Dinieren in der Kirchenbank oder Kaffeetrinken an Tischen und auf Stühlen einer Burggaststätte zu Anfang des 20. Jahrhunderts – das können Gäste jetzt in der...
BAD MÜNSTER AM STEIN-EBERNBURG. Dinieren in der Kirchenbank oder Kaffeetrinken an Tischen und auf Stühlen einer Burggaststätte zu Anfang des 20. Jahrhunderts – das können Gäste jetzt in der „Burgschänke“ auf der Ebernburg. Seit der neue Pächter, Stefan Köhl, das Lokal am 1. April nach über einem Jahr Vakanz wiedereröffnete, hat er von Besuchern viel positive Resonanz erhalten, nicht zuletzt auch wegen der Atmosphäre.
Köhls Konzept für die familiengeführte gastronomische Einrichtung geht auf. Dazu gehören nicht nur die Einrichtung aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Charme einer k.-u.k.-Monarchie einschließlich Kaffeehauskultur, sondern Kleinigkeiten wie alte Bierflaschen, Mineralwasserkrüge von anno damals oder Gewürzdosen aus Uromas Küche. Die Wände müssen noch dekoriert werden, dafür besitzt Köhl aber eine große Sammlung von Stahlstichen aus dem 19. Jahrhundert mit Motiven von Ebernburg, Bad Münster oder den Sickingern.
Dass die Gäste vom Restaurant aus eine herrliche Aussicht auf den Ortsteil Ebernburg, auf Traisen, den Rotenfels oder Bad Münster genießen, ist ein Pluspunkt der „Burgschänke“. Daher orientieren sich die Tische auch in Richtung der Fenster. Dieser grandiose Eindruck wird im Sommer durch die Außengastronomie auf der Terrasse der Bastei noch erweitert.
Abends soll es im Amtshof weitergehen
Stefan Köhl, zugleich Inhaber der mittelalterlichen Weinschänke „Kurpfälzer Amtshof“ im historischen Ortskern von Ebernburg, hatte sich im September des vergangenen Jahres nach intensiven „Familienkonferenzen“ entschlossen, die „Burgschänke“ zu pachten. Von vorne herein betrachtete er den Kurpfälzer Amtshof und die „Burgschänke“ als Gesamtkonzept, wenn auch mit unterschiedlichen Stellschrauben. Beide Gaststätten haben einen historischen Bezug zu den Sickingern und werden sich in Bezug auf gastronomisches und kulturelles Angebot einschließlich Öffnungszeiten ergänzen.
Das Tagesgeschäft wird sich in der barrierefreien „Burgschänke“, dessen Zielgruppe Wanderer, Burgbesucher und -gäste sind, abspielen (eine Busgruppe mit 55 Personen hat dort Platz), das Abendgeschäft im Amtshof. Mit dieser Zweiteilung wird auch Rücksicht auf den Hotelbetrieb der Evangelischen Familienferien- und Bildungsstätte einschließlich Seminarangebot und den Nachtschlaf genommen, aber Synergieeffekte sind trotzdem zu erwarten. „Es wird sich entwickeln. Wir müssen in den Betrieb erst einmal hineinfinden.“
Die Motivation, sich für einen weiteren Betrieb zu engagieren, hängt auch mit Köhls Funktion als Vorsitzender des Verkehrsvereins „Rheingrafenstein“ zusammen. Die touristische Destination Bad Münster am Stein-Ebernburg hätte gelitten, wenn sich gleich zwei gastronomische Flaggschiffe verabschiedet hätten: Denn das Restaurant „Alt-Ebernburg“ hatte im September 2017 seine Pforten geschlossen, da sich die Besitzer beruflich anders orientierten, und die „Burgschänke“ war seit Februar 2017 verwaist, da Pächter Gebhard Benz seinen Vertrag nicht mehr verlängerte. Er wollte sich nur noch auf sein Restaurant „Ebernburger Hof“ konzentrieren.
Wenn es nun auf der Burg keine Einkehrmöglichkeit mehr gegeben hätte, „hätte das auch einen Negativ-Touch für andere Betriebe bedeutet“, so Köhl, der aber auch unumwunden zugibt, dass eine Portion Lokalpatriotismus für den Entschluss, die „Burgschänke“ zu pachten, verantwortlich war. „Aber die ‚Burgschänke‘ sollte keine 0815-Gaststätte werden, sondern die Gäste sollen merken, dass sie auf einer Burg sind“, unterstreicht Köhl. Inspiriert hatte den Mittelalter-Archäologen auch seine Ausstellung „Die Ebernburg – Denkmal deutscher und europäischer Geschichte“, die er im vergangenen Frühjahr auf der Burg aufbaute.
Zweiter Raum soll zu Mittelaltersaal werden
Die Möblierung für die „Burgschänke“ war kein Problem, denn sie war zum Teil schon im Amtshof eingelagert und stammte – einschließlich zwei Kirchenbänken – vom „Posthof“ in Bacharach. Auf den Teller der „Burgschänke“ kommen gängige Schnitzelvariationen, aber auch Saumagen und die Sickingen-Platte sowie Kleinigkeiten wie Flammkuchen. Weine gibt es ausschließlich von einheimischen Winzern.
Auch wenn Stefan Köhl und seine Familie, einschließlich erweiterter Verwandtschaft, „bis zum Anschlag“ (auch die einheimischen Handwerker zogen prima mit) bis zur Eröffnung für die umfangreichen Renovierungsarbeiten die Ärmel hochkrempelten, es bleibt noch einiges zu tun: Der zweite Raum in der „Burgschänke“ soll noch im Stile eines Rittersaals gestaltet werden.