Über elf Prozent des Kreuznacher Stroms stammt aus Atomkraftwerken – viel zu viel, sagen die Aktivisten von Greenpeace Bad Kreuznach. Sie sammelten daher auf dem Kornmarkt...
BAD KREUZNACH. Über elf Prozent des Kreuznacher Stroms stammt aus Atomkraftwerken – viel zu viel, sagen die Aktivisten von Greenpeace Bad Kreuznach. Sie sammelten daher auf dem Kornmarkt Unterschriften gegen AtomkraftFotovoltaik
, und rund 250 Kreuznacher machten mit. Und weil Greenpeace-Aktionen immer auch plakativ sein sollen, landeten die Unterschriften auf zwei signalgelben Atommüllfässern, die nun an Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer übergeben wurden. In ihrer Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke möge sie doch bitte darauf hinwirken, den Anteil an Atomstrom beim Kreuznacher Energieversorger weiter zu reduzieren.
So einfach ist das aber nicht. Nicht nur, weil die Stadtwerke Stromlieferverträge haben, an die man bis 2020 gebunden ist, wie Geschäftsführer Dietmar Canis erklärt. Um den Atom-Anteil zu reduzieren, könnte man Zertifikate kaufen, aber das kostet Geld und sieht lokal nur gut aus – sauberer wird der Strom vor Ort dadurch nicht. Es wäre eine Art „Reinwaschen“ des Strommixes. Hinzu kommt, dass der Anteil von Atomstrom am Strommix zwar ein faktischer Wert im Ganzen ist, aber auf der Verbraucherebene ist er abstrakt. Was beim normalen Kunden aus der Steckdose kommt, ist nicht „sauber“, „gut“ oder „böse“, sondern neutral.
Stadtwerke haben schon einen regionalen Öko-Tarif
Der Strom stammt aus einer Mischung aus Atomkraft, Kohlekraft und regenerativen Anlagen – die Netze werden nach vorgegebenen Werten zur Sicherung der Stromversorgung ausgelastet, und der Strom kann dann mal aus einem Kernkraftwerk, aus einer Windkraftanlage oder aus einem Kohlekraftwerk kommen. Allerdings bieten die Stadtwerke mit dem Tarif „Nahestrom Klimaplus 18“ durchaus eine echte und regionale Alternative. Dieser Strom ist frei von Atomkraft und stammt ausschließlich aus erneuerbaren Energien (45,5 Prozent) sowie regional erzeugtem Strom aus klimafreundlichen Erdgas-Kraftwärmekopplungsanlagen (36,5 Prozent) sowie aus Wasserkraft (18 Prozent). Die Nachfrage nach diesem Tarif war zwar bislang nicht sehr groß, nimmt jedoch langsam zu, heißt es von den Stadtwerken. Der Gasanteil in diesem Tarif kommt übrigens als Reststrom aus dem Blockheizkraftwerk der Diakonie.
Was auch die Greenpeace-Aktivisten einräumen: Die Stadtwerke sind im Vergleich schon überdurchschnittlich gut aufgestellt, was den Atomstrom angeht. In Deutschland liegt der Anteil von Kernenergie am Strommix bei 15,4 Prozent, also fast vier Prozent höher als in Kreuznach. Auch beim Anteil an Kohlestrom stehen die Stadtwerke gut da – der Anteil liegt in Kreuznach bei 39,9 Prozent, im Bundesschnitt bei 43,8 Prozent.
Die Stadtwerke haben sich auch als relativ kleiner Versorger schon stark selbst engagiert. Es gibt eigene Fotovoltaikanlagen sowie Beteiligungen an Sonnenparks (Kuhberg, Sonnenpark Frei-Laubersheim, Norddeutschland) sowie Beteiligungen an Windparks im norddeutschen Wremen (25 Prozent) und in Fürfeld (35 Prozent). Alles in allem entfallen dabei jährlich fast 34 Millionen Kilowattstunden auf die Stadtwerke, die in das Stromnetz eingespeist werden.
Der Ausstieg aus der Atomkraft ist national ohnehin beschlossen, demnach wird sich der Anteil künftig weiter verringern. Daher richtet sich der Kampf der Greenpeace-Aktivisten auch gegen die Atomanlagen in der Nachbarschaft, vor allem natürlich gegen das französische Kraftwerk Cattenom. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die Franzosen schon aufgefordert, das Kraftwerk herunterzufahren, dasselbe solle auch OB Kaster-Meurer tun, bat Michael Lohr. „Jeder muss auf seiner Ebene Einfluss nehmen.“
Die Kreuznacher Ortsgruppe der Greenpeace-Umweltschützer wurde erst 2015 gegründet und ist auch noch klein, sie besteht aus rund 20 Aktiven. Die wollen aber etwas auf die Beine stellen (siehe Kasten) und suchen auch einen Vereinsraum. Hier sagte die OB Unterstützung zu.