Panikattacken und Angststörungen können Frauen nach einer Geburt befallen. Hilfe finden sie bei Kerstin Weber.
Von Isabel Mittler
Lokalredakteurin Bad Kreuznach
Kerstin Weber sorgt dafür, dass vor allem Mütter schon während der Schwangerschaft spüren, dass sie nicht alleine mit ihren Ängsten und Zweifeln sind. Eine weitergehende Unterstützung für Mütter mit Depressionen hält auch die gelernte Kinderkrankenschwester für sinnvoll.
(Foto: Mittler)
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BAD KREUZNACH - Die Tür zum kleinen Büro von Kerstin Weber steht einen Spalt offen, signalisiert: Auch unangemeldete Besucher sind willkommen. Auf dem kleinen Glastisch zwischen zwei bequemen Ledersesseln liegt neben der Wasserflasche ein Päckchen Papiertaschentücher. „Immer. Denn hier fließen auch Tränen“, berichtet die gelernte Kinderkrankenschwester ganz ehrlich.
Seit 1997 ist Kerstin Weber im Diakoniekrankenhaus tätig, seit 2014 halbtags als Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin im vom Land geförderten Programm „Guter Start ins Kinderleben“ im Rahmen der lokalen Hilfsangebote der Bundesstiftung „Frühe Hilfen“ aktiv. Ihr oberstes Ziel lautet: Menschen mit ihren Ängsten nicht alleine lassen, ihnen Mut und Zuversicht schenken. „Denn Kinder können nicht warten, sie brauchen ab der ersten Sekunde Eltern, die sie bestmöglich versorgen und fördern. Dass das nicht in allen Fällen sofort und ohne Unterstützung klappt, ist klar. Schon bei der Geburtsanmeldung wird von Fachleuten mit den werdenden Müttern und Eltern besprochen, ob besondere Probleme vorhanden sind. Eine Sozialanamnese wird erhoben. Schließlich bedeutet die Geburt eines Kindes, dass sich das Leben komplett ändert. „Viele Frauen stellen sich die Frage: Wie soll ich das schaffen?“, berichtet Weber. Dabei gehe es nicht allein um Geldnöte oder Existenzsorgen Alleinerziehender, sondern auch um gesellschaftliche Ansprüche. Gerade heute sei der Druck auf Mütter groß, weil sie nach der Entbindung nicht nur schnell wieder fit und schön wie ein Turnschuh sein sollen, sie sollen neben dem Kinderversorgen auch bald wieder im Beruf ihr Scherflein beitragen.
Im Büro von Kerstin Weber können Frauen unterschiedlichster Herkunft ihre Sorgen loswerden und Hilfe bekommen, sollte es noch an Kinderbettchen oder Kleidung mangeln. Hier arbeitet „Guter Start ins Kinderleben“ mit weiteren Akteuren der kommunalen frühen Hilfen, mit Schwangerschaftsberatungsstellen und auch dem Jugendamt zusammen. Kerstin Weber und ihre Kollegin, Familienhebamme Andrea Hieronimus, sehen sich hier als Lotsinnen, um die unterschiedlichsten Hilfen zu koordinieren.
SPENDEN
Die Allgemeine Zeitung Bad Kreuznach sammelt in diesem Jahr im Rahmen ihrer „Leser helfen“-Aktion Spenden für die Kinderstation im Diakonie-Krankenhaus. Ihre Spende erbitten wir an:
Empfänger: Leser helfen
IBAN: DE07 5504 0022 0210 4057 00
BIC: COBADEFFXXX
Kreditinstitut: Commerzbank Mainz
Verwendungszweck: Projekt 16 (bitte unbedingt angeben)
Spendenquittungen erfolgen bei einem Betrag über 200 Euro automatisch, wenn die Adresse angegeben ist.
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Wochenbett-Depression aufgrund Hormonabfall
Besonders nah gehen Kerstin Weber die Lebenssituationen von Frauen, deren Schwangerschaft ohnehin problematisch verläuft und die stationär im Perinatalzentrum Level I, also auf der Frühchenstation, oft über Wochen oder sogar Monate ihr Baby oder gar Mehrlingskinder auf dem Weg ins Leben außerhalb von Inkubator und Überwachungsgeräten versorgt bekommen. Hier sorgen Grenzerfahrungen dafür, dass sich das Team von Ärzten und Kinderkrankenschwestern eine weitergehende fachliche Kompetenz wünschen, um die Frauen zu begleiten. Je nach psychischen Belastungen kann es zu Wochenbett-Depressionen kommen, Panikattacken und Angststörungen können entstehen. Die Mütter zweifeln an Fähigkeiten und Gefühlen gleichermaßen – mit verursacht vom starken Hormonabfall, der nach der Entbindung erfolgt. Der „Babyblues“ ergreift die Mama. Auf ein Hochgefühl der Freude über den Nachwuchs wartet manche Frau vergebens, zweifelt an sich selbst, fragt sich: „Wie kann das sein?“
Aus Angst und Scham, diese Gefühle einzugestehen, machen Betroffene das mit sich alleine aus, wollen keine Hilfe annehmen. Die wäre aber wichtig, um eine Bindungsstörung zum Kind gar nicht erst entstehen zu lassen. Im schlimmsten Fall vernachlässigen Eltern ihren Nachwuchs, weil sie unter den Belastungen zusammenbrechen. Wenn das Ganze eskaliert, kann es auch zu Inobhutnahmen kommen. Niemand wolle den Eltern aber von vornherein Kompetenzen absprechen. Vielmehr wolle man sie ermutigen, Hilfen anzunehmen. Kerstin Weber macht den Frauen und Familien immer wieder klar: „Das Wichtigste, das ein Kind braucht, sind Eltern, Liebe und Geborgenheit.“ Oft bedanken sich Frauen viel später dafür, dass man sie und ihre Gefühle ernst genommen hat und sie deshalb aus der Krise gestärkt hervorgegangen sind.
In der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe soll das Team der „Koordinierenden Fachkräfte“ durch ein zusätzliches Begleitangebot erweitert werden. Das soll unter anderem Eltern zugutekommen, die wochenlang selbst auf Station sieben leben und drei Etagen darunter ihr Baby versorgt wissen. Sobald diese nämlich auf Normalstation und nach Hause kommen, wird eine weitere Krisenlage deutlich: „Kann ich mein Kind nach wochenlanger Rundumbeobachtung und Betreuung überhaupt richtig versorgen?“ Kerstin Weber weiß aus Gesprächen, dass sich manche Eltern von Frühchen gar nicht wagen, mit dem Nachwuchs nach draußen zu gehen. „Die Mütter brauchen weitere Hilfe, um ihre Ängste abzubauen“, betont sie. Normalität muss geschaffen werden. „Die einen haben eine gute Resilienz, also eine gute psychische Widerstandsfähigkeit, die dafür sorgt, Krisen zu bewältigen, die anderen kommen in einen Strudel, aus dem sie ohne Hilfe nicht mehr hinausgelangen können.“ Ein weiterer Baustein in der psychosozialen Betreuung könnte diese Hilfe bieten.