WONSHEIM - Dorothee Reinhardt sitzt auf dem Boden im Wohnzimmer. Umlagert von Stoffen, Schnittmustern, Gurtbändern und Karabinern. Sie hat eine Schere in der Hand und wirkt konzentriert. Die 27-Jährige näht Handtaschen und fiebert ihrer ersten Modeschau entgegen.
„Hach, ist das alles aufregend“, sagt sie, als sie mit dem Stoff an den großen Tisch wechselt. Dort steht ihre Nähmaschine. Geschenkpapier liegt neben ihr, denn vor der Auslieferung verpackt sie die Tasche liebevoll und schreibt eine nette Karte dazu. Sie hat sich ihre Fertigkeit in den letzten Jahren selbst angeeignet. Gelernt hat sie es nie. Schließlich galt das Nähen lange Zeit als ihr Hobby. Jetzt hat sie ein Nebengewerbe angemeldet und hat so viel zu tun, dass sie bis zur Modenschau ein Bestellstopp eingelegt hat.
Sie erinnert sich noch an ihre Kindheit. Voller Faszination hat sie ihrer Tante über die Schultern geschaut, die schon immer gerne mit der Nähmaschine gearbeitet hat. Klein-Dorothee hat die Stecknadeln gesetzt und hat immer wieder gerne geholfen. Doch dann kamen andere Hobbys. Bis an einem schönen Tag im Jahr 2014. „Es war kurz bevor ich mein Studium angefangen habe“, sagt sie. „Ich habe mir mit meiner Mama eine Nähmaschine gekauft.“ Sie hatte Lust, kleine Geschenke zu machen, wollte Freunden eine Freude machen. „Ich habe das als Testphase gesehen“, sagt sie und jetzt hat sie ihre eigene Marke am Start.
IM DETAIL
Dorothee Reinhardt designt und produziert Handtaschen. Ihre Marke nennt sie „Doro.“
Ihre erste Modenschau findet am Samstag, 30. Juni, um 19 Uhr im Weingut von Eva Müller in Wöllstein statt.
Vier Freundinnen und ihre Schwester präsentieren als Models 20 verschiedene Taschen.
Bei Instagram findet man ihre Werke unter „doro.made.it“. Hierüber kann man auch Kontakt zu ihr aufnehmen.
„Doro.“ nennt sie ihre Werke. Schlicht und einfach, wie die Kurzform ihres Namens. Lange hat sie überlegt als sie dann zu Ihrer Mutter sagte: „Ich nenne es jetzt einfach Doro Punkt.“ Dorothee Reinhardt sieht das Ganze aber weiterhin als ihr Hobby an. Viel zu gerne geht sie ihrem eigentlichen Beruf nach. Sie ist staatlich geprüfte Produktdesignerin und arbeitet als Claymodelliererin in der Automobilbranche. Sie setzt zündende Ideen in Modelle um, ihr räumliches Vorstellungsvermögen ist im Job genauso gefragt wie beim Produzieren der Handtaschen.
Manchmal träumt sie. Dann sitzt sie mit geschlossenen Augen im Wintergarten ihres Elternhauses am Ortsrand von Wonsheim und sieht sich mit einem eigenen Atelier. „Ich würde gerne eigene Stoffe herstellen, von Anfang bis Ende.“ Kooperationen mit großen Labels stellt sie sich vor. Sie macht ihren eigenen Siebdruck. Doch dann öffnet sie wieder ihre Augen, schaut auf den Martinsberg und weiß: „Nein, Nein. So wie es ist, ist es gut.“
Lange Jahre hat Dorothee Reinhardt in der Showtanzgruppe „Zoom“ in Sprendlingen getanzt, wurde mehrfach Deutsche Meisterin, bis sich die Gruppe von der Bühne verabschiedet hat. Bis dahin hat sie immer am Kopfschmuck und den Umhängen mitgearbeitet. Als dann mehr Freizeit zur Verfügung war, wurde das Nähen wieder in den Vordergrund gestellt. Sie nähte ihre erste Tasche. Als sie damit dann unterwegs war, liefen ihr begeisternde Freunde und Familienmitglieder über den Weg.
„Danach musste ich erstmal alle versorgen“, sagt sie augenzwinkernd. Wenn sie heute ihre Taschen in Menschentrauben entdeckt, dann ist sie glücklich. Denn bis das soweit ist, hat sie viele Ideen umgesetzt, Schnittmuster erarbeitet, Stoffe besorgt, zugeschnitten und genäht. Circa fünf Stunden dauert es, bis am Ende des Fertigungsprozesses einer Tasche das Geschenkpapier aus der Schublade geholt wird, die Tasche eingepackt und die Grußkarte mit den persönlichen Wünschen an den neuen Eigentümer geschrieben ist.