Physiotherapeuten im Kreis Bad Kreuznach schlagen Alarm
Osteopathen und Physiotherapeuten gelten als systemrelevant. Doch viele Kunden wissen das nicht und kommen nicht mehr. Ihre Forderung: „Wir brauchen jede Hilfe – und zwar sofort“
Von Wolfgang Bartels
Der Dachverband der Osteopathen sieht auf Dauer massive Versorgungsprobleme, falls durch die Corona-Krise viele Praxen aufgeben würden.
(Archivfoto: Fotolia)
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KREIS BAD KREUZNACH - „Ich bin weiter für Sie da – auch während der Corona-Krise.“ Die Stimme der Osteopathin Kristin Adermann vom Anrufbeantworter klingt beruhigend. Doch mit jedem Tag macht sie sich größere Sorgen: Viele Kunden kommen nicht mehr, weil sie glauben, die Praxis im Bad Kreuznacher Kurviertel sei ebenfalls von der amtlichen Sperre für Sport- und Fitnesscenter betroffen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Physiotherapeuten gelten als „systemrelevant“ und gehören ausdrücklich zum Kern der Gesundheitsversorgung wie auch Krankenhäuser, Ärzte und Apotheken.
Vor allem ältere Kunden, die das zwar wissen, bleiben aber lieber trotzdem zuhause, anstatt sich einer unbekannten Gefährdung auszusetzen. Die Folge: Unter vielen Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen im Landkreis wächst mit jedem Tag die Verzweiflung vor dem wirtschaftlichen Ruin für die selbständigen Praxisinhaber und ihre Angestellten.
Einen Hoffnungsschimmer glaubte Kristin Adermann am Horizont zu sehen: An diesem Freitag will die Bundesregierung eine „Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Selbstständige“ beschließen. Dazu gehören finanzielle Soforthilfen bis zu 9000 Euro bei bis zu fünf Beschäftigten. Nur bei genauerem Hinsehen: Dieser „Rettungsschirm“ deckt die Heilmittelerbringer gar nicht ab, sie gehören noch nicht zu den geförderten Berufsgruppen. Dazu Kristin Adermann: „Selbst wenn unsere Praxen bei einer späteren Regelung berücksichtigt werden, halten wir das bis dahin nicht durch. Wir brauchen jede Hilfe – und zwar sofort.“
Der Dachverband der Osteopathen, die DAGOT, macht darauf aufmerksam, dass es langfristige Folgen haben würde, wenn jetzt zahlreiche Praxen aufgeben: „Sollten die Praxen aus finanziellen Gründen schließen müssen, wird dies auch bei uns nicht nur jetzt in der Krise, sondern auf Dauer massive Versorgungsprobleme bringen, was am Ende allen Patienten schadet, weil es Heilungsprozesse verzögert und unmöglich macht.“
Neben dem Appell an die Politik fordert der Verband der Osteopathen auch Soforthilfen von den Gesetzlichen Krankenkassen in Form von Ausgleichszahlungen: „Die Kassen profitieren finanziell von dieser Situation, denn die Kosten für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie sind im Haushaltsplan der Krankenkassen bereits eingeplant. Es bringt sie also nicht in Schwierigkeiten, den Heilmittelerbringern eine Soforthilfe auszuzahlen, um deren Umsatzeinbußen auszugleichen. Für die Krankenkassen ist das ein Nullsummenspiel.“
Kristin Adermann hofft auf schnelle und wirksame Regelungen durch Politik und Kassen: „Im Moment kommt es ganz einfach darauf an, die Existenz unserer Praxen zu retten. Andernfalls ist die Versorgung mit Heilmitteln in der Zukunft gefährdet.“