Musik ist wichtig im Gottesdienst. Aber was, wenn kein Instrument da ist? Dann gibt’s alle Kirchenlieder auf CD. Die Idee hatte der Roxheimer Peter Trollhan.
Von Wolfgang Bartels
Peter Trollhan (li.), Theologe aus Roxheim, hat das komplette evangelische Gesangbuch auf der Orgel einspielen lassen.
(Foto: Wolfgang Bartels)
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ROXHEIM - Was für eine traurige Trauerfeier sollte das wohl werden? Peter Trollhan (61) erinnert sich noch gut an seine Zeit als Vikar 1988 im Saarland. Eine Beerdigung sollte stattfinden, doch auf dem Friedhof gab es nur eine zugige Kapelle, in der ein kaputtes Harmonium stand. Retten konnte der junge Vikar damals nichts mehr, aber das Erlebnis blieb haften: „Die Beerdigung war emotional fürchterlich. Das ging eigentlich gar nicht.“ Seit dieser traurigen Erfahrung auf dem Sulzbacher Friedhof sind nun Jahrzehnte vergangen, aber der Vorfall hat Peter Trollhan keine Ruhe mehr gelassen. Die Lösung des praktisch denkenden Theologen: Er hat das komplette Evangelische Gesangbuch auf einer Orgel in höchster Qualität einspielen lassen und die Lieder auf 100 CDs gepresst. Dazu sagt er nur: „Es ist ein Riesenprojekt geworden. Das hätte ich anfangs nie gedacht.“
Immer wieder hat Trollhan in all den Jahren darüber gegrübelt, wie man kirchliche Musik auch an eigentlich „unmusikalischen“ Orten erklingen lassen kann, und zwar nicht aus einem quäkenden CD-Player, sondern in bester Qualität. Richtig ernst konnte es damit allerdings erst werden, als die Computertechnik so weit war, dass sie die Bearbeitung hochwertiger Tondateien erlaubte: „Als diese Geräte auf dem Markt waren, habe ich angefangen.“ Trollhan, der studierte Theologe, wurde zum Computerfreak, der sich nun unermüdlich mit Playlists und Trackfolgen befasst: „Wenn Sie da bei Tausenden Dateien den Überblick verlieren, dann gibt es das orgelnde Chaos“, sagt er und lacht. Da er die Lieder des Evangelischen Gesangbuchs auch noch in unterschiedlichen Tempi anbietet, sind insgesamt fast 20 000 Tracks zusammengekommen. Zufrieden ist Trollhan damit noch nicht: Jetzt steht das katholische Gesangbuch „Gotteslob“ mit allen Regionalausgaben zur Einspielung an. Das sind fast doppelt so viele Lieder wie beim Evangelischen Gesangbuch.
„Ohne Orgel, das ist schade, klingt die Kirche oft sehr fade.“ Das ist das Motto des aus Wuppertal stammenden und heute in Roxheim lebenden Peter Trollhan. Sein Lieblingsort ist das Orgel-Art-Museum, denn dort steht die mächtige Konzertorgel, die Wolfgang Oberlinger im Jahre 2001 gebaut hat. Am Spieltisch sitzt Heinz-Gunther Ackva (57), Organist und Musikdirektor aus Waldlaubersheim. Trollhan schaut ihm über die Schulter, wie er nacheinander die verschiedenen Register zieht und den Klang ausprobiert. Fast automatisch beginnt Trollhan mitzusingen. „Die entscheidende Frage ist: Wie bringt man ein Stück zum Klingen?“, erläutert der Organist. Seit Monaten hat er die Stücke aus dem „Gotteslob“ immer wieder geprobt. Ackva erinnert sich noch, wie alles anfing: „Peter Trollhan kam zu mir und fragte: ,Hast du die nächsten drei, vier Jahre noch was vor?‘ Dann erläuterte er sein Projekt – und ich sagte nur: Ich ahne, das wird viel, viel Arbeit.“
Jetzt sind die beiden so weit, dass sie in den nächsten Tagen die Mikrofone im Orgel-Art-Museum aufbauen können und mit Hilfe eines Tontechnikers das komplette „Gotteslob“ auf einen Datenträger einspielen. Sechs Tage brauchen sie dafür, meint Trollhan. Dann kommen technische Bearbeitung und das Brennen der CDs und DVDs. Ab Mitte März soll das komplette „Gotteslob“ auf Orgel vorliegen. Trollhan erinnert sich noch an das Evangelische Gesangbuch: „Damals hatte ich noch kaum eine Ahnung von der ganzen Technik. Aber wir haben die Aufnahmen in einem Parforce-Ritt von zwei Wochen durchgezogen. Anschließend konnte vorerst keiner mehr Orgel hören.“ Damals spielte Thorsten Mäder aus Roxheim das königliche Instrument.
Was aber bewegte den Theologen Trollhan, eine solche Energie in ein musikalisches Projekt zu stecken? Er antwortet: „Ich selber kann keine Orgel spielen, aber der musikalische Rahmen ist wichtig, um bei einer Taufe oder einer Hochzeit oder einer Beerdigung die Emotionen anzusprechen.“ So gestaltet er Trauerfeiern im Ruheforst von Waldalgesheim unter freiem Himmel oder Hochzeiten in der Kapelle von Burg Reichenstein, unterstützt von eindrucksvollen Orgelstücken aus seinem reichen Repertoire. Es geht ihm nicht darum, mit seinen Orgelklängen auf CD den leibhaftigen Orgelspielern das Wasser abzugraben: „Wo es eine wohlklingende Orgel und auch einen Organisten gibt, soll natürlich weiter live gespielt werden.“ Seine CDs seien nur ein Behelf, für Fälle, die aber leider öfter vorkämen: „Nur, wenn Not am Mann ist und es keine Orgel oder keinen Organisten gibt, dann sollte eine CD mithilfe eines guten Klangsystems eingesetzt werden. Die Gemeinde soll nachher sagen: Es war ein schöner Gottesdienst.“