Haben Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten Luther vor der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen gerettet? Mit dieser Frage hat Dr. Friedrich Ulbricht aus Koblenz seinen...
BAD MÜNSTER AM STEIN-EBERNBURG. Haben Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten Luther vor der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen gerettet? Mit dieser Frage hat Dr. Friedrich Ulbricht aus Koblenz seinen Beitrag in den Bad Kreuznacher Heimatblättern (Nummer 2/2017) überschrieben. Eins hält der Autor für gesichert: Die Ebernburg war in Luthers schwersten Tagen „Strategiezentrum“. Das Reformationsjubiläum ist ein Schwerpunktthema bei der Eröffnung des rheinland-pfälzischen Kultursommers vom 5. bis 7. Mai in Bad Kreuznach.
1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Kirchenpforte in seiner Heimatstadt Wittenberg. Dies gilt als der Beginn der Reformation, deren 500. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird. Am 4. April 1521 reiste Martin Luther voller Zuversicht zum Reichstag nach Worms, obwohl sein Leben durch die römische Kirche bedroht war. Der ehemalige Mönch verurteilte den Ablasshandel, wonach der sündige Gläubige durch Zahlung von Geld seine Seele retten könne. Papst Leo X. belegte Luther mit dem Kirchenbann. In Worms sollte der „Ketzer“ vor Kaiser Karl V. widerrufen oder durch die Reichsacht für vogelfrei erklärt werden. Der Kaiser verkündete schließlich die Reichsacht, aber erst nachdem Luther Worms verlassen hatte und längst in Sicherheit war.
Luther wurde auf dem Weg nach Worms zunächst von drei Freunden und einem Herold des Kaisers begleitet. Zu den Zeitgenossen, die sich um das Leben Luthers sorgten, gehörten auch die Reichsritter Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten. Von Hutten hatte seinen Freund für die Reformation gewonnen. Franz von Sickingen lud Luther auf die Ebernburg ein, was dieser auf seiner letzten Station vor Worms, in Oppenheim, jedoch ablehnte.
100 beschützende Reiter waren vermutlich Sickinger
Sickingen sorgte dennoch für Luthers Sicherheit, denn beim Eintreffen in Worms, am 16. April, wurde er von 100 Reitern, „vermutlich Sickinger“, begleitet, schreibt Ulbricht, der davon überzeugt ist, wer Luther während seines Aufenthaltes in Worms schützte: „Es waren Sickingens Söldner. Ihre Führer waren auf der Ebernburg für den Ernstfall verpflichtet worden.“ Dafür gebe es zwar keine schriftlichen Belege, aber Hinweise, so ein Nachrichten-Anschlag am Wormser Rathaus. Demnach hatten sich 400 Ritter gegen Luthers Feinde verschworen. Von Sickingen und von Hutten warteten nur darauf, im Notfall sofort einschreiten zu können. Diese Absicht hatte von Hutten schon in einem Brief vom 17. April 1521 an Luther angedeutet. „Ich werde Dir bis zum letzten Atemzug anhangen!“
Ohne zu widerrufen verließ Luther Worms am 26. April. Im Thüringer Wald wurde er aus seinem Wagen gezerrt und auf die Wartburg in ritterliche Haft gebracht. Drei Gerüchte waren darüber im Umlauf: Sickingen habe ihn an einen sicheren Ort entführt, Luther sei tot und Luther sei nach Rom verschleppt worden. In Wirklichkeit war der Überfall ein abgekartetes, von Luthers Landesfürsten Friedrich der Weise veranlasstes Spiel. Der Text in einem Brief mit einer „Widmungsrede“ Luthers an Sickingen vom 1. Juni 1521 zeigt nach Einschätzung Ulbrichts, dass der Reichsritter von dem „Überfall“ nicht nur wusste, sondern möglicherweise auch einige seiner Reiter daran beteiligt gewesen sein könnten. Das Spiel der römischen Kurie wurde kräftig verdorben. „Durch Kampfschriften Ulrich von Huttens und durch die Entsendung von Söldnern Franz von Sickingens zum Schutze Luthers“, so Ulbricht.
In seinem Epilog für den Beitrag in den Kreuznacher Heimatblättern schreibt Ulbricht: „Mit Luthers Aufenthalt auf der Wartburg änderte sich die Bedeutung der Ebernburg. Aus dem Militärzentrum wurde bald ein Zentrum der Reformationsbewegung im oberen Rheintal.“ Der Burgkaplan Johannes Oecolampad feierte am 25. Mai 1522 den ersten evangelischen Gottesdienst Südwestdeutschlands auf der Ebernburg.
Sickingen starb schwer verletzt am 7. Mai 1523 auf seiner Burg Nanstein bei Landstuhl. Mit seinem Feldzug gegen das Erzstift Trier hatte er sich übernommen. Die Ebernburg wurde am 6. Juni 1523 zerstört und durfte erst rund 20 Jahre später von den Söhnen Sickingens wieder aufgebaut werden. Hutten hatte schon in der zweiten Hälfte 1521 – enttäuscht von der romfreundlichen Haltung des Kaisers, aber zufrieden, zu der sicheren Rückkehr Luthers beigetragen zu haben – die Ebernburg verlassen. Aufgenommen vom dem Zürcher Reformator Zwingli, starb von Hutten am 29. August 1523 auf der Insel Ufenau im Zürichsee.
Das Leben und Wirken Luthers ist weithin bekannt, vielfach beschrieben und erforscht, die Reformation nahm unaufhaltsam ihren Lauf. In den Worten des Heimatblätter-Autors Ulbricht klingt Bedauern mit, dass es zum Ebernburger Luther-Kapitel nicht noch mehr Informationen gibt. „Wer nun glaubt, Luther erinnere sich in späteren Jahren an die Ebernburg, sieht sich getäuscht. Zweimal hat er sich zu seiner Reise nach Worms geäußert: während einer Tischrede 1533 und einer weiteren 1540. Beide Male erwähnten die Schreiber dieser Reden nichts von dem Schutz, der Luther von der Ebernburg aus gewährt wurde.“