Drei Fragen an Bad Kreuznacher Insolvenzanwalt Wolfgang Maus

Foto: Norbert Krupp

Die Europäische Union will die Laufzeit von Privatinsolvenzen auf drei Jahre verkürzen. Der Bad Kreuznacher Insolvenzanwalt Dr. Wolfgang Maus äußert sich zu diesem Vorstoß.

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BAD KREUZNACH. Die Europäische Union will die Laufzeit von Privatinsolvenzen auf drei Jahre verkürzen. In Deutschland erfordert eine Privatinsolvenz in der Regel sechs Jahre. Das Verfahren konnte bisher nur dann auf drei Jahre verkürzt werden, sofern der Schuldner bereits 35 Prozent aller Forderungen seiner Gläubiger sowie die Verfahrenskosten bedient hat. Wir befragten den Bad Kreuznacher Insolvenzanwalt Dr. Wolfgang Maus, dessen Kanzlei auch auf außergerichtliche Schuldenbereinigungen spezialisiert ist, zu diesem EU-Vorstoß.

Herr Maus, die Zahl der Privatinsolvenzverfahren ist bei uns seit 2010 um mehr als 30 Prozent zurückgegangen. Sind inzwischen weniger Menschen überschuldet?

Leider nicht, laut Schuldner-Atlas der Auskunftei „Creditreform“ waren 2018 fast sieben Millionen Deutsche überschuldet – Tendenz steigend. Aber die Zahl der Entschuldungsverfahren ist rückläufig, weil Verfahren zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung vom Staat nur noch sehr eingeschränkt gefördert werden. Stattdessen suchen die überschuldeten Menschen die Schuldnerberatungsstellen auf, bei denen es immer schwerer wird, zeitnah einen Termin zu bekommen. Das treibt die Laufzeit der Entschuldung in die Länge, weil schon die außergerichtliche Phase mehr Zeit erfordert und bis zu eineinhalb Jahren dauern kann. Hinzu kommt, dass es sehr schwer oder fast unmöglich ist, für eine außergerichtliche Schuldenbereinigung die erforderliche Zustimmung aller Gläubiger zu bekommen.

Wie bewerten Sie die von der EU beabsichtigte Verkürzung der Laufzeit von Privatinsolvenzverfahren?

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Das ist grundsätzlich sinnvoll und vernünftig, weil die überschuldeten Menschen dadurch wieder schneller von den Lasten ihres Schuldenberges befreit werden. In Deutschland sieht das Gesetz bislang sechsjährige Verfahren vor, in anderen Ländern wie England, Irland oder Frankreich dauern Privatinsolvenzen nur eineinhalb oder zwei Jahre. Ich glaube, dass die Politiker in Brüssel dafür eintreten, damit die betroffenen Menschen wieder schneller am Leben unserer Konsumgesellschaft teilnehmen können. Denn solange sie sich im Insolvenzverfahren befinden, haben sie einen Sperrvermerk, der ihnen die Aufnahme von Krediten oder den Abschluss von Handy-Verträgen und Ähnlichem erschwert.

Wirkt sich eine Verkürzung der Laufzeit denn nicht nachteilig auf die Chancen der Gläubiger aus, dass ihnen zustehende Forderungen bezahlt werden?

Nein. Die Gläubiger haben ihre Forderungen längst schon abgeschrieben und diese Ausfälle bereits in ihre Preise einkalkuliert. Das ist so bei Geldinstituten, Telefongesellschaften und Versandhäusern. Außerdem ist die Regulierungsquote bei Verbraucherinsolvenzen in der Regel in höchstem Maße bescheiden. Es gibt aber auch Betroffene, die während des Verfahrens einen mehr oder minder großen Teil ihrer Schulden zurückzahlen. Mitunter tragen dazu pfändbares Einkommen oder auch eine unverhoffte Erbschaft bei.

Das Interview führte Norbert Krupp.