Wolfgang Kochanowski, Vorsitzender der „IG Hunsrückbahn – so nicht“, vermisst nach wie vor das Konzept, das die Hunsrückbahn für Bürger attraktiv macht.
(Foto: Sonja Flick)
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WINDESHEIM - Kommt die Hunsrückbahn nun, kommt sie nicht? Die AZ hat bei Wolfgang Kochanowski, dem Vorsitzenden der „Interessengemeinschaft (IG) Hunsrückbahn – so nicht“, gefragt, wie der aktuelle Stand der Dinge ist.
Herr Kochanowski, wie ist der aktuelle Stand zur Reaktivierung der Hunsrückbahn?
Hier gibt es zurzeit keinen Fortschritt. Das Planfeststellungsverfahren scheint bei den Verfahrensträgern LBM und DB-Netz AG keine sehr hohe Priorität zu haben. Während des Erörterungstermins Ende 2015 in Simmern wurde von den Einsprechenden und der Interessengemeinschaft erreicht, dass die Planungsunterlagen für den Streckenabschnitt zwischen Langenlonsheim und Simmern nachgebessert werden müssen. Dies macht einen weiteren Erörterungstermin notwendig, denn sonst kann das Verfahren nicht abgeschlossen werden. Ein neuer Termin ist aktuell nicht bekannt, es gibt keine Rückmeldung, es geht nichts voran.
Zur Erinnerung: Warum soll die Hunsrückbahn überhaupt reaktiviert werden?
Primär soll die Reaktivierung dazu dienen, dem Flughafen Hahn eine Bahnanbindung zu geben, um Flugreisende vom Rhein-Main-Gebiet zum Hahn zu bringen. Danach richten sich auch die Planungsgrundlagen für das Planfeststellungsverfahren, nämlich Anzahl der Züge täglich, zwei Ausweichstrecken zwischen Langenlonsheim und dem Hahn sowie wenige Haltepunkte für Reisende aus der Region. Anhand dieser Randbedingungen sind die Gutachten des Planfeststellungsverfahrens ausgearbeitet worden, die nun schon seit vier Jahren auf Nachbesserung warten. Allerdings werden die Passagierzahlen des Flughafen Hahn immer geringer. Macht es dann Sinn, in Zukunft den Flughafen Hahn mit einer Bahnanbindung auszustatten, wo doch keiner mehr vom Hahn abfliegen will? Entsprechend wandelt sich bei Politikern und Verbänden die Sicht auf die Bestimmung der Hunsrückbahn. In Presseartikeln wurde aus der Bahn zum Hahn zunächst die Bürgerbahn, dann die Pendlerbahn und es wird die Reanimation der Gleise gefordert vom Verband Allianz pro Schiene. Die Infrastruktur der Region Hunsrück ist total auf den Individualverkehr mit dem Auto ausgerichtet. Die Reaktivierung wird immer unwirtschaftlich sein.
Von vielen Bürgern wird die Reaktivierung dennoch als zukunftsweisend gesehen. Wie sehen Sie das?
Aus Sicht der Interessengemeinschaft wird die reaktivierte Bahn sich niemals rentieren können. Es ist lange bekannt, dass man mit dem Bus schneller und billiger aus dem Rhein-Main-Gebiet zum Hahn kommt als mit der Bahn. Ich war früher auch Pendler. Letztendlich fehlten zwei Stunden am Tag. Das steckt man noch weg, aber nicht mehr. Ein paar Jahre ist das okay, aber das ganze Arbeitsleben geht das nicht. Weiterhin können die Hunsrücker auf das Auto selbst mit einer reaktivierten Hunsrückbahn wegen der gegebenen Infrastruktur nicht verzichten. Warum sollen sie dann mit der Bahn fahren, wenn das Auto schneller und billiger ist?
Was wäre das Wichtigste, das aus heutiger Sicht für eine Reaktivierung in Angriff genommen werden müsste?
Ein Konzept, um die Bahn für die Bürger attraktiv zu machen. Im Sinne von der Haustür zum Arbeitsplatz oder zum Arzt beziehungsweise zum Einkaufszentrum. Viele Großstädte haben Konzepte, doch bei uns ist die Bevölkerungsdichte geringer. Über ein Konzept hat keiner nachgedacht. Aber eine Reaktivierung ohne Konzept wäre ein Desaster. Es wäre auf keinen Fall mit den jetzigen Planungsgrundlagen einer reaktivierten Hunsrückbahn zu erreichen. Wesentlich höhere Investitionen wären erforderlich. Es bleibt deshalb zu befürchten, dass die reaktivierte Hunsrückbahn ein sehr, sehr teurer Misserfolg wird – eine Geldvernichtungsmaschine. Ein integriertes Konzept muss her und unsere Forderungen müssen erfüllt sein. Wir sind auch durchaus bereit, gemeinsam über Konzepte nachzudenken.