Schwerlasttransporte durchqueren Teile Rheinhessens Richtung Windpark nahezu störungsfrei. Der Konvoi rollt nachts fast unbemerkt über Straßen bei Bad Kreuznach bis nach Mörsfeld.
Von Heidi Sturm
Nicht nur am Kreisel in Frei-Laubersheim mussten sich Verkehrsschilder kurzzeitig flachlegen lassen.
(Foto: Heidi Sturm)
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KREIS BAD KREUZNACH - In den Nächten von Mittwoch auf Donnerstag und von Donnerstag auf Freitag sind weitgehend unbemerkt und ganz störungsfrei zwei spektakuläre Schwerlasttransporte von der Autobahnanschlussstelle Bad Kreuznach durch Rheinhessen zum Windpark nach Mörsfeld gerollt. Für zwei neue Windkraftanlagen wurden aus dem Überseehafen Rostock Nabe und Maschinenhaus und dann aus Schwerin die beiden 48 und 45 Meter langen und jeweils fast 50 Tonnen schweren Strahlrohrturmsegmente transportiert.
Weil diese Schwertransporte nur zwischen 22 Uhr und sechs Uhr morgens fahren dürfen, waren die Konvois mehrere Nächte unterwegs. Zu den 52 und 57 Meter langen Schwertransportern gesellten sich noch rund zehn Begleitfahrzeuge, auf dem letzten Streckenabschnitt ab der A 61 alleine sechs knallgelbe „BF 4“, Begleitfahrzeuge mit großen blinkenden Warnzeichen, die außerhalb der Autobahn auch anstelle der Polizei absperren dürfen. Das ist neben der Sicherung des Transports auch oft erforderlich, weil etwa im Kreisverkehr in der Regel nicht die normale Kurve genommen, sondern die meist geradere Strecke durch den „Gegenverkehr“.
Helfer in vier Fahrzeugen machen den Weg frei
Mit im Einsatz waren auch noch vier Fahrzeuge mit Mitarbeitern, die kurzfristig Schilder entfernten und sofort wieder aufstellten, sobald die Fahrzeugflotte diese Stelle passiert hatte. „Die machen den Weg frei“, erläuterte Tanja Schäfer vom „Wörmann Team Verkehrstechnik“ in Schloss Holte-Stukenbrock. Dieses Unternehmen baut für Schwerlasttransporte aller Art Verkehrsstrecken aus – von der Planung des geeigneten Streckenverlaufs und Beantragung der Genehmigungen nach verkehrsrechtlichen Anforderungen bis hin zur optimalen Vorbereitung der zu befahrenden Strecke einschließlich aller baulicher Maßnahmen.
Nicht nur am Kreisel in Frei-Laubersheim mussten sich Verkehrsschilder kurzzeitig flachlegen lassen. Foto: Heidi Sturm
Die blinkenden Begleitfahrzeuge formierten sich in den Ortsdurchfahrten zum Teil zu einer gespenstischen Kulisse. Foto: Heidi Sturm
Auch bei Bosenheim wurde die gesamte Fahrbahnbreite von dem Schwertransport genutzt. Foto: Heidi Sturm
Gegenverkehr ausgebremst: In Neu-Bamberg schiebt sich der mächtige Windradturm raumgreifend zwischen den Häusern durch. Foto: Heidi Sturm
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Die Planungen für die Transporte aller Teile für die beiden Windkraftanlagen hatten vor mehr als einem Jahr begonnen. Die komplette Tour wurde mehrfach abgefahren, auf mögliche Problemstellen oder gar fragliche Durchfahrtsmöglichkeiten untersucht. Daraus wurde der bestmögliche Streckenverlauf erarbeitet, bei dem die wenigsten Modifikationen erforderlich waren.
Die Abschnitte wurden exakt nach baulichen Aufwänden klassifiziert, von einfachen Streckenabschnitten der Klasse 1 mit nur geringen Modifikationen wie Schilder entfernen oder Einrichtung eines Halteverbots bis hin zu komplexen Abschnitten der Klasse 3, bei denen etwa Leitplanken, Lichtmasten oder Ampeln entfernt werden müssen oder mit Einrichtung von Wendetrichtern und Verbreiterung der Straße voraussehbar längere Baustellen erforderlich sind. Die zu beachtenden kritischen Stellen wurden fotografiert und mit den anfallenden Maßnahmen markiert. Dieser Streckenplan enthält auch Anweisungen für den Transport, wo etwa bei Unterführungen abgesenkt oder wie etwa an der evangelischen Kirche in Neu-Bamberg auf eine sehr tiefe Stromleitung geachtet und gleichzeitig wegen einer Kuppe die Auflieger angehoben werden müssen.
FAHRTEN
Noch eine ganze Reihe weiterer Fahrten ist geplant:
10. und 11.1.: Triebstrang
12. und 13.1.: Rotorblätter
14.1.: Gondel, Nabe, Triebstrang
15.1.: Türme
18. und 19.1.: Rotorblätter
Kurzfristig hatte man noch einmal die Route geändert. Geplant war eigentlich die Abfahrt bei Gau-Bickelheim. Dann hätte man allerdings eine Behelfsstraße erstellen und den kompletten Kreisel ausbauen müssen. Weil dieser aber noch ziemlich neu ist, hatte man sich dann doch auf eine Abfahrt bei Bad Kreuznach entschieden. „Wir versuchen immer, die Tour mit dem geringsten Aufwand für alle Beteiligten zu organisieren“, erläuterte Schäfer.
Für die 32 Kilometer lange Strecke, für die ein Auto etwa 35 Minuten benötigt, waren die Konvois rund drei Stunden unterwegs. Die ersten Dreier-Kategorien warteten schon bald nach dem Verlassen der Autobahn bei der Einfahrt von der B 41 auf die B 428 über das „Ohr“ bei der Michelin. Hier mussten die Schilder mobil gestellt werden. Die Bahnunterführung war mit 4,60 Metern Durchfahrtshöhe kein Problem, ebenso wenig auch der Bauhaus-Kreisel, der in „richtiger Fahrtrichtung“ absolviert wurde. Hier war nur eines der Willkommensschilder zu entfernen. Etwas kniffliger war der nächste Kreisel am Burger King: Hier mussten alle Zufahrten blockiert werden, weil die Transporter in Gegenrichtung den Bypass nutzen. Dank Nachlenksystem kamen die langen Fahrzeuge dabei ziemlich zügig um die Kurven. Die Achse am Ende des Fahrzeugs ist ein „Freidreher“, die dabei unabhängig von der vorderen Achse per Fernbedienung vom Begleitfahrzeug aus zwischen den Inseln hindurch manövriert werden kann. Noch schneller ging es ebenfalls durch den Bypass am Kreisel B 428 / B 420 bei Frei-Laubersheim in Richtung Wöllstein. Weil die Fahrzeuge aus Richtung Frei-Laubersheim in der Neu-Bamberger Dorfmitte nicht nach rechts Richtung Hof Iben um die Kurve gekommen wären, musste man den Weg von Wöllstein nach Neu-Bamberg durchs kurvige „Tälchen“ nehmen, in dem vor sechs Jahren schon einmal ein Konvoi mit Rotorblättern an der Ölmühle festgehangen hatte. Hier waren im Vorfeld durchgängig massive Arbeiten bis hin zur Entfernung von Erdreich und Felsen erforderlich. Zudem mussten die Randstreifen komplett ausgebaut, Leitplanken über weite Strecken entfernt und das Lichtraumprofil der Bäume teils bis zum Stamm zurückgeschnitten werden.
Für die Ortsdurchfahrt in Neu-Bamberg wurden Gehwege befahrbar ausgebaut, Laternen entfernt, Bäume zurückgeschnitten und Spiegel mobil gestellt. Zudem war Halteverbot eingerichtet, und an einigen Häusern durften auch die privaten Parkplätze nicht genutzt werden. Schon drei Wochen vor Weihnachten hatte man in diesem Streckenabschnitt mit den umfangreichen Arbeiten begonnen. Auch für die Weiterfahrt Richtung Hof Iben waren Randstreifen ausgebaut und zudem Bäume entfernt worden.
Die Steigung Richtung Wonsheim machte dank fast trockener Witterung keine Traktionsprobleme. Für die Ortsumfahrung von Wonsheim konnte ein Wirtschaftsweg genutzt werden, der schon für einen bestehenden Windpark genutzt wurde. Allerdings wurden die Kurvenradien an manchen Stellen erweitert und die Zuwegung ausgebessert. Bei Stein-Bockenheim ging es auf die Kreisstraße 3 Richtung Mörsfeld und trotz fast nur noch „komplexer Streckenabschnitte“ störungsfrei zum Zielort.