Trotz Online-Petition: Kein neuer Geldautomat für Flomborn
Von Stephen Weber
Zentraler Reporter
Udo Kurt (Mitte) von der Bürgerinitiative Flomborn überreichte die Unterschriftenliste an Volker Rathay (Sparkasse, l.) Bernd Rissel (Volksbank, r.). Beide Bankvertreter machten klar, dass sich ein neuer Geldautomat für die Banken wirtschaftlich nicht rentieren würde. Foto: pa/Selak
( Foto: pa/Selak)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
FLOMBORN - Volker Rathay steht auf dem Netto-Parkplatz, die Hände gefaltet, die Haare nach hinten gekämmt. Geduldig hört er zu, nickt immer wieder zustimmend. Er trägt einen dunkles Sakko, wie es von einem Pressesprecher der Sparkasse Worms-Alzey-Ried erwartet wird. Ihm gegenüber steht Udo Kurt von der Bürgerinitiative Flomborn. Kurzärmliges Hemd, Schnurrbart. Unter seinem Arm klemmt eine Mappe mit Unterschriften – das Ergebnis einer Online-Petition zum Wiederaufbau des gesprengten Geldautomaten auf dem Parkplatz des Supermarktes. Doch Rathay macht noch vor Ort klar: „Ein solcher Automat kostet Geld und wird sich finanziell gesehen nicht tragen. Wir als Sparkasse unterliegen einem Wirtschaftlichkeitspostulat, was uns verbietet, unwirtschaftliche Entscheidungen zu treffen.“
Wo einst der Automat gestanden hat, ist jetzt nur noch ein quadratisches Kiesbett übrig. Nachdem Anfang April Unbekannte den Schalter am Ortsausgang in die Luft gesprengt haben, ist der Beschluss der gemeinsamen Betreiber Sparkasse und Volksbank Alzey-Worms gefallen, den Automaten nicht wieder aufzubauen. 382 Menschen haben deshalb bei der Unterschriftenaktion im Internet mitgemacht, um den Erhalt ihres Bankhäuschens einzufordern. Acht Demonstranten mit weißen Protestschildern wollen an diesem Morgen dem Protest mit ihrer Anwesenheit Nachdruck verleihen.
Neben Rathay ist auch Bernd Rissel von der Volksbank Alzey-Worms auf den Netto-Parkplatz gekommen. Zusammen hören sie sich die Sorgen und Nöte der Bürgerinitiative an. Sorgen wie der immer weiter um sich greifende Rückzug der Bankfilialen aus dem ländlichen Raum. Und die damit einhergehenden Nöte älterer Bürger, die weder mobil noch internetaffin sind. Zudem beklagen sie, dass die Banken inzwischen Servicegebühren für das Abheben von Geld oder das Bezahlen mit der EC-Karte erheben, aber gleichzeitig Serviceleistungen vor der Haustür einstellen.
„Wir reagieren damit auf den digitalen und gesellschaftlichen Wandel“, erklärt Rathay. Auch Banken müssten ihr Geschäft aktuellen Entwicklungen anpassen. Ferner würden Alternativen wie das Bargeldtaxi, Telefonberatung oder kostenlose Hausbesuche angeboten, um den Wegfall zu kompensieren. Voba-Pressesprecher Bernd Rissel ergänzt: „Wir ziehen uns aus der Gegend ja nicht komplett zurück, nur weil nicht mehr alle zwei Kilometer ein Geldautomat steht. Wir bilden vielmehr Kompetenzzentren in den Gebieten, um den Service zu ballen.“
Neben dem gesellschaftlichen Wandel spiele allerdings auch eine politische Dimension eine Rolle. Denn: Ein neuer Automat mit Häuschen ist mit rund 100 000 Euro zu veranschlagen – neben den laufenden Kosten sowie Ausgaben für Sicherheitstechnik. „Es vergeht in der Region aber derzeit keine Woche ohne Automatensprengung“, sagt Rathay. Das führe zu Gesamtkosten, die derzeit zu hoch für Sparkasse und Volksbank seien. Schuld soll die seit zehn Jahren anhaltende Niedrigzinspolitik der EU sein.
Argumente, die die Demonstranten allesamt nicht sonderlich überzeugen. Die Anwesenden diskutieren, argumentieren, schütteln immer wieder die Köpfe. Nach einer halben Stunde geben sie sich schließlich die Hand, die Petition wechselt ihren Besitzer. Und alle verlassen den Parkplatz mit dem Wissen: Es wird in Flomborn keinen neuen Geldautomaten geben.