Einer der Angeklagten behauptet vor dem Kreuznacher Landgericht, er sei nicht bei der Schlägerei dabei gewesen, die anderen vier schweigen. Doch Zeugen erkannten die Schläger.
BAD KREUZNACH - „Je früher ein Geständnis erfolgt, desto mehr Pluspunkte machen Sie.“ Der Vorsitzende Richter Folkmar Broszukat redete dem 30-jährigen Angeklagten ins Gewissen. Als Unschuldslamm hatte er sich präsentiert. Nie etwas gehört von der Bande „No Mercy“. Seine vier türkischen Mitangeklagten kenne er nicht. Und am Tag der Schlägerei, die vor der ersten Strafkammer des Landgerichts verhandelt wird, sei er nicht in der Diskothek „Space-Park“ gewesen. Das Problem: Das Opfer, das dort im November 2015 bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen und -getreten wurde, trat als Zeuge auf. Der Mann erkannte den Angeklagten sofort als denjenigen, der die Schlägerei begonnen hatte. Seine Kumpane hätten sich dann ebenfalls auf ihn gestürzt. Doch trotz allen Zuredens: Der Angeklagte ließ über seinen Verteidiger erklären, er bleibe bei seiner Einlassung, mit der ganzen Sache nichts zu tun zu haben.
Zur Verhandlung stehen insgesamt drei Schlägereien, die von Mitgliedern der Gang im „Space-Park“ angezettelt wurden. Die Staatsanwaltschaft wirft einem deutschen und vier türkischen Angeklagten gefährliche Körperverletzung und versuchten Totschlag vor. Aus Schilderungen der Zeugen geht hervor, dass die Mitglieder der Gang den „starken Max“ markieren und ihr vermeintliches Revier behaupten wollten. Ähnlich haben das zwei andere Zeugen asiatischer Herkunft im Februar 2016 erlebt. Im „Space-Park“ wurde der 47-jährige Besitzer eines chinesischen Restaurants, der auch als Nebenkläger auftritt, von einem der türkischen Angeklagten ohne jede Vorwarnung ins Gesicht geschlagen, sodass er einen Zahn verlor. Seinen Bekannten traf es viel schlimmer: Die anwesenden Mitglieder der Gang stürzten sich auf die beiden Asiaten, der zweite wurde schwer am Kopf verletzt. Interessant war es zu hören, wie die Sache weiterging: Als der 47-Jährige den Geschäftsführer der Diskothek aufforderte, Polizei und Rettungswagen zu rufen, habe dieser abgelehnt. Er habe ihm 200 Euro angeboten, so der Zeuge, wenn er auf die Polizei verzichte. Das lehnte der Zeuge ab und ließ sich von einem Rechtsanwalt beraten, der ihm dringend zur Anzeige riet. In der „No-Mercy“-Szene kursiert zudem das Gerücht, man habe den Disco-Chef massiv und unter Drohungen aufgefordert, die Videoaufzeichnungen jenes Abends zu löschen. Das bestreitet der Geschäftsführer. Fakt ist, dass es keine Videoaufzeichnungen gibt. Angeblich seien die Kameras defekt gewesen.
Zudem sei der Geschäftsführer immer durch die Hintertür geflüchtet, wenn die „No-Mercy“-Leute auftauchten. Der Zeuge berichtete, dass er sich nach dem Vorfall kaum noch traue auszugehen. Er habe sogar Bad Kreuznach verlassen wollen: „Aber das ist gar nicht so einfach mit Familie, Kindern und Geschäft. Eigentlich gefällt es mir doch ganz gut hier.“
Die Verhandlung wird fortgesetzt am Mittwoch, 23. Januar, um 9 Uhr.