Seit sieben Generationen: Das Flomborner Weingut Bernhard-Räder ist 200 Jahre alt
Von Svetlana Leitz
Ein Streifzug durch 200 Jahre Geschichte: Ulla Bernhard-Räder und ihr Sohn Philipp betrachten gemeinsam Dokumente aus ihrer historischen Sammlung, darunter unter anderem ein altes Adressbuch, dass Ulla Bernhard-Räder in der Hand hält. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
( Foto: photoagenten/Axel Schmitz)
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FLOMBORN - Von Altem lernen und in Neues investieren. Mit Tradition und Innovation will die Familie Bernhard-Räder ihr Weingut in Flomborn führen. Dieses Jahr feiert der Betrieb sein 200-jähriges Jubiläum. In dieser Zeit hat die Familie, die ihrem Beruf treu geblieben ist, große Veränderungen bei der Arbeit erlebt.
Auf eine lange Geschichte können Ulla Bernhard-Räder und ihr Sohn Philipp Räder zurückblicken. Gegründet wurde der Hof einst von Wilhelm Zahn und seiner Frau Sibilla, die das Haus auf mittelalterlichen Burgmauern errichteten. Noch heute sind Mauern mit einer Dicke von bis zu 2,80 Meter vorhanden. In den bis jetzt sieben Generationen wechselte der Name des Weinguts von Zahn auf Best und dann auf Bernhard. „Meine Familie hat wohl schon immer mehr Töchter hervorgebracht, die das Gut übernommen haben. Und die nahmen die Namen ihrer Männer an“, erklärt Bernhard-Räder. Mehrmals wurde das Hofgut in 200 Jahren umgebaut und erweitert, im Jahr 1991 eröffnete das Gästehaus.
Viele historische Dokumente sind heute noch im Besitz der Familie. Ein Kostenvoranschlag für die Treppe von 1906 in Sütterlin gibt es noch, genauso wie eine Quittung von 1887 und historische Weinetiketten. Spuren der Umbauten und Familiengeschichte sind im ganzen Haus und auf dem Hof zu finden, das Haus ist heute noch im Jugendstil eingerichtet. „Bei uns kann man durch 200 Jahre Geschichte gehen“, sagt Bernhard-Räder.
OFFENE TÜREN
Am Dienstag, 1. Mai, öffnet das Weingut von 11 bis 18 Uhr seine Türen. Die Besucher können dann historische Stätten und Dokumente in Augenschein nehmen.
Etwas ganz Besonderes ist für sie das alte Adressbuch von Tante Johanna. Von ihr bekam sie das kleine Büchlein einst geschenkt – und nach ihr wird der Jubiläumswein benannt und das Etikett dem Deckblatt des Adressbuchs nachempfunden.
Heute besteht die Familie aus Mutter Ulla Bernhard-Räder, Vater Rüdiger Räder, Sohn und Juniorchef Philipp Räder und Tochter Anna Marie Räder. Jeder leistet seinen Beitrag im Weingut. „Wir sind eine Betriebsgemeinschaft aus Vater, Mutter und Sohn. Wenn Anna da ist, hilft sie auch mit“, sagt Bernhard-Räder. Außer der Familie gibt es noch jeweils zwei Angestellte im Gästehaus und im Betrieb. Saisonal kommen weitere Mitarbeiter dazu, besonders im Herbst, wenn die Lese ansteht.
„Das war nicht immer so. Früher gab es weniger Festangestellte, die dann aber das ganze Jahr hier gelebt haben“, erzählt Bernhard-Räder. Was sich sonst noch alles in zwei Jahrhunderten geändert hat? Die Anbaufläche hat sich von anfangs acht auf heute 30 Hektar Land vergrößert. Früher sei viel mehr mit der Hand gearbeitet worden, besonders bei den Reben, weiß Philipp Räder. Durch den Bio-Anbau sei das aber ein Stück weit wieder zurückgekommen. Bis auf Hühner gibt es auch keine Nutztiere mehr auf dem Hof. „Früher war man nicht nur auf Wein spezialisiert, die Leute waren Bauern, hielten Vieh und betrieben Ackerbau“, berichtet Räder.
Auch beim Wein gibt es Veränderungen. „Vor 100 Jahren war statt der Rebsorten eher die Lage wichtig“, erklärt Bernhard-Räder und zeigt ein altes Etikett, das statt der Sorte nur den Anbauort verrät. Die Auswahl wird bis heute immer wieder variiert, neue Rebsorten ausprobiert, alte aussortiert. „Man muss immer etwas Neues machen, um das Vorhandene zu halten. Wir investieren jedes Jahr in unseren Betrieb“, sagt Bernhard-Räder. Pro Jahr wird ein Hektar umgebrochen und neue Reben angebaut. Drei Jahre dauert es, bis es dann den ersten Ertrag gibt.
Wunsch: Natur und Idylle sollen erhalten bleiben
Auf die Idee, auf Bio-Weinbau umzustellen, kam Philipp während seiner Ausbildung in einem Bio-Betrieb. Seine Eltern hat er schnell überzeugt. „Man sieht, dass es auch ohne die ganzen Mittelchen geht“, ist sich Räder sicher. Zwar gebe es weniger Erträge, die Qualität sei dafür umso besser. Den neuen Flaschenkeller hat die Familie in einen Hang gebaut. So bleibt die Temperatur im Raum übers Jahr konstant, was gut für den Wein ist. Das habe er sich von den Vorfahren abgeschaut, erzählt Räder. „Von ihnen kann man immer etwas lernen.“
Was sich die Familie für die nächsten 200 Jahre wünscht? „Ich hoffe, dass die Natur und Idylle hier auf dem Land erhalten bleibt und nicht durch Technisierung und Umweltverschmutzung zerstört wird“, meint Bernhard-Räder. „Dass das Haus erhalten bleibt und der Winzer arbeitstechnisch nah an der Rebe bleibt, ist mein Wunsch“, fügt ihr Sohn hinzu.