Das AJK in Bad Kreuznach ist Landessieger der nebenan.de-Stiftung und für den Bundespreis nominiert. Über vorbildliches Miteinander in einem „Problemviertel“, das keines sein will.
Von Wolfgang Bartels
Die Badewanne mit den Kräutern im „Pocket-Park“ – ein kleines Wahrzeichen für das Pariser Viertel.
(Foto: Wolfgang Bartels)
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BAD KREUZNACH - I
n anderen Bundesländern haben meist Projekte in Großstädten gewonnen. Mit uns hat in Rheinland-Pfalz eine kleinere Stadt den Landespreis bekommen – und darauf sind wir mächtig stolz“, sagt Nicolai Zimmermann vom Verein „Alternative Jugendkultur“. Er hält eine kleine Holzplakette in Händen: „Landessieger beim Deutschen Nachbarschaftspreis der nebenan.de-Stiftung“ steht darauf. Und immerhin gab es bei diesem Wettbewerb mehr als tausend Bewerbungen. Soeben hat Zimmermann erfahren, dass er den Koffer für die Reise nach Berlin packen darf. Alle Landessieger sind nämlich für die drei Hauptpreise nominiert. Drei AJKler werden dabei sein und hoffen darauf, dass sie den Lorbeer nach Bad Kreuznach mitnehmen dürfen. Doch zuvor wird das AJK-Team den Landessieg noch ein wenig feiern, nach dem Stammtisch des Repair-Cafés, wie Nicolai Zimmermann meint.
Mit dem Deutschen Nachbarschaftspreis werden nun zum zweiten Mal Initiativen und Projekte ausgezeichnet, die sich für ein offenes und solidarisches Miteinander in Stadtviertel und Wohnquartier engagieren. Dem Bundessieger winken 10 000 Euro, dem Zweitplatzierten 7000 Euro und dem Dritten immerhin noch 5000 Euro. 2000 Euro sind dem AJK schon sicher – denn die erhält jeder Landessieger. Dazu gibt es noch den Publikumspreis von 5000 Euro, der über eine Online-Abstimmung vergeben wurde. Die AJK hatte für die Online-Abstimmung mächtig die Werbetrommel gerührt. Immerhin kamen 706 Stimmen zusammen. Das Projekt „Mein Ickern“ aus Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet konnte aber einige Stimmen mehr beim Publikumsvoting holen.
Kein Grund für Frust bei den Kreuznachern. AJKlerin Seren Evisen, die die Idee zur Bewerbung für den Nachbarschaftspreis hatte, ist völlig zufrieden mit dem Erreichten: „Ich bin total glücklich. Das hat sich die AJK verdient.“ Und auch in der Nachbarschaft der Planiger Straße hat sich der Erfolg schnell herumgesprochen. Der türkische Händler von nebenan spendet gleich eine große Melone. Die Kinder im „Pocket-Park“, mit denen sich die AJKler um das Insektenhotel und die Hochbeete kümmern, jubeln über den Preis, auch wenn sie noch nicht ganz verstehen können, was der alles bedeutet.
Die Badewanne mit den Kräutern im „Pocket-Park“ – ein kleines Wahrzeichen für das Pariser Viertel. Foto: Wolfgang Bartels
Das Team der „Alternativen Jugendkultur“ setzt sich für Vielfalt im „Pariser Viertel“ ein: Nachbarn unterschiedlichster Herkunft verstehen sich, wie hier beim Einkauf beim Gemüsehändler. Foto: Wolfgang Bartels
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Dieser „Pocket-Park“, so genannt, weil er so klein ist, wurde inzwischen so etwas wie das Wahrzeichen des nachbarschaftlichen Zusammenlebens im Pariser Viertel. Ein Kinderspielplatz mit Bänken lädt zum Verweilen ein. In einer Ecke steht eine Badewanne, bepflanzt mit allerlei Kräutern, die so etwas wie das Aushängeschild des Projekts geworden ist. Das Kulturzentrum selbst bietet nicht nur einen Treffpunkt im Quartier, sondern lädt unter anderem ein zu Konzerten und Poetry-Slams. Regelmäßig findet hier das Repair-Café statt, bei dem Haushaltsgeräte oder auch Fahrräder repariert werden.
In der Begründung der Jury für den Landessieg heißt es, die AJK zeige, wie Integration gelingen kann: „In einem benachteiligten Stadtteil bringt sie Einheimische und Fremde zusammen, bietet wirksame Hilfe für Geflüchtete und belebt das Quartier.“ In diesen Formulierungen finden die AJKler ihr wichtigstes Anliegen bestätigt: die Vielfalt im Pariser Viertel zu leben – auch wenn es immer wieder Versuche gewisser städtischer Politiker gebe, diese Vielfalt in Frage zu stellen. So wetterte CDU-Fraktionsvorsitzender Werner Klopfer im Stadtrat wiederholt gegen das Quartiersmanagement im Pariser Viertel und stimmte gegen die Bewilligung der notwendigen Gelder.
Nicolai Zimmermann kann sich mit dem Landespreis in Händen erst einmal zurücklehnen: „Die Auszeichnung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind – trotz aller Unkenrufe. Und wie schon Anfang des Jahres wiederholen wir noch einmal unsere Einladung an Herrn Klopfer: Kommen Sie doch ruhig einmal zu uns ins Pariser Viertel und machen Sie sich ein wirkliches Bild.“ Neben dem bereits länger bestehenden Kulturzentrum in der Planiger Straße hat die AJK ein zweites Haus ganz in der Nähe gekauft. Unter dem Slogan „Kultur – Räume – Leben“ sollen hier günstiger Wohnraum, ein Laden-Café und ein Veranstaltungsgarten für Open-Air-Konzerte entstehen. Das Preisgeld aus Berlin soll für dieses Projekt verwendet werden.
Wenn die drei AJKler schon nach Berlin fahren, bleiben sie gleich drei Tage länger. Denn am Freitagabend findet eine weitere Preisverleihung statt: Die Stiftung Respekt verleiht den „European Youth Culture Award“. Die AJK ist auch für diesen Preis nominiert und zur Teilnahme an der offiziellen Veranstaltung eingeladen. AJK-Mitglied Seren Evisen ist schon ganz ungeduldig: „Wir würden uns freuen, wenn unser ehrenamtlicher Beitrag zur Jugendkultur mit diesem Preis geehrt wird.“