Übers „Briggelche“ ging es einst zum Kreuznacher Jahrmarkt
Die Nachfahren des „Holzbrückenbesitzers“ Nikolaus Quack feiern seit 40 Jahren am ehemaligen Naheüberweg. Statt an der Kasse sitzt Margarete Kuss heute gemütlich im Gartenstuhl.
Von Heidi Sturm
Margarete und Johannes Kuss (vorne), Tochter und Schwiegersohn von Nikolaus Quack, sind auch heute keine Jahrmarktsgänger und grillen lieber dort, wo einst das Briggelche stand. Der Rückweg war da, wo jetzt der gelbe Tisch steht, auf die Pfingstwiese ging es rechts daneben.
(Foto: Sturm)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
BAD KREUZNACH - Vor 40 Jahren konnten die Jahrmarktsbesucher die Nahe erstmals auf der Betonbrücke überqueren statt wie bisher über „es Quacke Briggelche“ aus Holz, das seit dem ersten Jahrmarkt nach dem Krieg drei Jahrzehnte lang eine beliebte Verbindung zum Festgelände war. „Ich war heilfroh, dass die Holzbrücke nicht mehr aufgebaut wurde“, sagt Margarete Kuss, die Tochter von „Brückenbesitzer“ Nikolaus Quack. Der Wagner und vielseitig begabte Handwerker hatte diese 72 Meter lange Holzbrücke eigenhändig konstruiert, die von seinem Grundstück am Ende der Schlachthofstraße auf das Grundstück der Familie Brenner auf der Pfingstwiese führte.
Die Einzelteile waren durchnummeriert und mussten beim Aufbau exakt in der vorgegebenen Reihenfolge postiert werden. Acht bis zehn Tage dauerte der Aufbau, die Arbeiter mussten dabei oft stundenlang im Wasser werkeln. „Mein Vater war da immer ganz pingelig, wenn einmal ein Millimeter nicht stimmte“, erinnert sich seine Tochter, die mit diesem legendären „Briggelche“ viel Knochenarbeit für die ganze Familie verbindet. Schon mit neun Jahren musste sie für das Kassieren der anfangs 10 Pfennig Brückengeld im Kassenhäuschen sitzen – eine bis heute prägende Erinnerung.
Der Andrang war so groß, dass in den Sechzigern noch eine zweite Brücke gebaut wurde, sodass man die Menschenströme für Hin- und Rückweg trennen konnte. Auch ihr Ehemann Johannes wurde eingespannt: Er half stets beim Aufbau. Im Gegensatz zu seiner Frau hat er bedauert, dass die Betonbrücke als ganzjährige Naheüberquerung für die Schulkinder gebaut wurde. Er gibt allerdings zu, dass es auf Dauer mit den Reparaturen schwierig geworden wäre.
Den nur eine Brückenlänge entfernten Jahrmarkt konnte man nie besuchen, weil stets viel Arbeit angesagt war. Einziger Kontakt zum Festgelände waren die am anderen Brückenende stehenden Weikerts oder Hummerichs, die am Kassenhäuschen stets „in Sammeleimern“ ihr Wechselgeld für den Bratwurst- oder Mandelstand holten. Bis heute sind die Eheleute Kuss keine „Jahrmarktsgänger“, betrachten sich den Trubel lieber ruhig von der anderen Seite: Seit das Briggelche nicht mehr aufgebaut wird, feiern sie am Jahrmarktssamstag im Garten des Elternhauses im Freundes- und Familienkreis ein gemütliches Grillfest – genau dort, wo einst das Briggelche die Nahe überquerte und heute das „Brückenschild“ hängt.
Hier hätte Johannes Kuss gerne nach dem Ende des Holzbriggelches einen Jahrmarkt-Imbiss aufgebaut. Küche und Toilette hatte er schon gebaut, das Zelt war angeschafft, seine Ehefrau wollte aber lieber im kleinen Kreis feiern und in Ruhe das Feuerwerk ansehen.
Zu den Gästen des traditionellen Treffens zählte in diesem Jahr auch Rudolf Hahn vom Lanz Bulldogg Club, der am nächsten Sonntag bei der Landmaschinen-Ausstellung in Feilbingert auch die Bandsäge präsentiert, die einst Nikolaus Quack auf seinem alten Opel P4 hatte.