Bad Münster am Stein-Ebernburg: Jugendliche der Realschule plus am Rotenfels geben bei Juniorwahl ihre Stimme unter realen Bedingungen ab
Von Beate Vogt-Gladigau
In der Realschule plus am Rotenfels konnten die Schüler bereits am Freitag bei der Juniorwahl ihre Stimme abgeben. Foto: Vogt-Gladigau
( Foto:
Vogt-Gladigau)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
BAD MÜNSTER AM STEIN-EBERNBURG - Wie fördert man bei jungen Menschen das Interesse an Politik? Wie weckt man politische Teilhabe und gesellschaftliches Engagement? Zum Beispiel durch die Juniorwahlen parallel zu Bundestags-, Landtags- und Europawahlen. Die Realschule plus am Rotenfels in Bad Münster am Stein-Ebernburg ist eine von landesweit 248 weiterführenden Schulen, die über die Juniorwahl durch Unterricht und Praxis in die Wahl eingebunden war.
Einbruch für die Union, AfD wird drittstärkste Kraft
Bereits zum dritten Mal seit 2013 standen in der Realschule plus Demokratie und Wahlen verstärkt auf dem Lehrplan mit dem Ziel, Demokratie zu lernen und zu erleben. Statt einer Klassenarbeit gab es am Freitag den Gang zur Urne, der den regulären Wahlakt zur Bundestagswahl am vergangenen Sonntag simulierte. Und das aber mit allem, was dazugehört: mit Wahlbenachrichtigung, Wählerverzeichnis, Stimmzettelausgabe, Wahlniederschrift zur Dokumentation, Wahlkabinen und Wahlurne. „Jeder Wahlhelfer durchläuft alle Stationen“, erläuterte Vivian Elayne Hirt. Die Fachvorsitzende für Sozialkunde hatte am Vortag des „Wahltages“ mit Schülern ein Wahllokal einschließlich Wahlkabinen aufgebaut. Beim eigentlichen Wahlakt waren die Mädchen und Jungen mit großem Ernst bei der Sache, denn das politische Urteil der Jugendlichen hat Gewicht. 229 junge Erwachsene von der 8. bis 10. Klasse waren in der Realschule plus am Rotenfels wahlberechtigt.
Abweichungen vom vorläufigen amtlichen Endergebnis der Bundestagswahl 2017 gab es bei den Wahlberechtigten der Realschule plus am Rotenfels zwar, aber sie waren nicht eklatant. Der CDU/CSU haben die jungen Leute mit 27,4 Prozent allerdings einen noch größeren Einbruch beschert, als die Wähler am Sonntag (33 Prozent). Die Sozialdemokraten hätten nicht so gelitten, denn mit 25,8 Prozent gaben die Schülerinnen und Schüler ihr Votum für die SPD ab, die bei der regulären Wahl mit 20,5 Prozent abgestraft wurde. Auch die Grünen kommen mit 10,5 Prozent (8,9 Prozent) noch besser ins Rennen, die FDP mit 8,9 Prozent (10,7) zwei Prozentpunkte schlechter. Nur geringe Unterschiede gibt es bei den Linken und der Alternative für Deutschland (AfD), die die Schüler der Realschule plus mit 11,1 Prozent (12,6) ebenfalls als drittstärkste Partei in den Deutschen Bundestag geschickt haben. Die Ergebnisse der Juniorwahl bundesweit weichen allerdings signifikanter von der „Seniorwahl“ ab (siehe Info-Kasten). Für die Idee einer Juniorwahl war der Politikprofessor Jürgen Falter Impulsgeber, als er im September 1999 in einer Talksendung von der amerikanischen Initiative „Kids Voting“ berichtete. Dadurch können Kinder und Jugendliche ihre Stimme parallel zu den Präsidentschaftswahlen abgeben. Mit diesem Konzept als Vorbild wurde 1999 die Juniorwahl zum ersten Mal an drei Berliner Schulen durchgeführt. Das Interesse der Schulen und der Politik an den Wahlen für noch nicht Wahlberechtigte wuchs in den Folgejahren enorm. Seit den Europawahlen 2004 sind deutsche Auslandsschulen auf allen Kontinenten in das Projekt eingebunden. Knapp 1,9 Millionen Schülerinnen und Schüler haben sich seit 1999 an jetzt drei Europawahlen, fünf Bundestagswahlen und 43 Landtagswahlen beteiligt. Bundesweit hatten sich an diesem größten politischen Bildungsprojekt in Deutschland 3490 Schulen mit rund einer Million Schülerinnen und Schülern angeschlossen. Ziel ist es, bis zum Jahr 2022 alle weiterführenden Schulen in Deutschland vom Konzept der Juniorwahlen zu überzeugen und zur Teilnahme zu animieren.
In der Realschule plus am Rotenfels konnten die Schüler bereits am Freitag bei der Juniorwahl ihre Stimme abgeben. Foto: Vogt-Gladigau Foto:
Vogt-Gladigau
Foto:
2
Die Juniorwahl wird wissenschaftlich begleitet, und Studien belegen, dass als Folge davon die Zahl der Erstwähler steigt, und auch die politische Diskussion innerhalb der Familie gefördert wird.
BUNDESWEITE ERGEBNISSE
Schirmherr der Juniorwahl 2017 ist Prof. Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages.
Das bundesweite Ergebnis, das am Sonntag erst nach 18 Uhr, also nach Schließung der Wahllokale, veröffentlicht werden durfte, weicht vom Wahlverhalten der Ü18-Jährigen besonders stark bei der Betrachtung der AfD ab, die nur sechs Prozent erhielt (12,6). Als drittstärkste Kraft kommen bei den Juniorinnen und Junioren mit 17,9 Prozent (8,9) die Grünen in den Bundestag.
Die weiteren Parteien im Vergleich zu den Ergebnissen der Erwachsenen (in Klammern): CDU/CSU 27 Prozent (33), SPD 19,3 Prozent (20,5), FDP 8,8 Prozent (10,7), die Linke 7,3 Prozent (9,2).