Der Bonner Jazzchor wusste sein Publikum musikalisch zu verzaubern. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
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WÖRRSTADT - „Tolle Stimmen, tolle Chorleiterin, einfach tolle Menschen“, lautet einer der Gästebucheinträge, neben Einträgen und Dankesbekundungen wie „Danke für das hammermäßige Konzert im Wörrstädter Wohnzimmer“ oder auch „Absolut wiederholungsbedürftig.“ Es sind Reaktionen auf ein Konzert, das Spuren hinterlassen hat. Ein Konzert, dass den Ansprüchen der Veranstaltungsreihe des Liederkranzes absolut Genüge tat.
Blick über den Tellerrand hinaus
„Kultur im Haus“ heißt die Reihe, bei der es nicht nur darum geht, Leben in die Sängerhalle zu bringen, sondern auch ein Stück Kultur in das Herz der Gemeinde zu tragen. Und dafür schaut der Wörrstädter Chorleiter Andreas Arneke auch gerne mal über den Tellerrand. So auch am Sonntag. Denn bei einem Konzert in Frankfurt ist Arneke auf den perfekten Showact für die Kulturreihe gestoßen: den Bonner Jazzchor unter der Leitung von Sascha Cohn. Angesichts der wartenden Hochkaräter blieb keine Zeit für großes Redenschwingen, erklärte auch die Vorsitzende des Liederkranzes, Beate Petry. „Auf, lasset uns singen“, lautete ihr Aufruf, dem Wörrstadt und Bonn folgten. Bühne frei für einen preisgekrönten Chor, der die Sängerhalle zum Beben, Staunen, Lachen und Weinen brachte.
Zuschauer rückten dicht an dicht, damit jeder in den Genuss des Konzertes kommen konnte, auf das alle gespannt warteten. Der Auftakt gehörte aber den Gastgebern. Mit „Mad World“ stimmten „Overcross“ auf den gefühlvollen, musikalischen Abend ein. Dann gehörte die Bühne ganz den 31 Bonner Gästen, die ihre Mühe hatten, auf der kleinen Bühne Platz zu finden.
Und dann ließ das Ensemble die ersten Töne des energiegeladenen Stückes „Don’t wanna Dance“ erklingen. Begleitet durch die eigenen Stimmen, ganz ohne Instrumente. Es ist der Beweis dafür, dass Bonn den Jazz lebt. Und Wörrstadt lebte ihn mit. Ruhig sitzen bleiben? Keine Chance bei dem poppigen Stück, das von den Wänden der Sängerhalle widerhallt. Schwingende Füße, im Takt wippende Hände, lächelnde Gesichter und glänzende Augen waren nur einige der Reaktionen im Publikum, welches das Spektakel auf der Bühne wie gebannt verfolgte.
Doch auch eine große Portion Melancholie haben Sascha Cohn und ihre Sänger mitgebracht. Mit Werken wie „Der Tag“, ein Stück über Abschied und Sehnsucht oder „End of the World“ mit der Frage „At the End of the world, will you find me?“ – wenn alles am Ende ist, hälst du trotzdem zu mir? – sorgte das Bonner Jazzorchester für Gänsehautmomente. Vor allem, als sie den Klassiker „Kein schöner Land“ in ein völlig neues Licht rückten. Doch bevor Leiterin Sascha Cohn und ihr Chor loslegten, traf sich Wörrstadt gesanglich zur Abendzeit unter den Linden. Der Jazzchor bekundete Beifall, um dann ihre kraftvolle Interpretation des Volksliedes zu schmettern. Einen Zuschauer bewegte das ganz besonders. Völlig ergriffen von der Stimmgewalt, kullerte ihm eine Träne über die Wange. Eine Freudenträne, wie sein Lächeln verriet. Der Beweis für die Magie, die das Jazzorchester versprüht. So wie ihm ging es einigen der Zuhörer. Und schämen musste sich dabei keiner. Denn wo sonst, wenn nicht im Wohnzimmer, kann man seinen Gefühlen freien Lauf lassen?