„Wo sie war, da war Eden“

Die beiden verstehen meisterlich ihr Metier: Stefanie Kleidt und Wolfgang Wobéto. Foto: Claudia Römer Foto: Claudia Römer
BAD KREUZNACH - Wer hätte gedacht, dass der große amerikanische Schriftsteller Mark Twain, bekannt durch die Abenteuer der Freunde Tom Sawyer und Huckleberry Fin, auch „Tagebücher“ schreibt. „Tagebücher“, die sich mit den ersten Menschen überhaupt, Adam und Eva, beschäftigen? Herausgekommen sind humorvolle und kurzweilige Texte mit kleinen Geschlechter-Seitenhieben, gleichermaßen zum Schmunzeln wie zum Nachdenken, die die beiden Künstler Stefanie Kleidt und Wolfgang Wobéto bei ihrer Lesung großartig zu transportieren wussten.
Das Cauer-Haus mit seinem neu angelegten Garten bot das perfekte äußere Ambiente. Tracht, rotes Spitzenkleid und mit Blumenkranz verziertes Haar waren die äußeren Attribute eines herrlichen abendlichen Vergnügens. Entsprechend angetan waren die zahlreich erschienenen Gäste von einer Veranstaltung, wie man sie nicht alle Tage erlebt. Zu hören und zu erfahren, mit wie viel feinem Humor, Augenzwinkern und leichter Ironie Mark Twain die Begegnung zwischen Adam und Eva, ihre zögerliche Annäherung und allmählich wachsenden tiefen Gefühle füreinander skizziert, war ein Genuss.
Adam, ein wenig älter als „seine“ Eva, freute sich anfänglich gar nicht über dieses „neue Wesen mit den langen Haaren“, das das „Wir“ in die Welt brachte. Nein, es sollte bei den „Tieren“ bleiben und ihn in Ruhe lassen. Unaufhörlich rede es, erfinde Namen, etwa „Niagarafälle“ oder „Dodo“ und vergieße Wasser aus den Löchern, „mit denen es sieht“. Es ist neugierig auf die Welt in all ihren Erscheinungen, freundet sich mit den Tieren an, erkundet seinen „Partner“, ein „Reptil“, das „unten spitz zuläuft wie eine Möhre“, „blaue Augen“ und „ungepflegte Haare“ habe.
Mit Spannung verfolgt man diese musikalische Lesung, die voller Überraschungen daherkommt: Die Frau ist es, die agiert, experimentiert (sie selbst ist ein „Experiment“), forscht und testet, nicht der Mann. Nein, er scheint eher kontemplativ, doch treibt ihn die Langeweile des Sonntags zur Erholung in die Arbeit der Woche. Er schweigt und flüchtet vor den Problemen, auch vor denen mit der Schlange. Diese nämlich erzählte Eva von „Kastanien“… Das Paradies verlor sein Gleichgewicht, der „Tod“ war geboren, doch als Adam Eva in all ihrer bloßen Schönheit auf einem Hügel stehend sah, war es um ihn geschehen.
Die Frau hatte doch obsiegt, Evas Treue, ihre Liebe und Fürsorge und ihre weibliche Raffinesse waren stärker als jede Zurückweisung. Dass dann eines Tages ein seltsames „Ding“ da war, das von Adam als „Fisch“ bezeichnet wurde, später Kain genannt wurde, und eines Tages ein weiteres, Abel, überforderte ihn schier. Und als Eva starb, war Adam klar: „Wo sie war, dort war Eden.“
Stefanie Kleidt und Wolfgang Wobéto lebten ihre Rollen, sie gingen förmlich in ihnen auf, ihre Intonation und Mimik ließen die Lesung, untermalt durch musikalische Impressionen wie „Maybe I‘m foolish“ oder „She‘s on Fire“, zu etwas Unvergleichlichem werden.