Ein „Programm zwischen Morgen und Grauen“ präsentierte das Ensemble „WortSpiel“ bei der letzten Sommerveranstaltung des Wörrstädter Kulturkreises. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
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WÖRRSTADT-ROMMERSHEIM - Ganz viele Instrumente warten in der Rommersheimer Scheier 1664 auf die vier „WortSpieler“: Gitarren, Bass und Akkordeon. Christian Hoch, Peter Holdenried und Hans-Peter Lawall als Multi-Instrumentalisten und Elisabeth Verhoeven als Cellistin und Vorleserin spielen vor komplett ausverkauftem Haus ein „Programm zwischen Morgen und Grauen“. „Gute Nacht“ heißt das Motto dieses letzten Abends im Sommerprogramm des Wörrstädter Kulturkreises.
Theodor Storms Gedicht „Es ist ein Flüstern in der Nacht“, in Noten gesetzt vom Dragseth Duo, macht den Anfang. Es gibt von allem etwas: Erotik, Grusel, romantisches Flair, tiefen Ernst und Scherzhaftes – was zwischen Abenddämmerung und erstem Tageslicht auch geschehen mag, findet zusammen zu einem stimmigen Reigen aus Musik und Wort. Christian Hoch, zuständig für die sympathischen Zwischenansagen, meint scherzend: „Für den erotischen Teil der Nacht können wir nur musikalisch sorgen.“
Verhoeven rezitiert das Gedicht der Lyrikerin Selma Meerbaum-Eisinger „Ich bin die Nacht“ – und im Publikum herrscht erst mal Stille. Der Text muss sich erst mal setzen. Es ist die berührende Dramaturgie der Lieder und Texte in Lyrik und Prosa, die aufeinander abgestimmt, sich ergänzend, eins aufs andere aufbauend, die Zuhörerschaft mitnimmt auf diese Nachtreise.
TERMIN
Im Rahmen der Bachwoche veranstaltet der Kulturkreis Wörrstadt am Donnerstag, 14. September, ein Konzert „Delikatessen“ mit dem Quartett „Passo Avanti“.
Mehr Informationen gibt es im Internet unter: www.kulturkreis-woerrstadt.de.
Die Singstimme von Holdenried passt sich dem Sujet an, ob beim Volkslied, wie „Ich hab die Nacht geträumet“ und „Dat du min Leevsten bist“, oder den neoromantischen „Es ist schön“ von Erich Schmeckenbecher oder „Die Nachtigall“ vom Dragseth Duo. Reinhard Meys „Gute Nacht, Freunde“ darf nicht fehlen, Klaus Hoffmann wird zitiert mit „Gerda“, „Salambo“ und „Flügel“ und Konstantin Wecker mit „In diesen Nächten“. Die Beatles sind vertreten mit „Norwegian Wood“ und „Blackbird“.
Großartig ist es, die ausgewählten Gedichte und Prosatexte zu hören. Joseph von Eichendorffs „Zwielicht“, Friedrich Hölderlins „Die Nacht“, Rainer Maria Rilkes „Menschen bei Nacht“. Theodor Fontanes „Sylvester Nacht“ jagt dem Lauschenden Schauer über den Rücken, Erich Kästner kann bei „Eine Frau spricht im Schlaf“ fürs Gruseln sorgen, doch findet sein Text am Ende eine Wendung und bringt die Zuhörer zum Lachen. Erst recht Heinz Erhardts „Der König Erl“ und Robert Gernhardts „Zwei Sätze zu Eichendorff“. Verhoeven liest all dies ganz wunderbar: Romantik ohne Kitsch, Bedeutungsvolles ohne falsches Pathos. Die diplomierte Sprecherin, als Moderatorin in Rundfunk und Fernsehen zu hören, versteht ihr Handwerk. „Wichtiger als der Autor ist es mir, selbst einen Bezug zum Text zu haben.“ Die Beziehung zum Text entsteht nicht von selbst, sie ist erarbeitet und sie lässt beim Hörer den Funken überspringen. Und lockt, wie mit Wiglaf Drostes „Die Rolle der Frau“, ein wissendes Kichern hervor und einen Blick auf das eigene Speckröllchen, den „Halbmond unter dem Nabel“.
Drei Zugaben fordert das Publikum und zeigt sich beim Mitsingen textsicher: „Der Mond ist aufgegangen“. „Ein Höhepunkt im diesjährigen Programm“, freut sich die Kulturkreis-Vorsitzende Birgit Gladrow. „Was für ein schöner Abend!“