Saulheimer Handballer spendet Stammzellen an Niederländer
Vor rund einem Monat kam der Anruf der DKMS - Wie Saulheims Handballer Robin Kuntz trotz geringer Chance Stammzellenspender wurde.
Von Torben Schröder
Robin Kuntz bei der Stammzellenspende in Köln.
(Foto: Kuntz)
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SAULHEIM - Der Anruf kam nach acht Jahren. 2011 hatte sich die Handballmannschaft der SG Saulheim typisieren lassen. Damals war ein Verantwortlicher des – eigentlich rivalisierenden – TV Nieder-Olm erkrankt, was die Saulheimer zum Anlass nahmen, sich bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) als potenzielle Spender registrieren zu lassen. Vor vier Jahren hatten sich nochmals 40 Funktionäre, Spieler und auch Spielerinnen der SG mit Wattestäbchen Speichelproben aus dem Mund entnehmen lassen. Seitdem sind sie registriert, wie es jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 55 Jahren sein kann.
Rund einen Monat ist es her, dass die DKMS sich bei Robin Kuntz gemeldet hat. „Ich war überrascht, hatte es gar nicht mehr auf dem Schirm“, erzählt der Saulheimer Rückraumspieler. Die Freude, jetzt helfen zu können, war groß. Mehr als acht Millionen Stammzellspender sind bei der gGmbH erfasst, doch allein in Deutschland findet nach Angaben der DKMS jeder zehnte Blutkrebspatient keinen passenden Spender. Kuntz jedoch hat einen „genetischen Zwilling“, der seine Spende dringend benötigt. Die Chance steht Experten zufolge, je nach der Kombination der entscheidenden genetischen Merkmale, bei 1:10.000 bis hin zu mehreren Millionen.
Doch mit der Übereinstimmung war Robin Kuntz noch lange nicht Stammzellspender. Erst einmal ging es zur Blutuntersuchung beim Hausarzt, die DKMS hatte den Termin ausgemacht. „Die kümmern sich um alles“, betont der Handballer. Das Ergebnis war gut, und so ging es zur Stammzellspende nach Köln, wo erneut eine, diesmal umfangreiche, Voruntersuchung anstand. Blutabnahme, Urintest, Ultraschalluntersuchung, Herz-EKG – ein Rundum-Check, für den Spender gratis. „Alles in Ordnung, zum Glück“, grinst Kuntz. Also ging es zur Spende. „Man hat ja die Bilder im Kopf, wie Knochenmark entnommen wird“, erzählt der 26-Jährige, „ich war überrascht, wie wenig Aufwand nötig ist.“
Denn in vier von fünf Fällen findet eine sogenannte periphere Stammzellspende statt. Kuntz bekam dafür je eine Nadel in beide Arme. Aus einem Arm wurde Blut abgenommen, das dann durch einen Zellseparator fließt. Dort werden die Stammzellen herausgefiltert, ehe das Blut in den anderen Arm zurückfließt. Zwei bis fünf Stunden dauere das Prozedere üblicherweise, Kuntz ging über die volle Distanz. Plaudern mit einem anderen Spender, einen „John Wick“-Film gucken und Musik hören – die Zeit ging vergleichsweise schnell herum. „Die ganze Betreuung ist sehr, sehr gut gelaufen“, sagt er. Dazu zählt auch, dass die DKMS Anreise, Hotel-Übernachtung und Verpflegung bezahlt, für ihn und seine Freundin.
Denn es ist wichtig, dass eine Begleitperson dabei ist. Fünf Tage vor der Spende begann Kuntz damit, sich zweimal täglich Spritzen zu geben. Sie dienen dazu, die Zahl der Stammzellen im Blut zu erhöhen. Einige typische Grippesymptome wie Kopf- und Gliederschmerzen, auch erhöhter Temperatur, waren die nicht ungewöhnliche Folge. „Man ist nicht wirklich krank, empfindet es aber so“, sagt Kuntz, „aber dafür, dass man einem Menschen das Leben retten kann, fünf Tage nicht ganz fit zu sein, das sollte es einem wert sein.“ Auch dass er das reizvolle Testspiel gegen Drittligist SG Leutershausen verpasst hat, war für den Handballer eine Selbstverständlichkeit. Genauso wie es für den Klub die Freistellung von Spiel und Training war.
Wer womöglich von seinen Stammzellen profitiert, weiß Robin Kuntz nicht. Nur Alter, Geschlecht und die Nation sind bekannt. Seine Spende geht in die Niederlande, nähere Angaben sollen nicht in der Öffentlichkeit erscheinen. Das Heimatland des Erkrankten lässt auch erst nach zwei Jahren kontrollierten, anonymen Briefverkehr zu. „Ich war ein bisschen enttäuscht, seinen genetischen Zwilling kennenzulernen, ist schon was Besonderes“, sagt Kuntz, „aber das Wichtigste ist, ihm zu helfen.“ Er würde es jederzeit wieder tun.