WARMSROTH/BAD KREUZNACH - „Sie haben die Oma ausgenommen wie eine Weihnachtsgans, bis nichts mehr übrig war.“ Der Vorwurf von Staatsanwalt Claus-Nils Leimbrock war hart. Angeklagt vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts war eine 37-jährige Frau aus der Verbandsgemeinde Stromberg. In 52 Fällen über sechs Jahre hinweg, so die Anklage, habe sie ihre eigene Großmutter gewerbsmäßig betrogen und insgesamt fast 45 000 Euro unterschlagen. Die Angeklagte hatte vor Jahren eine notariell beglaubigte Generalvollmacht erhalten, die sie nutzte, um an das Geld der Großmutter zu kommen. Es gelang ihr sogar, eine der beiden Renten direkt auf ihr eigenes Konto umzuleiten. Mit dem Geld kaufte die Frau Kleidung, Lebensmittel, Möbel, Benzin, Spielsachen, einen DVD-Player und eine Popcorn-Maschine. Dazu erklärte die Angeklagte, sie wisse nicht mehr, wie sie auf die Idee gekommen sei: „Eigentlich habe ich nicht viel darüber nachgedacht.“ Zudem habe sie völlig den Überblick über den Umfang des Schadens verloren.
Schöffen folgen Vorschlag der Verteidigung
Allerdings habe sie auch dafür gesorgt, dass die Oma in einem Stromberger Altenheim unterkam, damit sie sich um sie kümmern konnte. In ihren letzten Lebensjahren sei die Oma dann immer dementer geworden. Einem gesetzlich bestellten Betreuer waren die Unregelmäßigkeiten auf den Konten der alten Dame aufgefallen, der daraufhin das Gericht informierte. Jetzt musste Staatsanwalt Leimbrock feststellen, drei Monate, bevor die Oma im Februar 2017 verstorben ist, sei das Geld alle gewesen, die Heimkosten hätten gar nicht mehr getragen werden können.
Hochgerechnet auf 52 Fälle der gewerbsmäßigen Untreue müsse er eigentlich 15 Jahre Haft fordern, so Leimbrock weiter. Doch so weit wolle er gar nicht gehen. Der Staatsanwalt forderte zwei Jahre und sechs Monate Haft. Verteidigerin Daniela Rieder wies daraufhin, dass die Angeklagte sich um vier minderjährige Kinder kümmern müsse und fragte: „Kann man eine Mutter ins Gefängnis schicken?“ Die Angeklagte habe in den nächsten Jahren eine hohe finanzielle Belastung zu tragen, da sie den angerichteten Schaden ja zurückzahlen müsse. Die Verteidigerin plädierte auf zwei Jahre Haft, die gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden können.
Diesem Vorschlag folgte auch das Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektorin Brigitte Hill. Die Bewährungsfrist beträgt drei Jahre, die knapp 45 000 unterschlagenen Euro sind an die anderen Erben oder den Staat zurückzuzahlen. Richterin Hill begründete das milde Urteil mit dem Hinweis, die Angeklagte sei die einzige Angehörige gewesen, die sich tatsächlich liebevoll um die Großmutter gekümmert habe. Sie habe zwar dank der unterschlagenen Gelder „gelebt wie die Made im Speck“, es sei aber nicht ihre Absicht gewesen, die Oma zu schädigen.
Bei einem Urteil müsse das Gericht das Augenmaß wahren. Das Urteil von zwei Jahren Haft, ausgesetzt zur Bewährung, wurde sowohl von der Verteidigung wie auch der Staatsanwaltschaft angenommen. Es ist damit rechtskräftig.