SCHORNSHEIM - Soll nur einer sagen, Frauen seien redseliger als Männer! Die Schornsheimer Bauern und Schneider jedenfalls, die sich über Jahre hinweg nach der Arbeit „uff’m Dalles“ trafen, hatten immer was zu „babbeln“. Ging es 1928 um den Streik in der Textilwirtschaft, der die einheimischen Handwerker mit Aussperrung und Verdienstausfall bedrohte, so räsonierten die Herren später über die Abwanderung der Schneider zur Polsterei des Autoherstellers Opel oder machten sich einen Jux daraus, einen „vornehmen“ Städter auf der Suche nach einem Kartoffelbauern kreuz und quer durch den Ort zu schicken.
Wie früher im wirklichen Leben, saßen sich jetzt bei der Veranstaltung „Rheinhessen und Schornsheim im Wandel“ wieder sechs Herren auf zwei Bänken gegenüber und plauderten über dieses und jenes. „Es war der Wunsch vieler Mitbürger, unseren Beitrag zum Rheinhessenjubiläum dieses Jahr fortzuführen“, erklärte Ortsbürgermeister Heiko Schmittbetz zu Beginn des geschichtlichen Informationsabends, und die Resonanz gab ihm Recht: Der Saal im evangelischen Gemeindehaus war komplett gefüllt, als die Laienspieler ihr „Gebabbel uff’m Dalles“ zum Besten gaben. Mit großem schauspielerischem Talent erinnerten die „Bauern“ Manfred Frey, Volkhard Hammen und Hans Hofmeister im Gespräch mit den „Schneidern“ Axel Hess, Norbert Messinger und Ehrenfried Strunk an Geschehnisse, die vor vielen Jahren Ortsgespräch waren. Genüsslich ließen sie den „Fremden“ Martin Schnauber durch die Gemeindegassen irren, während sich ihre „Ehefrauen“ Liesbeth (Irmgard Nehrbaß) und Kät’sche (Silke Barth) am Kaffeetisch über’s „Latwerje“-Kochen und einen Ausflug zur Kerb in Gabsheim ausließen. Das Publikum dankte ihnen mit lang anhaltendem Beifall, in den es auch Regisseurin Susanne Schwarz-Steinherz sowie die Textlieferanten Philipp Blödel und Günter Hammen, mit einbezog.
Vortrag über rheinhessisches Selbstbewusstsein
Zum Einstieg hatte Margarethe von Rüdeln in einem ebenso unterhaltsamen wie informativen Vortrag erklärt, was es mit dem Selbstbewusstsein der Rheinhessen und damit auch der Schornsheimer auf sich hat. Die Entwicklung begann nach ihren Worten 1792 mit der Besetzung durch die französische Revolutionsarmee und deren Idee von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Als Rheinhessen 1801 dem französischen Staat einverleibt wurde, veränderte sich das Leben der Menschen signifikant, erklärte die Referentin. Kirche und Staat sowie Justiz und Verwaltung wurden getrennt, französisches Recht für alle eingeführt, die Leibeigenschaft abgeschafft und Gewerbefreiheit gewährt. Als Rheinhessen nach dem Wiener Kongress dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt zugeschlagen wurde, bestanden die linksrheinischen Bürger darauf, diese Freiheiten zu behalten: Das neu entwickelte rheinhessische Selbstbewusstsein ließ etwas anderes nicht mehr zu.
Wehmütige Erinnerungen an den jahrhundertealten Heyerbaum weckte anschließend der Bildvortrag von Günter Hammen. Die Ulme am Ortsausgang war mehrfach vom Blitz getroffen und 1979 endgültig zerstört worden. Geoffrey Steinherz hat sie in einer Ballade verewigt, die er zum Abschluss des Abends zur Klavierbegleitung von Werner Hartmann zum Besten gab. Das Publikum war begeistert und stimmte gern mit ein.