zwei der vielen Briefe, die die berühmte Komponistin zeitlebens geschrieben hat, ausgerechnet in den rheinland-pfälzischen Luftkurort Stromberg, und landen dann auch noch beinahe im Altpapier?
Tochter nahm vermutlich Unterricht in Frankfurt
Wilbert hat eine einfache Erklärung: In jenem Haus, vor dem sie das Altpapierbündel fand, wohnte einst die reiche ortsansässige Unternehmerfamilie Mecking. Sie konnte es sich offenbar leisten, ihre Tochter zum Klavierunterricht bei Clara Schumann in das gut 80 Kilometer entfernte Frankfurt zu schicken. Dass die Familie viel mit Musik zu tun hatte, belegen die zahlreichen vergilbten Notenblätter aus dem Altpapierbündel. Zudem fand Marianne Wilbert zwischen den Noten auch noch einige Bleistiftskizzen und Aquarelle. Die Skizzen stellen eine junge Frau beim Klavierspiel dar, möglicherweise die begabte Tochter aus dem Hause Mecking. Die Aquarelle zeigen verschiedene Gebäude, deren reale Vorbilder die Museumschefin noch sucht.
Eins steht für sie auf jeden Fall fest: Die Originalbriefe von Clara Schumann werden im Stromberger Heimatmuseum einen Ehrenplatz bekommen, sollen so der Nachwelt erhalten bleiben und künftig für alle Besucher zu besichtigen sein. Doch auch der Stapel mit den Papieren geht Wilbert nicht aus dem Kopf – was, wenn sich noch mehr Schätze in dem kleinen Ort verbergen? Sie bittet alle Stromberger, wenn sie beim Aufräumen alte Sachen finden, diese nicht einfach wegzuwerfen, sondern zuvor das Heimatmuseum zu benachrichtigen: „Wenn die Sachen erst einmal auf dem Müll liegen, dann sind sie weg – für immer.“