Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung in Boos möglich
In Boos fand die letzte von 32 Begehungen zum Hochwasserschutzkonzept in der VG Rüdesheim statt. Auch hier zeigte sich: Kleine Veränderungen können viel bewirken.
Von Simone Mager
Einen Abgleich zwischen Karte und Wirklichkeit in Boos unternahmen die Teilnehmer beim Rundgang zum Hochwasserschutzkonzept. An zwei Punkten gab es konkrete Verbesserungsvorschläge.
(Foto: Simone Mager)
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BOOS - Ende der 80er hat es den kleinen Ort an der Nahe einmal ordentlich erwischt, erzählte Bürgermeister Karl-Heinz Klein. Nach einem Starkregenereignis rutschte ein Weinberg ab. Schlamm und Geröll durchzogen die Ortslage. In den 90er Jahren, 1993 und 1995, trat die Nahe bis in den Ort über die Ufer. Einige Häuser bauten daraufhin Mauern um ihre Grundstücke. Doch nicht alle Gebäude im Ort lassen sich im Fall der Fälle schützen, wenn zum Beispiel durch Starkregen die Kanalisation die Regenmassen nicht mehr auffangen kann. Das zeigte der Rundgang mit den Hochwasserschutzexperten. Die Ortsbegehung in Boos war die letzte im Rahmen der Erstellung eines Hochwasserschutzkonzeptes durch die Verbandsgemeinde Rüdesheim.
Seit einem Jahr haben die Fachingenieure Heinrich Webler sowie Fredy und Christian Barth gemeinsam mit Anwohnern, Vertretern der Ortsgemeinderäte wie der Verbandsgemeindeverwaltung die einzelnen Gemeinden der VG Rüdesheim aufgesucht, kritische Punkte in Augenschein genommen und Ideen für einen verbesserten Hochwasserschutz entwickelt (die AZ berichtete). Roland Bicking von der Bauabteilung der Verbandsgemeinde hat an allen 32 Begehungen teilgenommen, die beginnend in Winterbach entlang der Flusstäler auf der Karte nach unten und über Waldböckelheim in den Dörfern an der Nahe erfolgten. Sein Erkenntnisgewinn: „Es gibt wenig Bewusstsein für die Gefahr von Starkregenereignissen. Viele Eigentümer wissen nicht, dass es zuerst einmal ihre Aufgabe ist, vorzusorgen. Hochwasserschutz ist Eigenvorsorge“, betonte Bicking. Boos habe Glück, dass die Ortslage nicht als Hochwasserschutzgebiet eingestuft sei, meinte Webler. Deshalb sei es einfacher, bei Bedarf bauliche Veränderungen vorzunehmen.
Die Ortsbegehung in Boos folgte den Karten des Landes, die die neuralgischen Punkte des Wasserabflusses aus Höhenlagen markieren. Vorbei am Sportplatz ging es entlang der Umgehungsstraße in einen Problembereich. Die Ingenieure liefen einen zur Straße hin abfallenden Feldweg hinauf und entdeckten dort Verbesserungspotenzial. Webler erklärte anhand der Karte: „Hier an dieser Stelle werden wir vorschlagen, einen Abschlag einzubauen und den Weg so zu profilieren, dass das Wasser in die Retentionsfläche neben dem Sportplatz abgeleitet wird und nicht in die Ortslage fließen kann. Da wäre es dann genau dort, wo es hingehört. Eigentlich eine Kleinigkeit mit großer Wirkung“, bilanziert der Ingenieur.
Weiter ging es mit dem Abgleich zwischen Karte und Wirklichkeit am Ortseingang. Die Fachleute mussten ein wenig suchen, bis sie sich die rote Markierung von drohendem Fließwasser in der Karte anhand der Topografie vor Ort erklären konnten und wurden fündig. Von den Hügeln im Südwesten könnte Starkregen in die Ortslage abfließen. Die Straße in Richtung Rathaus sei als Notfallabfluss ausgebaut. Hier drohe nur an solchen Stellen ein Problem bei Starkregen, wo die Häuserabflüsse tiefer als die Straße liegen. Unter den Teilnehmern der Begehung entstand eine Debatte über die Elementarschädenversicherung und die Politik. „Die Versicherungen nehmen keinen mehr auf“, kritisierte ein Teilnehmer. Aus Herrstein höre man, dass bei vom jüngsten Starkregen Betroffenen noch keine finanzielle Hilfe vom Land angekommen sei, obwohl es Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) versprochen habe. Die Beantragung von Finanzmitteln und die Prüfung der Bedürftigkeit, das könne schon mal länger dauern, besänftigt Bicking. „Das ist ja alles nicht so schlimm, aber dann sollte man vorher nicht so dumme Sprüche machen“, forderte der ältere Booser Bürger.
Weiter ging es in den Ortskern. Dort entdeckten die Ingenieure wieder Handlungsbedarf. An drei Häusern in einer Straße droht ein Wasserschaden, sollte ein Rückhaltebecken im Ort voll sein. „Man muss hier auf jeden Fall was machen. Alle drei Häuser hängen am Bach und der ist öffentlich“, gibt Webler vor. Vielleicht über eine andere Straßenprofilierung, überlegte Ingenieur Christian Barth. Die Begehung endete schließlich mit der Begutachtung der Deichanlage an der Nahe.