Im Kreis Bad Kreuznach sind alkoholfreie Sekte und Weine noch nicht in aller Munde. Eine Geschmacksfrage, mit der sich die Winzer dennoch auseinandersetzen wollen.
Von Marius Mayer
In ihrer Vinothek in Langenlonsheim hält Anette Closheim, Winzerin mit Herz für die edlen Tropfen, einen alkoholfreien Wein des Kooperationsunternehmens Kolonne/Null unter anderem für Gäste bereit, die noch Auto fahren müssen.
(Foto: Isabel Mittler)
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KREIS BAD KREUZNACH - Bereits seit Jahren haben sich alkoholfreie Biere in der Gesellschaft etabliert. Im Gegensatz dazu aber nicht die entalkoholisierten Weinprodukte – diese sind bislang ein Nischenprodukt gewesen. Das könnte sich bald ändern: Laut dem Deutschen Weininstitut nimmt das entsprechende Angebot stetig zu.
Während alkoholfreie oder -reduzierte Sekte bereits einen Marktanteil von fünf Prozent ausmachen, und damit definitiv zu beachten sind, machen Weine nach diesem Prinzip nicht einmal ein Prozent des Marktes aus. Dennoch haben beide Erzeugnisse eine Tendenz nach oben. Aber ab wann gilt ein Wein oder Sekt eigentlich als entalkoholisiert? Grundsätzlich müssen diese weniger als 0,5 Volumenprozent enthalten. Ein normaler Wein liegt bei circa 9 bis 14 Volumenprozent. Alles dazwischen bezeichnet man als einen teilweise entalkoholisierten Wein.
Kompromiss mit dem Geschmack
Auch in der Naheweinregion erkennt man das Potenzial: Nahe-Weinbaupräsident Thomas Höfer sieht darin eine Zukunft, weshalb er nun auch einen entalkoholisierten Secco in seinem Weingut im Rümmelsheimer Ortsteil Burg Layen anbietet. Er habe bereits schon einmal einen entsprechenden Versuch unternommen, das sei aber daran gescheitert, dass das Entziehen des Alkohols die Aromen im Wein zerstört habe. „Dank des Fortschritts in der Vakuumdestillation ist das nun doch möglich geworden“, sagt er. „Für entalkoholisierte Produkte muss man grundsätzlich einen gewissen Kompromiss bei dem Geschmack eingehen“, fügt Thomas Höfer hinzu: „Und der Geschmack ist doch das Wichtigste am Wein.“ Bei gut gekühlten Seccos sei dieser Kompromiss nicht nötig, auch aufgrund der beigefügten Kohlensäure.
Dass es aber auch anders geht beweist Anette Closheim mit ihrem Weingut in Langenlonsheim: Seit Ende 2021 bietet die Winzerin einen alkoholfreien Riesling in ihrer Vinothek an. „Ich habe mich dazu entschieden, einen alkoholfreien Wein aufzunehmen, weil die Interessenten immer mehr wurden“, sagt Anette Closheim, seit zwölf Jahren Inhaberin der gleichnamigen Vinothek. Bei dem Vorhaben ging sie eine Zusammenarbeit mit „Kolonne Null“ ein, die die nötige Erfahrung in der Entalkoholisierung von Weinen mitbrachten. „Und ich konnte ihnen gute Grundweine liefern, genau deshalb ist das eine gute Zusammenarbeit geworden“, fügt die erfahrene Winzerin hinzu. Kolonne/Null ist ein Unternehmen mit Sitz in Berlin, das sich auf das Entwickeln entalkoholisierter Weine spezialisiert hat. Dabei pflegt der Betrieb enge Zusammenarbeit mit Winzern aus Deutschland, aber auch aus Spanien und Frankreich. Der entalkoholisierte Riesling sei grundsätzlich eine gute Beigabe für Kunden, die für ihren Anlass auch alkoholfreie Getränke bieten wollten. Besonders für Schwangere, oder Personen, die im Anschluss an Treffen noch mit dem Auto fahren müssten. „Klar muss man einen gewissen Kompromiss finden, da hat Herrn Höfer recht. Man kann das gut mit Käse vergleichen: Reduziert man den Fettanteil, schmeckt das Ergebnis anders.“ Wenn man den Alkohol entziehe, fehle eben ein wichtiger Geschmacksträger. „Und trotzdem kommt unser Produkt geschmacklich relativ nah an einen herkömmlichen Riesling heran“, stellt die Unternehmerin klar. Der Riesling punkte unter anderem mit seiner Fruchtigkeit.
In unserem Podcast Weinx1 haben sich Thomas Ehlke und René Harth mit Johannes Trautwein, Juniorchef einer Kellerei im rheinhessischen Lonsheim, über promillefreien Weingenuss unterhalten:
„Trotzdem bedeutet es einen höheren technischen Aufwand für eine eher begrenzte Zielgruppe, weshalb alkoholfreie Weine und Sekte für die Winzer der Gegend eher ein Randthema bleiben werden“, schätzt der Nahe-Weinbaupräsident, Thomas Höfer, ein. Anette Closheim kann diese Ansicht nicht ganz teilen: „Man muss bei der Beliebtheit einen großen Unterschied machen: Zwischen ländlicher Region oder einem städtischen Umfeld.“ In Großstädten seien alkoholfreie Weinprodukte durchaus ein Trend, so waren entsprechende Angebote auf der ProWein in Düsseldorf als Trend für die Zukunft eingestuft worden. „Auf dem Land muss man diesem Trend noch etwas Zeit geben, viele kennen dieses Angebot nicht und setzen daher eher auf das Altbewährte.“
Ihre Kundschaft habe bei der Markteinführung jedoch großes Interesse gezeigt, weshalb Anette Closheim optimistisch in die Zukunft blickt. Ihre Vinothek wurde 2021 vom Deutschen Weininstitut als eine der 30 besten unter allen 150 Bewerbern ausgezeichnet. Vor der Pandemie war die Vinothek des Weinguts zudem erneuert worden, womit sich die Winzerin ein zukunftsorientiertes Ambiente aufgebaut hat. Auch bietet sie während den geregelten Öffnungszeiten Raum für Begegnung und Weinverkostungen.