Evangelische Pfarrei Niederwiesen bei Andacht zum Feiertag als „fledermausfreundliches“ Gotteshaus ausgezeichnet
Von Sonja Bloß
Freuen sich über die Auszeichnung: (v.l.): Pfarrer Tobias Kraft, Hans König und Roswitha Pitsch (Nabu) und Mitglieder der Kirchenvorstände. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
( Foto: photoagenten/Axel Schmitz )
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NIEDER-WIESEN - Ein Gottesdienst in freier Natur hat etwas ganz Eigenes, erinnert an die Zusammenkünfte der ersten Christen. Und wenn dann der ausgewählte Platz so schön ist wie auf der Streuobstwiese am Ortsausgang von Nieder-Wiesen, auf dem Pfarrer Tobias Kraft die Himmelfahrtsgemeinde zur gemeinsamen Andacht begrüßt, dann freuen sich die vielen Besucher ganz besonders. Wohin man schaut, findet man Symbole für den Feiertag, den Aufstieg Jesus in den Himmel. Am Horizont streben die Bäume des Waldes den Wolken entgegen, und direkt im Blickfeld schlängelt sich ein frischgemähter Pfad den Hügel hoch, dahin wo ein schlichtes Holzkreuz am Obstbaum lehnt.
Unterstützt vom Gitarrenensemble Cantilena und Organistin Luisa Becker schlägt Pfarrer Kraft in seiner Predigt den Bogen von der Verbindung des Himmels zur Erde und zurück, durch die Botschaft Jesus, bei Gott aufgehoben zu sein und den Glauben der Menschen daran. An diese Geborgenheit aber auch an die Zukunft hat Martin Luther geglaubt. „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, wird ihm der Legende nach zugeschrieben und dieser Spruch ist im 500. Jahr der Reformation aus ganz besonderem Grund das Motto des Familiengottesdienstes, feiert man doch auch ein eigenes kleines Jubiläum.
Die pfarreieigene, circa ein Hektar große Streuobstwiese wurde vor fünfundzwanzig Jahren errichtet und wird seither ökologisch von der AG „Bewahrung der Schöpfung“ bewirtschaftet. Dreiundsechzig Obstbäume, in der Hauptsache verschiedene Sorten Äpfel, aber auch Kirschen und Birnen wurden seinerzeit von Bürgern aus Nieder-Wiesen gestiftet und auf dem damals kahlen Gelände gepflanzt. Im Jahr 2007 konnte dann das „Apfelsaftprojekt“ mit den Konfirmanden gestartet werden, mit Produktion und Verkauf des eigenen Öko-Apfel-Direktsafts. Die AG „Bewahrung der Schöpfung“ hat das Motto: Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern“ und den anwesenden Mitbegründern, Pflegern und Mitarbeitern kann man die Freude über das Geschaffene ansehen, als sie als symbolisches Dankeschön eine Flasche Apfelsaft erhalten.
FLEDERMÄUSE
Seit mehr als 50 Millionen Jahren bevölkern Fledermäuse die Erde. Das Leben in der Dunkelheit, ihre Fähigkeiten, mit den Ohren zu sehen und mit mehr als 800 Herzschlägen pro Minute durch die Lüfte zu sausen, sind nur einige Aspekte, die diese Tiere so einzigartig machen.
In Deutschland fliegen 25 Fledermausarten durch die Nächte.
Auch Ortsbürgermeister Waldschmidt freut sich in einer kurzen Rede über das lange vor seiner Zeit entstandene Bürgerengagement. Auf der Wiese wurde auch ein Insektenhotel installiert, was zu einem weiteren Projekt der Evangelischen Pfarrei Nieder-Wiesen mit Bechenheim und Nack hinführt. Aus den Händen der Vorsitzenden des Naturschutzbundes Alzey und Umgebung, Roswitha Pitsch, erhält die Gemeinde eine Plakette und die Auszeichnung für eine „fledermausfreundliche Kirche“. Im Jahr 2000 wurde mit Veränderung der Einfluglukenbreite in den drei Kirchen der Pfarrei Lebensraum für die heimische Fledermaus geschaffen, und diese ernähren sich ausschließlich von Insekten, und nicht von Menschenblut wie Hans König, Arbeitskreis Fledermausschutz Rheinland-Pfalz, augenzwinkernd erläutert. Er freut sich, dass für die Tiere Raum in den evangelischen Kirchen geboten wird. Fledermäuse sind anspruchsvolle Tiere, die sich nur dort ansiedeln, wo die Natur noch in Ordnung ist.
Bei der hier vorkommenden Art handelt es sich um das „graue Langohr“, mit einem circa fünf Zentimeter langen Körper und vier Zentimeter langen Ohren, unschwer zu erkennen, woher der Name kommt und es lebt ausschließlich in der Nähe der Menschen, im Sommer hauptsächlich auf Dachböden, ruhig und zugluftfrei. Man spricht hier auch von der „rheinhessischen Fledermaus“, denn sie liebt warme Regionen. Im Winter zieht sie um und hängt buchstäblich für Monate in dunklen, feuchten und kalten Kellern herum, wie Hans König anschaulich erzählt. Gerne wird er die Gemeinde zu einem ausführlichen Vortrag besuchen.