Bei den Musikfreunden Winzenheim lernt der Nachwuchs spielerisch verschiedene Instrumente kennen
Von Heidi Sturm
Beim Miniorchester der Winzenheimer Musikfreunde wird mit Hans-Jörg Fiehl (links) ernsthaft geprobt, aber auch viel gelacht. Der Zweite Vorsitzende Jens Leonhard hofft auf viele neue Musiker für das große Orchester. Foto: Heidi Sturm
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WINZENHEIM - „Ta Ta Ti Ti Ta, Ta Tao Ta“, ruft Hansjörg Fiehl den aufmerksam lauschenden Jungen und Mädchen im Pavillon der Winzenheimer Grundschule zu und schwenkt rhythmisch den Finger. In seinem Takt spielen die Drittklässler auf ihren Instrumenten die Töne und wippen mit den Füßen da zu. Die von Fiehl aneinander gereihten Silben sind kein Kauderwelsch, sondern eine Art „Geheimsprache für den Rhythmus“, mit dem die Jüngsten der Winzenheimer Musikfreunde kindgerecht den Takt lernen.
Drei „Ta“ und zwei „Ti“, zwei „Tao“ oder nur ein „Taoao“ ergeben beispielsweise einen 4/4-Takt. Dazu gibt es noch bestimmte Handzeichen und Körperpositionen für den Tonraum, der anfangs eine Oktave umfasst: Etwa eine flache Hand oder eine schräg gehaltene, Daumen nach unten oder eine Faust, die für den Grundton steht. Mit dieser Methode, der bereits im Mittelalter entwickelten, sogenannten Solmisation, können mit dem gleichen Zeichen unterschiedlich gestimmte Instrumente gleichzeitig dirigiert werden. Die Zeichen kommen auch schon bei der gegenseitigen Begrüßung zum Einsatz, die als Tonleiter erklingt.
Jung-Musiker lernen auch soziale Kompetenzen
„Hört sich doch schon gut an“, sagte Fiehl stolz und ergänzte schmunzelnd: „So ganz ohne Singen geht es dann doch nicht.“ Denn eigentlich ist der Musiker ja weithin als Gospelchorleiter bekannt und nicht als Dirigent von Instrumentalgruppen. Was aber die wenigsten wissen: Er leitet seit sieben Jahren an der Rochus-Realschule in Bingen eine Bläserklasse, beherrscht also die Grundausbildung an den Instrumenten. Zudem hat er in der Jugend selbst bei den Musikfreunden gespielt und war daher gerne bereit, bei der Umsetzung des neuen Jugendkonzepts zu helfen.
MIT SPENDEN
Bei den Instrumenten für das Karussell haben die Musikfreunde bewusst auf den Fundus bestehender, teilweise hochwertiger Markeninstrumente zurückgegriffen und nur in Einzelfällen Neuanschaffungen getätigt. Die vorhandenen Instrumente wurden überholt und fachmännisch instandgesetzt, sodass der Verein dadurch nur knapp 6000 Euro (für 2017 und 2018) einplanen musste. Eine Neuanschaffung wäre deutlich teurer gewesen. Dieses Projekt wurde auch durch eine Spende der Bürkle-Stiftung ermöglicht.
Gerade, weil er auch aus seiner Bläserklasse weiß, dass das Musizieren mit Instrumenten nicht nur gut für die Konzentration ist, sondern auch Verantwortungsgefühl und soziale Kompetenzen steigert. Das Konzept, um die Jugendförderung beim Orchester wieder auf eine breite Basis zu stellen und kontinuierlich junge Leute an dieses im Stadtteil verwurzelte Kulturgut heranzuführen, hatte im vergangenen Jahr der heutige Vorsitzende Thomas Behr in Zusammenarbeit mit Schulleiterin Britta Gläser ausgearbeitet.
Die Idee dahinter: Von Ostern bis zu den Sommerferien wird interessierten Zweitklässlern einmal wöchentlich in einer zusätzlichen fünften Schulstunde ein Instrumentenkarussell mit je zwei Querflöten, Altsaxofonen, Klarinetten, Trompeten und Tenorhörnern angeboten. An jedem Montag wird ein anderes Instrument vorgestellt und kann nach Herzenslust ausprobiert werden. Für die Eltern gibt es Infobriefe, die auf dieses Angebot hinweisen. Wer nach dieser eingehenden Schnupperphase Lust zum Weitermachen hat, kann ab dem dritten Schuljahr mit seinem nach Neigungen und Fähigkeiten ausgewählten Lieblingsinstrument im eigens gegründeten „Miniorchester“ weiterspielen. Dort werden die Nachwuchsmusiker dann durch eine kontinuierliche und qualifizierte Ausbildung nach und nach ans große Orchester herangeführt.
Die erste Runde war schon ein voller Erfolg: 38 Schulkinder testeten das Instrumentenkarussell, 13 sind dabei geblieben und können jetzt schon als kleines Ensemble erste Stücke spielen. Einen kleinen Auftritt werden die Kinder bereits beim Frühjahrskonzert haben, außerdem spielt das Miniorchester am letzten Schultag zur Verabschiedung der Viertklässler vor der gesamten Schülerschaft.
Dann steht bereits der nächste Jahrgang in den Startlöchern, die jetzigen Zweitklässler, die nach den Osterferien ins neue Instrumentenkarussell einsteigen. Kinder, bei denen ein Jahr zuvor nicht gleich der Funke zum Weitermachen übergesprungen ist, können dann immer noch einsteigen.
Bei der Nachwuchsausbildung geht es aber nicht nur um die Lust am Musizieren, sondern auch um die Geselligkeit. „Manchmal habe ich nach einem anstrengenden Arbeitstag auch nicht viel Lust auf die Probe“, gibt Thomas Behr zu. Er geht dann aber trotzdem mit Freude hin: einfach aus Spaß am gemeinschaftlichen Spiel. Und ähnlich ist es auch im Miniorchester, bei dem bei allem konzentrierten Musizieren auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Da wird auch oft und viel gelacht.