Freitag,
24.02.2017 - 00:00
6 min
Mit Spiel, Spaß und Schere
Von Karl M. Wirthwein, Martina Wirthwein, und Ali Reza Houshami

In Osthofen hatten sich die CCO-Wingertshexen Spiele für VG-Chef Walter Wagner (Mitte, mit Perücke) und Stadtbürgermeister Thomas Goller (links daneben, ebenfalls mit Perücke) einfallen lassen. Foto: photoagenten/Andreas Stumpf ( Foto: photoagenten/Andreas Stumpf)
VG WONNEGAU/VG MONSHEIM/ VG EICH - Wehe sie werden losgelassen, dann sind sie nicht mehr zu halten: An Altweiberfastnacht erstürmten die CCO-Wingertshexen traditionell das VG-Verwaltungsgebäude in Osthofen und sorgten für Wirrwarr in den Amtsstuben. Jetzt sind sie im Besitz des Rathausschlüssels und das Verwaltungsgebäude gehört ihnen.
Vorahnung lag in der Luft – dann der Schrei der Hexen. Von weitem waren sie schon zu hören. Das konnte nichts Gutes verheißen. Sofort löste VG-Bürgermeister Walter Wagner den Alarm aus. „Die wollen ja schon wieder den Rathausschlüssel“, rief er besorgt. Mit Holzstäben und Hula-Hoop-Reifen standen die Verwaltungsleute Spalier. Diese Barrieren sollten vor dem Überfall schützen. Doch die Abschirmung funktionierte nicht. Das sollte sich gleich zeigen.
Das Geschrei der Hexen wurde lauter. „Sie kommen immer näher“ stellte Stadtbürgermeister Thomas Goller fest. Und dann war alles zu spät – die Weiber stürmten das Rathaus. „Endlich mal eine gemeinsame Partei und eine Meinung am Entscheidungstisch“, freute sich Hexe Eleonore Ferino. Lange Diskussionen gibt es im neuen Hexenrat nicht. Vielmehr wollten die Weiber gleich zur närrischen Tagesordnung übergehen, wenngleich es nur einen Programmpunkt gab – und der hieß Feiern. Verständlich, dass es keine Gegenstimmen gab. Luftschlangen wurden ausgeblasen, Konfetti verstreut und die Musik aufgedreht. Der Ratssaal glich einer Partyhochburg. Auch den Bediensteten schien es zu gefallen; mal was anderes, als das übliche Verwaltungsleben.
Die Oberhäupter hatten noch die Möglichkeit, durch Lösung gestellter Aufgaben ihre Ämter wieder zu erlangen. Aber erst am Aschermittwoch wollen die Hexen die Verwaltung wieder freigeben und den Schlüssel zurückgeben. Doch wirklich böse sind die Hexen nicht. Sie wollen nur feiern und sammelten auch in diesem Jahr Spenden zugunsten guter Zwecke.
Auch die Offsteiner Schnattergänse streiften wieder durch den Ort. Nachdem sie unter anderem die Weingüter abgelaufen und dort Geld für den guten Zweck gesammelt hatten, waren die Hexen auf den Straßen unterwegs und kassierten von den Autofahrern Wegezoll. Die meisten nahmen es mit Humor und hatten bereits Münzen und Scheine beiseitegelegt, dass sie in die Kasse wandern ließen. Die Spendenwilligen erhielten im Gegenzug Brötchen.
Spendenscheck an den Ortschef überreicht
Pünktlich um 11.11 Uhr stürmten die Hexen in Richtung Ortsverwaltung, wo sie von Ortsbürgermeister Robert Kuhn den Rathausschlüssel einforderten. „Bis Aschermittwoch, so soll es sein, werden wir im Rathaus die Hausherren sein“, rief Hexe Melanie Schmitz und verbannte Robert Kuhn von seinem Schreibtisch. Belagert von den Hexen blieb Kuhn nichts anderes übrig, als ihnen in Offstein die Macht zu überlassen: „Ich wünsche euch viel Glück und dass es kracht, ein Hoch auf die Offsteiner Fassenacht.“
Zwar ließen die Hexen ihn nicht frei, ohne seine Krawatte vorher abgeschnitten zu haben. Dafür überreichten sie dem Ortschef aber auch einen Scheck in Höhe von 1500 Euro. Diese Summe haben die Hexen in den vergangenen beiden Jahren sammeln können. Das Geld wird dieses Mal in neue Spielgeräte investiert. Ein Klettergerüst, eine Nestschaukel sowie eine Seilbahn und ein Trampolin wurden beziehungsweise werden noch für die drei Spielplätze in Offstein angeschafft.
Auch das VG-Rathaus in Eich hielt der Erstürmung der Fastnachts-Hexen nicht stand. Dort machten sich die Altrheinhexen den Arbeitsplatz von Bürgermeister Maximilian Abstein zu Eigen. Die Gruppe um Oberhexe Petra Schmidt erhielt dieses Mal sogar Verstärkung. Die Hexen aus Alsheim waren mit von der Partie, als in der Verwaltung gefeiert, getrunken und gegessen wurde. Natürlich erlaubten sie sich auch den Spaß, die Krawatte Absteins zu kürzen. Es wurde dann kräftig gesungen, bevor die Hexen wieder raus auf die Straße gingen und von den Autofahrern und Fußgängern Wegezoll verlangten. „Das Geld kommt dieses Mal den Kindergärten in Eich zugute“, sagt Petra Schmidt.
Feindliche Übernahme konnte nicht verhindert werden
In Alsheim kannte Oberhexe Lisa Jäger kein Erbarmen mit Wolfgang Hoffmann. Erneut war es dem Ortschef nicht gelungen, das Rathaus zu verteidigen. Er scheiterte mitsamt Gemeinderat an der Übermacht der närrischen Weiber. Jahr für Jahr aufs Neue nehmen es die männlichen Ratsmitglieder mit den Spitzhutträgerinnen auf, die nur eines im Sinn haben: das Rathaus zu stürmen, den Schlüssel an sich zu reißen und als Trophäen so viele Schlipsenden wie möglich zu ergattern. Dass sich die Herren der Schöpfung zu diesem Zwecke alte und nicht mehr ganz so schöne Schlipse umbinden, stört die Weiber allem Anschein nach nicht. Kurzum: Die Warnung des närrisch militärischen Abschirmdiensts der Gemeinde Alsheim (CCA) hat nichts genützt.
Trotz Sondersitzung mit dem Ziel, die feindliche Übernahme zu verhindern, haben es die Hexen auch in der Kampagne 2017 geschafft, den Schlüssel zu erobern und sich die Herrschaft über die Weinbaubaugemeinde zu sichern. Zumindest bis Aschermittwoch, denn dann ist bekanntlich wieder alles vorbei.
Die Weiber hatten sich zuvor auf die Erstürmung eingestimmt, trotz Windböen und Regen. Doch der Tanz ums Hexenfeuer gehört ganz einfach dazu. Ob es dem Wettergott passt oder nicht. Recht flott stürmten sie dann nach erfolgreicher Übernahme den Ratssaal und genossen die „Hexengetränke“, die ihnen des lieben Friedens willen ausgeschenkt wurden. Derart besänftigt und eingestimmt machten sie sich mitsamt Ortsgremium und den Bollerwagen ziehend auf zum Bürgerhaus, denn dort ging das närrische Treiben bei Musik und Tanz weiter.
In Monsheim versuchten VG-Bürgermeister Ralph Bothe und seine Kollegen, die Eingangstür der VG-Verwaltung zu verteidigen. Dem Angriff der Hexen hielten sie aber nur kurz stand. Traditionell trieben die närrischen Weiber in den Büros ihr Unwesen und schnitten den Männern die Krawatte ab, bevor sie zum Rathaus stürmten. Nachdem Ortsbürgermeister Michael Röhrenbeck ihnen den Rathausschlüssel überlassen hatte, gingen die Hexen wieder auf die Straße und kassierten Wegezoll ein. Hatten man vergangenes Jahr 2500 Euro gesammelt, waren zur Mittagszeit schon 1300 Euro in der Spendenkasse. Die Monsheimer Jungen und Mädchen werden sich freuen. „Das Geld ist nämlich für die Grundschule Monsheim vorgesehen“, informiert Oberhexe Astrid Milch.
Wer in der Mettenheimer Ortsverwaltung Behördengänge zu erledigen hat, braucht Nerven wie ein Drahtseil. Zumindest bis Aschermittwoch. Doch sind keineswegs sture Beamten daran schuld – nein, die Situation ist viel schlimmer. Hexen und „weiße Greise“ haben das Amtszimmer von Maximilian Abstein gestürmt und sind nun im Besitz des Rathausschlüssels. Der Überfall war von langer Hand geplant. Wie aus dem Nichts flogen die Hexen mit ihrem Besen das Amtshaus an.
Vor der Eingangstür waren sie mit den „weißen Greisen“ verabredet. Das Geschrei der Hexen und das Rattern der Rollatoren waren schon von weitem zu hören. Laut kreischend machten die Weiber deutlich, wer hier bis Aschermittwoch das Sagen hat: nämlich sie. Alles ging sehr schnell. Keiner der anwesenden Männer hatte überhaupt eine Chance, sich in Sicherheit zu bringen. „Die Schere ist gewetzt“, hörte man eine Hexe schreien, die sich sogleich auf Abstein stürzte und ihm schnipp-schnapp den Schlips kürzte. Das Paradoxe dabei: Als Dank wurden auch noch Küsschen verteilt. „Endlich sinn mol die Alte dran un net bloß die junge“, hörte man eine Dame aus den Reihen der „weißen Greise“ erfreut rufen. Keine Chance also für Abstein, denn trotz besänftigender Worte musste er sich geschlagen geben und den Schlüssel zur Dienststelle herausrücken. Sekt und Brezeln taten ihr Übriges, um die Weiber und Greise zu besänftigen.