Ob Atomwaffen oder Kampfdrohnen – Bedrohungen in der Welt gibt es viele. Bei den Friedenswochen in Bad Kreuznach setzen zahlreiche Organisationen ein Zeichen gegen Krieg und Hass.
BAD KREUZNACH. Trümmerteile auf einer undefinierbaren Fläche, Reste von Baumwurzeln im Dreck und mittendrin ein einsamer Soldat – dort, wo vor vier Jahren noch blühendes Land gewesen sein soll. An den Fotos hängen gekräuselte, bunt leuchtende Glasstäbe. Die Fotos, die der Künstler Geert Koevoets seit Mai im Schlossparkmuseum und in der Römerhalle in der Ausstellung „Landschaften des Ersten Weltkrieges“ zeigt, sind düster. Die Leuchtspiralen stehen für die Hoffnung und die Zerbrechlichkeit der Grenze zwischen Leben und Tod, weiß Museumsleiter Marco van Bel. Mit einem kleinen Rundgang durch die Ausstellung wurden die 22. Friedenswochen in Bad Kreuznach eröffnet.
Sorge angesichts aktueller Kirsenherde wächst
Bei Carmen Gaul, 71, kamen die Erinnerungen an die Erzählungen ihres Großvaters beim Anblick der Fotos schnell wieder hoch: „Er wurde im Ersten Weltkrieg zum Militär eingezogen und hat mir viel davon erzählt.“ Wie eine Zeitzeugin fühle sie sich jetzt – und ist ganz sicher: „Die Soldaten haben damals gar nicht gewusst, was da eigentlich gerade passiert. Die haben das ja aus Ehre für das ‚Vaterland’ gemacht.“ Die aktuellen Krisenherde weltweit machen auch Gaul Sorgen: „Es gibt ja so viele friedliche Aktionen – aber die Politik macht uns kaputt. Auch die Medien berichten immer nur von Angst und Hass“, findet sie. Die Friedenswochen, organisiert vom Netzwerk am Turm und vielen weiteren Unterstützern, möchten ein Zeichen für den Frieden setzen und die Menschen für das Thema sensibilisieren. Pfarrer Siegfried Pick vom Pfarramt für Ausländerarbeit nannte gegenüber der AZ das US-Atomwaffenlager Büchel exemplarisch als neuralgischen Punkt in der Umgebung. Das diesjährige Motto „Krieg 3.0“ soll besonders auf die Gefahr atomarer Aufrüstung und autonomer Waffen wie etwa Kampfdrohnen aufmerksam machen. Geplant ist dazu unter anderem eine Diskussion über Sinn und Unsinn des Bundeswehreinsatzes in Mali.
Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer weiß seit einiger Zeit von einem insgesamt „raueren Ton“ in Politik und Gesellschaft zu berichten, was zu allgemeiner Verunsicherung bei den Menschen führe. Umso wichtiger sei es, dass Friedensbewegungen von der breiten Bevölkerung ausgingen. „Zum Volkstrauertag am Ehrenfriedhof im Lohrer Wald kommen immer weniger Menschen, gerade junge Leute fehlen“, sagt Kaster-Meurer. Sie selbst werde bald Mitglied der Organisation „Mayors for Peace“, erklärt sie. Einer Gruppe von weltweit über 7000 Stadt- und Gemeindechefs, die sich insbesondere für die atomare Abrüstung einsetzen.
Anne Wolf von der erst kürzlich gegründeten Initiative „Aktiv für Frieden“ trug einen eindringlichen Appell an die Oberbürgermeisterin vor: „Niemand ist stärker berechtigt, eine Friedensbewegung voranzutreiben, als die gewählten Repräsentanten der Stadt.“ Wolf hofft indes in ihrer Bewegung noch auf Nachwuchs. Aktuell sind fünf bis sechs Mitglieder dabei – vor allem Rentner und junge Leute will sie als zukünftige Mitglieder in der Mission für den Frieden gewinnen.
Volker Metzroth vom DGB-Kreisverband Bad Kreuznach machte gegenüber der AZ auf die am Volkstrauertag immer wieder stattfindenden Demonstrationen von Neonazis am Denkmal „Feld des Jammers“ in Bretzenheim – einem Gefangenenlager des Zweiten Weltkrieges – aufmerksam. Auch gegen diese Bedrohung müsse man sich wehren: „Wenn wir den Frieden nicht erhalten können, dann ist all das, was wir bisher erreicht haben, für die Katz“, sagt Metzroth.
Bei Carmen Gaul sind es die Erinnerungen an ihren Opa nach dem Krieg, die sie nachdenklich werden lassen. Und wenn man sie konkret fragt, hat sie eigentlich nur einen einzigen vermeintlich einfachen Wunsch: „Dass so etwas nie wieder passiert.“