Von außen ist es ein echtes Schmuckstück, im Inneren jedoch besteht dringender Handlungsbedarf. Das evangelische Pfarrhaus in Kettenheim wird im kommenden Jahr saniert. Foto: photoagenten/Carsten Selak
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KETTENHEIM - Normalerweise ist ein Wasserschaden im Badezimmer kein Grund zur Freude. Für das evangelische Pfarrhaus in Kettenheim jedoch ist er in gewissem Sinne Gold wert. Erst dank ihm nämlich wurde der dringende Sanierungsbedarf für das 1871 erbaute Gebäude erkannt. So dringend, dass die kirchliche Bauaufsicht von sich aus eine energetische Grundsanierung vorgeschlagen hat. Die wird ordentlich bezuschusst und spart der Kirchengemeinde so eine Menge Geld.
Dass etwas getan werden musste, macht Pfarrerin Anja Krollmann deutlich, die seit 2004 im Obergeschoss des historischen Hauses wohnt. Nicht nur an den Eichenbalken in ihrem Bad habe sich Schimmel gebildet, sondern auch im Untergeschoss. Auch die Fenster seien mittlerweile 30 Jahre alt. Generell, sagt Krollmann, sei an größeren Sanierungsarbeiten seit einem Umbau in den 80er Jahren in dem Gebäude nichts mehr passiert.
80 Prozent der Kosten aus Öko-Fonds bezuschusst
Rund 360 000 Euro soll die Sanierung des Pfarrhauses kosten. 80 Prozent der energetischen Maßnahmen werden durch den kirchlichen Öko-Fonds bezuschusst, der Rest mit 65 Prozent. Der Antrag aus Kettenheim auf Förderung kam gerade noch rechtzeitig, „denn Zuschüsse gibt es nur noch für 2017, danach nicht mehr“, erklärt die Geistliche. Ein Jahr später und die Kirchengemeinde hätte die Kosten komplett alleine stemmen müssen.
So verbleiben lediglich rund 88 000 Euro, die laut Krollmann für die Gemeinde dank Rücklagen auch finanzierbar seien. 8000 Euro davon müssen aus der Kollekte aufgebracht werden. „Da die aber ja eigentlich eher für soziale Projekte verwendet werden soll, versuchen wir, das Geld über Fundraising wieder hereinzubekommen.“ Bereits im vergangenen Jahr wurde hierfür erstmals Quittenschnaps – produziert aus den Früchten der Bäume im Pfarrgarten – veräußert, zudem gab es ein Benefizkonzert und den Verkauf von Weingläsern. Der Erlös aus allen drei Einnahmequellen wird in die Sanierung gesteckt.
Dass den Gläubigen das Pfarrhaus in Kettenheim am Herzen liegt, davon ist Anja Krollmann fest überzeugt. Nicht nur, weil Generationen von Konfirmanden im Gebäude oder unter der großen – vor Jahren durch einen Sturm gefällten – Kastanie im Garten ihren Unterricht gehabt haben. Auch fänden hier viele Gespräche in Vorbereitung auf eine Taufe, Hochzeit oder Beerdigung statt. „Die Zahl dieser Gespräche im Pfarrbüro nehmen sogar zu“, widerspricht Krollmann der verbreiteten Auffassung, Pfarrhäuser verlieren allmählich ihre Bedeutung.
Geplant ist, dass die Bauarbeiten an dem Gebäude im März beginnen sollen, das aufgrund der Verlegung neuer Fenster, Heizungsrohre sowie Elektro- und Wasserleitungen zur Großbaustelle wird. Der Kirchenvorstand verabschiedete vergangene Woche die Sanierungspläne einstimmig, nun fehlt nur noch die Zustimmung der Kirchenverwaltung.
Anja Krollmann plant ihren Auszug aus dem Gebäude für Februar. „Etwas ätzend“, findet die Pfarrerin das, ist gleichzeitig aber froh, nur drei Häuser weiter eine vorübergehende Bleibe gefunden zu haben. Etwa ein Jahr, rechnet sie, werden die Bauarbeiten im Pfarrhaus dauern.