Bad Kreuznach: Vortragsreihe „Fluchtursachen kompakt“...

An der Gesprächsrunde in der Vortragsreihe „Fluchtursachen kompakt“ nahmen teil (v.l) ein Dolmetscher, Tahani Maan, Stefanie Bartlett, Nedal Alhalabi und Historiker Oliver M. Piecha.Foto: Elena Bahmann  Foto: Elena Bahmann
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Die aktuellen Nachrichten sind seit Monaten täglich voll mit immer neuen Schreckensmeldungen über Krieg, über gekenterte Schlepperboote im Mittelmeer und die katastrophalen...

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BAD KREUZNACH. Die aktuellen Nachrichten sind seit Monaten täglich voll mit immer neuen Schreckensmeldungen über Krieg, über gekenterte Schlepperboote im Mittelmeer und die katastrophalen Zustände in Flüchtlingslagern zum Beispiel in Jordanien und dem Libanon. Um die aktuelle Debatte über Flüchtlinge, Fluchtursachen und Beweggründe der Menschen aus den Krisenländern zu verstehen, hat das Pfarramt für Ausländerarbeit Bad Kreuznach, in Kooperation mit der Fridjof-Nansen-Akademie für politische Bildung des Weiterbildungszentrums Ingelheim, die sechsteilige Vortragsreihe „Fluchtursachen kompakt“ ins Leben gerufen.

Teil eins hatte den Titel „Syrien“. Im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Bad Kreuznach informierte Referent Dr. Oliver M. Piecha, Historiker aus Wiesbaden, ausführlich über die mittlerweile alltäglichen politischen und humanitären Zustände in Syrien. So erklärte Piecha: „Der Krieg in Syrien ist schon länger kein syrischer Krieg mehr, er ist ein Krieg, der sich in Syrien abspielt.“ Zu den Fluchtursachen zählen: die seit 2011 immer schlimmer werdenden direkten Kampfhandlungen, die ethnisch-religiöse Säuberung durch die Regierung, die fast komplette Zerstörung der Infrastruktur, der ökonomische Kollaps sowie die absolute Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit der Bevölkerung. Von den ehemals fast 23 Millionen Syrern sind nach aktuellen Zahlen bereits über die Hälfte der Menschen vertrieben worden. Historiker Piecha erklärt die Situation: „Die Regierung ist froh über jeden, der geht. Sie wollen die Menschen aus dem Weg haben.“ Denn die vielen Flüchtlinge sind eins der effektivsten Kriegsmittel. „Damit hat Assad Europa in der Hand. Denn wir machen dem Land alle Eingeständnisse, wenn er verspricht, dass es keine Flüchtlinge mehr gibt“, so Piecha.

Im Anschluss an Piechas Vortrag fand eine Fragerunde mit zwei syrischen Flüchtlingen, die erst seit wenigen Monaten in Bad Kreuznach leben, statt. Tahani Maan ist mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann vor 15 Monaten nach Deutschland gekommen. Die Fragen der Interviewerin Stefanie Bartlett, Mitarbeiterin „Aktiv für Flüchtlinge in der Region Bad Kreuznach“, beantwortet Tahani schon in sehr verständlichem Deutsch. Der Dolmetscher, der mit in die Gesprächsrunde gekommen war, wurde nicht mehr benötigt. Maan erzählt: „Wir haben am Stadtrand von Damaskus gelebt und hatten noch ein Sommerhaus auf dem Land. Die Kinder haben private Schulen besucht.“ Doch nach über fünf Jahren der Angst haben sie und ihre Familie es nicht mehr ausgehalten und sind geflüchtet. „Ich hatte jeden Tag Angst, ob die Kinder aus der Schule zurückkommen“, erzählt die Mittdreißigerin.

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Auch Nadal Alhalabi ist vor 13 Monaten nach Deutschland gekommen. Der 31-jährige Buchhalter aus Aleppo berichtet: „Ich wollte in diesem Krieg keine Waffen tragen und Menschen töten müssen.“ Deshalb hat er sich über China und die Türkei auf nach Deutschland gemacht. Nadal lernt erst seit fünf Monaten Deutsch, hatte aber schon eine erste Arbeitsstelle in Deutschland. Jetzt will er versuchen, über ein Praktikum wieder in seinem ursprünglichen Beruf Fuß zu fassen. Sowohl Nadal als auch Tahani sind glücklich, jetzt in Deutschland zu sein. „Meine Kinder gehen in die Schule hier, ich muss nicht jeden Tag Angst um sie haben. Ich wünschen mir nur eine Arbeit und dass meine Kinder in Frieden aufwachsen können“, erklärt die Mutter.

Von Elena Bahmann