In Dittelsheim-Heßloch und Osthofen beteiligen sich Jugendliche an den Feierstunden zum Volkstrauertag. In der Kloppberggemeinde lautet das Motto: „People for Future“.
Von Katarina Schröder und Markus Holzmann
Die Osthofener begingen den Volkstrauertag auf dem Bergfriedhof.
(Foto: BilderKartell/Martin H. Hartmann)
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DITTELSHEIM-HESSLOCH/OSTHOFEN - Der Volkstrauertag, an dem deutschlandweit der Opfer von Gewalt und Krieg gedacht wird, verliert in der Bevölkerung zunehmend an Bedeutung. In zahlreichen Gemeinden finden Veranstaltungen im Zeichen der Trauer statt. Dabei wird traditionell ein Kranz niedergelegt und Ortsbürgermeister sowie Pfarrer halten Reden. Nicht so in Dittelsheim-Heßloch. Natürlich gab es auch dort diese traditionellen Elemente, so legte die örtliche Feuerwehr den Kranz nieder, der katholische Kirchenchor Cäcilia umrahmte gemeinsam mit dem Musikverein die Feierstunde, die mit der Nationalhymne beendet wurde.
Um die besondere Bedeutung des Tages herauszustreichen, hatten Ortsbürgermeisterin Elisabeth Kolb-Noack, die evangelische Schulpfarrerin Lilli Agbenya und der katholische Diakon Reinhold Lang eine neue Form der Gedenkstunde organisiert, um dabei nicht nur auf das Leid der vergangenen Kriege zurückzusehen, sondern auch das aufzunehmen, was Menschen heute bewegt. Das Motto lautete deswegen auch „People for Future“, in Anlehnung an das englische Wort für „Volk“ und ganz im klimapolitischen Trend der „Fridays for Future“-Bewegung. Dabei galt: „Wir denken an die Opfer der vergangenen Kriege. Wir wollen keine neuen Kriege.“
Im Jahr 1945 hätten die Menschen gesagt „Nie wieder Krieg“, erinnerte Elisabeth Kolb-Noack daran, dass danach im Kalten Krieg Hass, Propaganda, Spionage, Drohungen und atomare Aufrüstung in weiten Teilen der Welt herrschten. Auch ging die Ortsbürgermeisterin auf die Balkankriege zwischen 1991 bis 1999 ein. Aktuell dominierten die Flüchtlingskrise, die Klimakrise und weitere weltweite Bedrohungen. Gemeinsam würden Jung und Alt erinnern, ermahnen und gedenken. Die wirksamsten Mittel gegen Hass, Lügen und Morde sei Mitmenschlichkeit, das miteinander Reden und das gegenseitige Vertrauen. „Auch wenn der Feind heute nicht mehr direkt gegenüber sitzt, so ist die Kriegsbedrohung da, sie ist nur anders und schlimmer geworden“, sagte Kolb-Noack.
Die Osthofener begingen den Volkstrauertag auf dem Bergfriedhof. Foto: BilderKartell/Martin H. Hartmann
Unter dem Motto „People for Future“ gestalteten Jugendliche die Feierstunde in Dittelsheim-Heßloch mit. Foto: BK/Martin H. Hartmann
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Der Volkstrauertag sei Gedenken an die Unschuldigen, die starben, er sei Mahnung und müsse aufrütteln, erklärte Reinhold Lang. Er forderte, dass der Tag eben keine Heldengedenkveranstaltung der Älteren als Erinnerung, sondern ein Tag der Mahnung sein müsse. Man müsse auf die Menschen achten, die keine Lebensgrundlage hätten und deswegen auf der Flucht seien. Lilli Agbenya zitierte die Bibel: „Und Gott, der Herr, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn baute und bewahrt.“ Der Mensch, sagte die Pfarrerin, habe es schon immer sehr gut gekonnt, die Erde zu nutzen und zu bebauen, das Bewahren habe man aber schlicht schon immer ignoriert. Anlass für Kriege seien nicht mehr andere Kulturen, sondern oft der schwindende Lebensraum.
Passend zu dem Bibelzitat hatten Jugendliche der Gemeinde den „Earth Song“ von Michael Jackson einstudiert. Schon im Jahr 1995 stellte der King of Pop die Frage „What about us?“ (Was ist mit uns?). Passend zu Liedzeilen wie „Was haben wir der Welt angetan?“ oder „weinende Erde“ hatten die Jugendlichen aufrüttelnde Bilder gemalt, die ihren Auftritt eindringlich unterstrichen.
Auch in Osthofen versammelten sich in der Trauerhalle des Bergfriedhofs die Bürger zum gemeinsamen Gedenken. Den Auftakt machte der Männergesangverein 1845 mit dem Werk „Wir sind Pilger hier auf Erden“ von Franz Höß. Der musikalischen Darbietung folgte eine Ansprache des Stadtbürgermeisters Thomas Goller. „Um den Toten eine Stimme zu verleihen, haben wir uns hier versammelt“, verdeutlichte Goller die Wichtigkeit der Gedenkveranstaltung. Es müsse an das unermessliche Leid der vergangenen Kriege erinnert werden und ebenso den Opfern und Angehörigen gedacht werden, die ihr Leid oftmals unausgesprochen ließen. Auch heute noch habe der Volkstrauertag nichts von seiner Aktualität verloren. Die Welt sei nicht sicherer geworden. Im Gegenteil: Man denke an den Syrienkrieg und Staaten wie Libyen und Somalia, die nicht zur Ruhe kommen wollen. „Im Grunde bleiben Frieden und Freiheit immer ein Wagnis, sie müssen täglich neu errungen werden“, zitierte der Stadtbürgermeister und appellierte damit insbesondere an die junge Generation, die Vergangenheit nicht zu vergessen und aktiv zu handeln. Dem Stadtbürgermeister schloss sich Alexander Ebert von der evangelischen Kirchengemeinde an. Er schilderte die Bedrängnisse des Hiobs in Form einer Predigtmeditation und verwies auf das Leid, das sich während der NS-Zeit in Polen zutrug. Trotz des Ausbleibens von Antworten zeige die Geschichte Hiobs, wie Gott den Menschen auch im Leid auf Schritt und Tritt begleite. Nach einem Gebet, vorgetragen von Thomas Hassemer von der katholischen Kirchengemeinde, folgte Miquel Matanovic, Schüler der IGS Osthofen, mit dem Vortrag zweier Gedichte. Zwei Gedichte, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Eines als Sinnbild für den Frieden, das andere als Schilderung der Kriegsschrecken. Der Schüler stellte abschließend die Frage, ob Frieden ohne Krieg möglich sei? Matanovic erklärte: „Ein Frieden ohne Krieg ist möglich.“ Jeder Mensch müsse seinen eigenen inneren Frieden finden. Erst dann könne der Frieden nach außen getragen werden. Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Kranzniederlegung am Ehrenmal durch die Freiwillige Feuerwehr Osthofen, musikalisch untermalt durch das Wonnegauer Blasorchester.