Gemeindepädagoge Ingo Molter lädt die Gläubigen der evangelischen Gemeinde zum Gottesdiensten auf den Friedhof ein. In der Martinskirche wären nur 30 Personen erlaubt gewesen.
Von Heidi Sturm
Mit Abstand beteten die Gläubigen am Totensonntag auf dem Friedhof.
(Foto: Heidi Sturm)
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BOSENHEIM - Zum Ewigkeitssonntag als letztem Sonntag des Kirchenjahres, an dem traditionell all der Verstorbenen der vergangenen Monate gedacht wird, hatte Gemeindepädagoge Ingo Molter die Gläubigen und vor allem die Trauernden seiner evangelischen Gemeinden zu Gottesdiensten auf die Friedhöfe eingeladen. „Hier haben wir genügend Platz, um uns im Freien in aller Achtsamkeit zu versammeln und mit Abstand zueinander stehen“, erläuterte Molter beim morgendlichen Auftakt in Bosenheim, wo nur 30 Leute in der Martinskirche erlaubt gewesen wären.
Der kurze Gottesdienst entfaltete seine ganz besondere Stimmung. Zwar musste man Abstand zueinander halten, dafür war man aber nahe bei den Verstorbenen, die ins Gebet eingebettet wurden. 13 Namen wurden hier mit Alter und Sterbedatum verlesen sowie dem Spruch, mit dem man sie bei der Beerdigung verabschiedet hatte. Zudem wurden für alle im Kirchenjahr verstorbenen Gemeindemitglieder Auferstehungslichter entzündet. Eine Bildmeditation zu Gustav Klimts beeindruckendem Gemälde „Tod und Leben“, das auf dem Titel des Liturgieblatts abgedruckt war, zeigte, dass der Tod zum Leben gehört, weckte aber auch Hoffnung und Zuversicht: Auf der einen Seite sieht man inmitten bunter Farben das leuchtende Leben mit Menschen, die offenbar den wartenden Tod ignorieren.
„Wir nehmen gerne das Angebot Gottes an von einer neuen Welt“, sagte Molter. Nicht umsonst habe dieser Sonntag als Schlusspunkt eines Kirchenjahres auch bewusst zwei Namen. Zum einen „Totensonntag“ als Akt der Erinnerung und eine Aufforderung zum Trauern, vielleicht auch langsamen Loslassen und Zurückblicken auf gute Zeiten, in denen der geliebte Verstorbene noch am Leben war. Der „Ewigkeitssonntag“ stehe hingegen für die kommende Welt Gottes, in der der Tod seine Macht verloren habe.
Eine tröstliche Stimmung zauberten zwischen den grauen Wolken auch die hellen Strahlen der Morgensonne, die sich unter der Überdachung der Friedhofskapelle im großen Fenster spiegelten und den Trauernden beim Blick aufs aufgestellte Kreuz ein helles Licht aus dem Dunkel entgegenwarfen.