Mucksmäuschenstille. Und das, obwohl der Saal voll ist. Das ist das Erste, was an diesem verregneten Samstag im Bonhoefferhaus auffällt. Hoch konzentriert sitzen sich Männer...
BAD KREUZNACH. Mucksmäuschenstille. Und das, obwohl der Saal voll ist. Das ist das Erste, was an diesem verregneten Samstag im Bonhoefferhaus auffällt. Hoch konzentriert sitzen sich Männer und Frauen an Vierer-Tischen gegenüber, die Karten in der Hand oder, ein Teil davon, abgelegt auf dem Tisch. Auf dem grünen Filz liegt ein sogenanntes Board, Herzstück des Turnier-Bridge, ein Kartenspiel wie jedes andere, mit dem Ruf, das „Schach unter den Kartenspielen“ zu sein.
100 Spieler nehmen an Turnier teil
Der Landesbridgeverband Rheinland-Pfalz/Saar trägt seit nunmehr drei Jahren an drei Wochenenden im Februar, März und April seine Teammeisterschaften in der zentral gelegenen Kur- und Badestadt aus. 100 Spieler haben sich dieses Jahr angemeldet, die Teilnehmer kommen aus den Clubs von Saarbrücken, Koblenz oder Speyer, aber auch aus Bad Kreuznach.
Jürgen Rabe ist einer von ihnen. Der Bad Kreuznacher spielt im Bridgeclub Nahetal, einer von zwei Clubs aus Bad Kreuznach. Rund 72 Mitglieder zählt der Club, gespielt wird Montag- und Mittwochnachmittag im Parkhotel Kurhaus. Vorsitzende ist Elisabeth Dierich aus Langenlonsheim, auch sie ist unter den Turnierspielerinnen und Turnierspielern im Bonhoefferhaus. Rabe hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Bridge-Spiel in Bad Kreuznach an den Mann oder die Frau zu bringen, denn, das wird auf den ersten Blick in die Runde deutlich, Bridge hat ein Nachwuchsproblem – ein „Alte-Tanten-Spiel“ ist es jedoch keineswegs. Rabe erklärt es sich mit den hohen geistigen Anforderungen, so passe das Spiel meistens nicht in die Lebensphase junger Eltern oder Berufstätiger, erst ab 40 werde es für viele – und dann bis ins hohe Alter – wieder interessant.
An der VHS bietet Rabe Einstiegskurse für Anfänger und Fortgeschrittene an. Gerade hat ein Kurs begonnen, immer donnerstags von 17 bis 19.30 Uhr, wer möchte, kann noch hinzustoßen. Denn Bridge ist ein Ausdauer-Spiel: Zwar dauert eine Partie nur sieben Minuten, bis jedoch ein ganzes Board – ein flacher Kartenhalter mit vier Fächern für jeweils 13 Karten – durchgespielt ist, vergehen zweieinhalb bis drei Stunden. Gespielt wird das komplette Board, immer zwei gegen zwei, jeweils die gegenüberliegende Seite, also „Nord-Süd“ gegen „Ost-West“, wobei jeder anders „bietet“ – und genau darin liegt der Reiz.
Sieben Stunden lang mit kleinen Pausen
„Bei jedem anderen Kartenspiel spielt das Kartenglück eine zentrale Rolle“, erklärt Herbert Thieme aus Ingelheim, Organisator der Teammeisterschaften im Landesverband, die besondere Leidenschaft für das Spiel.
„Bei Bridge spielt jeder mal die guten, mal die schlechten Karten, hier kommt es allein aufs Können an.“ Vorbildung, etwa in Skat und Doppelkopf, ist praktisch, denn beim Bridge werden ebenfalls Stiche gemacht, die Spieler behalten ihre eigenen Karten und die der anderen im Blick, wer wann mit welcher Karte sticht, ist entscheidend. Am Ende kommt es auf die die Relation im Ergebnis an – und so kann ein ganzes Spiel, anders als bei Skat, auch mit vermeintlich „schlechten“ Karten gewonnen werden. In der Tat ist es ein mathematisches Taktieren, die Variationen liegen bei „52 über 13“. 13 Karten pro Spieler, 52 Karten im Kartenspiel selbst, das ergibt eine Zahl von 135 Milliarden Möglichkeiten, rechnet Jürgen Rabe aus.
Nach sieben Stunden und kleinen Pausen ist Schluss für diesen Samstag, die Teilnehmer sind müde. Eine Zwölfergruppe, darunter das Ehepaar Bartley aus St. Ingbert, hat sich im Hotel Krone in Bad Münster eingemietet, denn am nächsten Morgen um 11 Uhr geht es weiter. „Nur noch was essen und ab an die Bar“, ist der Wunsch von allen, etliche Turnierteilnehmer fahren auch nach Hause und kommen am nächsten Morgen wieder.
Wer an diesem Wochenende nicht abschalten kann, ist Turnierleiter und Schiedsrichter Gunthart Thamm aus Bottrop. Er überwacht die Tische, überträgt die Ergebnisse in eine Tabelle und rechnet zwischendurch auch mal nach. Der Mann steht unter Dauerstrom: „Sie können die Regeln in einer halben Stunde lernen, das Reizen in einem halben Jahr, das Spiel selbst in einem halben Leben!“ Bridge ist sein Antrieb, das wird klar.