„Ein einzigartiges Industriedenkmal“ bei Spabrücken
In Spabrücken hat sich der Verein „Hochofenfreunde Gräfenbacher Hütte“ gegründet. Er will die verfallenen Reste des letzten freistehenden Hochofens in Westdeutschland retten.
Von Wolfgang Bartels
Die Reste der Gichtbrücke und des Hochofens erinnern an die „Eisenzeit“ im Gräfenbachtal, die 1873 zu Ende ging. Die „Hochofenfreunde Gräfenbacher Hütte“ wollen diese Reste als wichtiges Stück der Industriegeschichte unbedingt erhalten.
(Foto: Wolfgang Bartels)
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SPABRÜCKEN - „Ich bin überrascht, wie groß der Zuspruch ist.“ Ortsbürgermeister Johannes Thilmann hätte nie damit gerechnet, dass ein alter Hochofen so viele Leute hinter dem Ofen hervor und in die Soonwaldhalle lockt, um einen Verein zu gründen. Es geht um die baulichen Überreste der Gräfenbacher Hütte unten im engen Tal des Gräfenbachs. Das brüchige Gemäuer ist der einzige verbliebene freistehende Hochofen in Westdeutschland, ein „einzigartiges Industriedenkmal“, wie Fritz Schellack vom Hunsrück-Museum in Simmern betonte. Dringend sei es notwendig, die Reste des Hochofens und des Hüttenbetriebes zu sichern und zu erhalten. Dieser Aufgabe will sich nun der neu gegründete Verein „Hochofenfreunde Gräfenbacher Hütte“ widmen. 36 Gründungsmitglieder brachten den Verein auf den Weg.
Von 1712 bis 1873 wurde hier Eisen gewonnen
Die Gräfenbacher Hütte erinnert an eine Zeit, als der Hunsrück eine Bergbau- und Industrielandschaft war. Zwischen Züsch bei Hermeskeil und Rheinböllen glühten die Hochöfen und schlugen die Hämmer. In den Hütten wurde das vor Ort gefundene, meist wenig gehaltvolle Eisenerz verarbeitet und das Eisen unter Einsatz von Holzkohle aus den umliegenden Wäldern herausgeschmolzen und dann geschmiedet oder gegossen. Die Gräfenbacher Hütte wurde 1712 gegründet und arbeitete bis 1873. Der Hochofen, um den es dem Verein geht, wurde 1840 in Betrieb genommen. Es wurden vor allem gusseiserne Ofenplatten, komplette Öfen, Töpfe, Gartengeräte und andere Eisengusswaren produziert.
Im Gräfenbachtal erinnern heute noch einige Gebäude wie das Magazin, das Arbeiterhäuschen und das Herrenhaus an die Eisenzeit. Sie alle befinden sich in Privatbesitz, doch die Eigentümer sind für die Ideen der Hochofenfreunde aufgeschlossen, wie Susanne Greiff, eine der Initiatorinnen versichert. Der technisch spannendste Teil ist der Rest des alten Hochofens mit der Gichtbrücke. Diese Brücke diente einst dazu, Erz, Holzkohle und Kalk von oben in den Hochofen zu befördern. Neben dem Hochofenstumpf sind die Bögen der Gichtbrücke die beeindruckendsten Zeugnisse der alten Hütte.
WAS IST EIN HOCHOFEN?
Im Hochofen wird Eisenerz in Eisenmetall umgewandelt. Durch die obere Öffnung wurde der Ofen mit einem Gemisch aus Erz, Holzkohle und Kalkstein beschickt. Von unten trieben Gebläse Luft in den Schacht, um die Hitze anzufachen. Als Ergebnis fließt das glühende Roheisen aus dem Ofen, das weiterverarbeitet wird. Übrig bleibt die Schlacke, in der zusammen mit dem Kalk die unerwünschten Bestandteile des Erzes gebunden sind.
Susanne Greiff machte den Gründungsmitgliedern klar, dass es nicht darum gehe, die Anlagen zu rekonstruieren und wieder einen rauchenden Hochofen an den Gräfenbach zu stellen. Vielmehr sei es wichtig, das, was noch vorhanden ist, zu sanieren und vor weiterem Verfall zu schützen. Eine erste Aufgabe des neuen Vereins sei es, gemeinsam mit dem Denkmalschutz unter Einbeziehung der privaten Besitzer das Gelände zu begehen und die erforderlichen Maßnahmen festzulegen. Dazu Susanne Greiff: „Wir werden da nichts auf eigene Faust machen. Wenn schon, dann professionell und mit allen Beteiligten abgesprochen.“
Heinz-Martin Schwerbel, Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Rüdesheim, begrüßte die Gründung des Vereins: „Das ist ein großes Ereignis für Spabrücken. Erinnert es doch auch an die harten Arbeitsbedingungen, mit der die Menschen vor zweihundert Jahren ihren Lebensunterhalt fristen mussten.“ Schwerbel kündigte an, dass auch die Verbandsgemeinde dem Verein beitreten werde, ebenso wie die Ortsgemeinden Spabrücken, Winterbach und Münchweiler. Zudem, so Schwerbel, werde die VG auch die eine oder andere finanzielle Unterstützung geben können.
Die Gründungsmitglieder verabschiedeten die Vereinssatzung. In das Vorstands-team wurden gewählt: Jan Beithan (Gräfenbacher Hütte), Susanne Greiff (Winterburg), Florian Ströbele (Mainz-Gonsenheim) und Chris Weih (Gräfenbacher Hütte).