Kreidelos: Wie eine Grundschule mit Digitalisierung umgeht

Auch in Mauchenheim hat die Digitalisierung Einzug erhalten. An der Grundschule werden bereits Tablets eingesetzt. Foto: BK/Axel Schmitz
MAUCHENHEIM - Wenn sie morgens in den Klassenraum geht, macht Daniela Walter zuallererst die Tafel an. „Die Tafel anmachen...“ – als die 45-Jährige selbst zur Schule ging, hätte ein Satz wie dieser wohl für verwirrte Gesichter gesorgt. Heute ist er Alltag. Die Digitalisierung hat Einzug gehalten in den Unterricht, auch an der Grundschule in Mauchenheim. In zwei von vier Klassensälen sind Kreide und Schwamm bereits passé, digitale Modelle haben hier bereits die traditionellen Tafeln ersetzt. Auch in den beiden übrigen Räumen wird es schon bald modern – 2019 steckt die VG Alzey-Land insgesamt rund 150 000 Euro in die EDV-Ausstattung ihrer sechs Grundschulen.
Als Schulleiterin Daniela Walter vor 22 Jahren den Lehrerberuf ergriff, wurden Arbeitsblätter und Zeugnisse noch von Hand geschrieben, Fotokopierer waren der neueste Schrei. Und heute? Büffeln Kinder mit Lern-Apps, zeigen Lehrer im Unterricht zur Veranschaulichung auch mal Youtube-Videos oder schreiben im Netz eigene Pädagogen-Blogs, Eltern tauschen sich in Whatsapp-Gruppen aus. „Es ist sehr elektronisch geworden“, sagt Walter, deren Einrichtung seit vergangenem Sommer am landesweiten Programm „Medienkompetenz macht Schule“ mitmacht.
Im Vergleich zum Beginn ihrer beruflichen Laufbahn habe sich der Lehrerberuf stark gewandelt – weg vom großen Zampano, der vorne alles vorgibt, hin zum Lernbegleiter mit zunehmend erzieherischen und sozialen Aufgaben. „Ich bin eine große Verfechterin der Digitalisierung – in Maßen“, sagt Walter, die seit 2008 als Schulleiterin in Mauchenheim tätig ist. Schule könne sich nicht einfach vom technischen Fortschritt ausklinken. Es gelte, diese Rolle anzunehmen. „Auch um gegenzusteuern. Weil es unsere Aufgabe ist, den Kindern – und deren Eltern – zu zeigen, dass man mit den Geräten mehr machen kann als nur spielen und Videos schauen.“ Eine Umfrage unter den Eltern bestätigt Walters Argumentation. Demzufolge haben alle Mauchenheimer Schüler zu Hause Internet-Zugang und mindestens ein digitales Medium zur Verfügung, zwei Drittel der Familien verfügen über ein Tablet.
Seit diesem Schuljahr nennt auch die Grundschule einen Satz der Geräte ihr Eigen, sie sollen künftig im Unterricht regelmäßig zum Einsatz kommen. „Wir werden ausprobieren, was gut funktioniert und schauen, wie es bei den Schülern ankommt.“ Mit speziell für Grundschulen entwickelten Apps, die an Computer-Spiele erinnern, können die Kinder beispielsweise Mathe-Aufgaben lösen. Oder sich mit einem interaktiven Quiz auf anstehende Tests vorbereiten. Daniela Walter fungiert in den Klassen dann vor allem unterstützend, hilft, wenn’s irgendwo klemmt, gibt Erklärungen zu den Rechenübungen. Und sie schaut, dass die Kommunikation und der Austausch untereinander erhalten bleiben, auch wenn alle ihre Augen auf die kleinen Bildschirme gerichtet haben. Sie und ihre Lehrerinnen haben zuvor extra Fortbildungen besucht, um im Umgang mit den Neuen Medien fit zu werden. Verweigerungshaltung im Kollegium? „Gibt es bei uns glücklicherweise nicht“, sagt Walter.
Ebenso wenig übrigens wie digitales Mobbing. Kein Kind in ihrer Schule nutze Facebook und Co., berichtet die Rektorin. Dennoch sei es auch Aufgabe einer Grundschule, mit den Kindern über Verhaltensregeln in den sozialen Netzwerken zu sprechen. Ihnen zu erklären, warum es nicht okay ist, ohne Erlaubnis Fotos von anderen im Internet zu posten. „Man muss im Kleinen anfangen“, sagt Walter.
Auch mit Blick auf die zukünftige Entwicklung. Im Moment seien die elektronischen Geräte nur ein weiteres Medium im Unterricht. Doch das werde sich ändern. Die 45-Jährige glaubt, dass die Schule von morgen keine Lehrbücher mehr verwenden wird und sich die Rolle des Lehrers noch weiter ändert.
In Daniela Walters Klassensaal hängt noch immer eine alte Tafel. Eines dieser Exemplare, die man nicht „anmachen“ kann. Genutzt wird sie nicht mehr, auch wenn die moderne Technik so manches Mal ihre Tücken hat.
Das Ende der Kreidezeit, in Mauchenheim ist es längst angebrochen.