Die facettenreiche Stimme des Geschichtenerzählers aus Altenbamberg ist nun online zu hören. Seine Worte will er dabei geräuschvoll untermalen.
Von Beate Vogt-Gladigau
Auftritte sind für Chnutz vom Hopfen zwar nicht mehr möglich, aber im Internet ist der Geschichtenerzähler voll in seinem Element zu erleben.
(Foto: Beate Vogt-Gladigau)
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BAD MÜNSTER AM STEIN-EBERNBURG/ALTENBAMBERG - Weder als Geschichtenerzähler bei Themenabenden im Ebernburger Kurpfälzer Amtshof oder an anderen Auftrittsorten, noch als Nachtwächter, der interessierte Besucher durch den historischen Ortskern unterhalb der Ebernburg führt, wird man Chnutz vom Hopfen in absehbarer Zeit erleben können. Aber als Geschichtenerzähler auf der garantiert virenfreien Datenautobahn startet der zertifizierte Erzähler im VEE (Verband der Erzählerinnen und Erzähler) und darstellende Künstler an diesem Donnerstag.
Auf der speziell dafür eingerichteten Seite www.chnutz. de/lauschen ertönt dann die facettenreiche Stimme des Chnutz vom Hopfen einschließlich passender Geräuschkulisse zur sechsten Geschichte vom achten Tag des Dekamerons von Giovanni de Boccaccio. Diese Geschichte hat der „Magier des Wortes“, wie er auch gerne genannt wird, noch nie erzählt. Neu ist die Art, Geschichten von ihm außerhalb eines Veranstaltungsortes hörbar zu machen, generell. Erst seit dem 30. März hatte vom Hopfen Geschichten mit Bezug auf Corona als Tonspuren schon auf seiner Website (www.chnutz.de) als Testlauf ins Netz gestellt.
Eigentlich wollte vom Hopfen alle 100 Novellen dieses Zehn-Tage-Werkes (Decamerone) erzählen, dessen Rahmenhandlung sich um sieben Frauen und drei junge Männer dreht, die im 14. Jahrhundert vor der Pest in ein Landhaus bei Florenz flüchteten, „aber einige Geschichten sind heute nicht mehr aktuell oder nicht jugendfrei. Deshalb habe ich diesen Plan beiseite geschoben.“ Aber Assoziationen zu Corona und der zehntägigen Inkubationszeit lagen – irgendwie – auf der Hand.
Chnutz vom Hopfen wartete eigentlich seit Jahren auf eine Ruhepause, um all das zu tun, was bisher nur fiktiv in seinem Kopf war. Allerdings hätte er sich diese Zeit der Muse natürlich unter anderen Vorzeichen gewünscht. Und so ganz musisch ist die Zeit für das Vorstandsmitglied des Verkehrsvereins Rheingrafenstein auch wieder nicht.
Aber trotz Chnuts’ Seufzer „man kommt ja zu nix“ – das Angebot, Geschichten im Internet zu erzählen, wird er in unregelmäßiger Reihenfolge fortsetzen. Im Vorfeld bereits hatte vom Hopfen via Facebook nachgefragt: „Was würdet Ihr denn gerne hören?“ Bei den Rückmeldungen standen die Sparten „Mittelalter – Abendland“, „Mittelalter – Morgenland“, Science-Fiction oder spezielle Titel an vorderster Stelle. Schmunzeln musste er bei einer Mail, in der nach seiner Kontonummer gefragt wurde – „statt in den Hut“.
„In unregelmäßiger Folge“ muss Chnutz vom Hopfen seine Events, denen man dann lauschen kann, schon deswegen einschränken, denn: „Aufnehmen kann ich nur, wenn die Nachbarn still sind, kein Hund bellt, kein Traktor durch die Prärie knattert, die Vögel nicht zwitschern. Kurz: Zu Zeiten ohne Geräusche von draußen, also meistens erzähle ich nachts.“ Sein Haus in Altenbamberg hat zwar dicke Wände, aber dünne Fenster. Pech nur, dass neulich Katzen des nachts entdeckten, dass der Frühling naht und dies lauthals in ihrer eigenen Art kund taten.
In seinem kleinen Tonstudio wird Chnutz vom Hopfen aber nicht nur als professioneller Erzählkünstler agieren, sondern auch mit Tönen arbeiten, die die Worte geräuschvoll begleiten, untermalen, akzentuieren. Angeregt wurde er zu dieser Fassung seiner Geschichten, als der SWR bei ihm drehte. Seit drei Jahren hatte er vor, diese Schiene auszuprobieren. Jetzt ist die Zeit gekommen. Dies wären dann auch gute Grundlagen für CDs, nach denen schon viele seiner Zuhörer fragten. Also spricht Chnutz vom Hopfen, hört, schneidet, mischt Geräusche dazu. Das alles dauert schon ein paar Stunden. Zukunftsmusik im wörtlichen Sinn sind Hörproben, zu denen er auch noch ein Instrument spielt.
Eine kleine Hemmschwelle muss vom Hopfen aber doch überwinden, ehe er sich ans Mikrophon setzt: sich auf eine bestimmte Geschichte erzählerisch einlassen. Denn bei seinen Live-Auftritten weiß er oft bis zur letzten Minute nicht, welchen Titel aus seinem erzählerischen Fundus er den Zuhörern präsentiert. „Sonst sauge ich erst die Stimmung auf und schaue, welches Publikum da ist. Das fehlt jetzt total. Aber immerhin ist das Thema vorgegeben.“
Bei der Boccaccio-Erzählung (13 Minuten und 17 Sekunden, Arbeitszeit fünf Stunden), womit Chnutz den Wunsch nach einer abendländischen Mittelaltergeschichte erfüllt, stehlen Bruno und Buffalmaco ihrem geizigen Nachbarn Calendrino ein Schwein und reden ihm dann ein, er hätte es selbst gestohlen. Daraufhin schenkt er ihnen noch zwei Hähnchen. Die nächste Geschichte wird „Achmed der Bogenschütze“ sein. In dieser persischen Erzählung tötet ein junger Mann mit seinem Bogen alle Fliegen auf seinem Honigbrot und wird dadurch für einen großen Held gehalten. Das Tapfere Schneiderlein hat ein ähnliches Motiv. Diese Geschichte ist für Schulkinder gedacht. Eine mit vom Hopfen befreundete Lehrerin möchte sie fürs Homeschooling einsetzen. Dann folgt „Der Pflaumenfurz“, eine persische Geschichte aus dem Mittelalter.
Zu hören ist die Novelle von Boccaccios „Schwein“ auch an diesem Donnerstag um 19.30 Uhr über das Internetradio für Bad Kreuznach: https://gaessjer.live/.