Geo-Box – der nächste Schritt zur Digitalisierung der...

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner überreicht Förderbescheide in Höhe von 1,1 Millionen Euro an DLR-Chef Michael Lipps. Links Staatssekretär Andy Becht. Foto: Wolfgang Bartels
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Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner überbachte Förderbescheide über 1,1 Millionen Euro dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach.

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BAD KREUZNACH. „Guten Morgen, ich bringe Geld mit“, strahlte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Und ihr Nachfolger als Landtagsabgeordneter, Helmut Martin, sekundierte sachkundig: „Die Geo-Box ist nichts zum Essen.“ Hinter diesem Begriff verbirgt sich nämlich ein nächster Schritt zur Digitalisierung der Landwirtschaft – und die 1,1 Millionen Euro, die Klöckner aus ihrer Handtasche zauberte, sollen dazu dienen, digitale Projekte im Bereich des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (DLR) voranzubringen. „Ich will von der Ackerfurche in die Cloud“, verkündete die Ministerin, doch ganz so einfach scheint dieser Weg dann doch nicht zu sein.

Wem gehören die Daten?

Wolfgang Schneider, der sich beim DLR mit dem Thema der Digitalisierung befasst, warf in einem Kurzvortrag die Frage auf, wem denn eigentlich die Daten gehören, die ein Landwirt mit seinen hochtechnisierten Landmaschinen sammelt. Könnte diese nicht eines Tages auch dazu dienen, dass diese Maschinen letztlich nicht mehr vom Landwirt, sondern von einem Rechenzentrum des Maschinenherstellers gesteuert werden? Oder – die andere Variante: Bleibt der Landwirt selbst Herr seiner Daten und seiner Entscheidungen? Die „Geo-Box“, die unter der Regie des DLR bei Mitwirkung der Technischen Universität Darmstadt und von hochspezialisierten IT-Firmen entwickelt wurde, setzt auf regionale Vernetzung und dezentrale Datenhaltung. In der Praxis könnte dies so funktionieren, dass jeder Hof eine eigene „Box“ bekommt, also eine Software, die auch unabhängig davon funktioniert, ob gerade Mobilfunk oder WLAN vorhanden ist. In der Box werden zunächst alle für den Landwirt wichtigen Geodaten („Standort-Pass“) gesammelt, die das Land kostenlos zur Verfügung stellt. Dazu gehören die genaue Lage der Schläge, Wasserschutzgebiete oder Klimadaten.

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Bei Bedarf kann der Landwirt diese Daten an Lohnunternehmer und Fachberater übertragen. Daraus können dann Anleitungen zum Düngemitteleinsatz entwickelt werden, die dann direkt an die Maschinen weitergegeben und auch „barrierefrei“ dokumentiert werden. Mithilfe digitaler Technik kann so der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger optimiert werden, was nicht nur die Natur schützt, sondern dem Landwirt auch Geld spart. Ein solches dezentrales System könnte dazu beitragen, die Bürokratie abzubauen – und der Landwirt behält die Souveränität über seine Daten.

Mit den von der Landwirtschaftsministerin überreichten Fördergeldern geht es vor allem darum, Pilotanwendungen zu entwickeln und Schulungsangebote für Landwirte aufzubauen. Bisher allerdings, so musste Klöckner einräumen, habe die Landwirtschaftsbehörde bei der Kreisverwaltung Bad Kreuznach noch nicht auf das Angebot reagiert, bei diesem Projekt mitzumachen.

DLR-Experte Schneider legt auch großen Wert darauf, bei der Digitalisierung der Landwirtschaft das auszuschalten, was er „die Verwundbarkeit des Internets“ nennt. Denn die Clouds der großen Maschinenhersteller werden nicht mehr funktionieren, wenn Hackerangriffe das Netz lahm legen oder auf dem Acker einfach kein Breitband oder WLAN zur Verfügung steht. „Wenn jeder Landwirt seine eigene Cloud in Form seiner Geo-Box hat, dann ist dieses Risiko ausgeschaltet“, so der Fachmann Schneider. Vor allem für die kleinstrukturierte Landwirtschaft im Südwesten der Republik sei dieser Ansatz ein Gewinn, erklärte dazu die Landwirtschaftsministerin, die am Ende der Veranstaltung zu einem kleinen Umtrunk einlud – mit einem Trost für die versammelten IT-Experten: „Essen und Trinken bleiben analog.“