Steinmetzmeister und Bildhauer Florian Geyer (rechts) erinnert an die 1901 gefundenen Hockergräber. Ein 400 Kilogramm schwerer Hinweisstein wurde jetzt an der Friedhofsmauer in Flomborn angebracht. Foto: photoagenten/Axel Schmitz
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FLOMBORN - Viele Leute haben schon Probleme, ein Bild gerade an die Wand zu hängen. Um weit mehr als ein Bild ging es vergangenen Samstag, als Florian Geyers 400 Kilo schwerer Hinweisstein an der Friedhofsmauer in Flomborn millimetergenau befestigt wurde. Dank der sorgfältigen Vorbereitung des Steinmetzmeisters und Bildhauers sowie Kraft und Fingerspitzengefühl von fünf weiteren Mitgliedern der „Bürgerinitiative für Flomborn“ (BIF) war aber auch das in einer knappen Stunde bewerkstelligt.
Keramikgefäße im Wormser Museum
Unübersehbar für jeden Friedhofsbesucher prangt nun rechts des Eingangs ein 85 mal 85 Zentimeter großer Sandsteinblock und weist darauf hin, dass 1901 nur wenige Meter entfernt jungsteinzeitliche Hockergräber aus der Zeit von 5400 bis 5200 vor Christus gefunden wurden. In etwa 320 Stunden hat Geyer nicht nur den Text in seiner typischen an der Capitalis monumentalis orientierten Steinmetzschrift in Warthauer Sandstein gehauen, sondern auch einen im Relief sichtbaren „Kumpf“ in Originalgröße. Kümpfe sind henkellose Keramikgefäße mit rundem Boden und geritzten Verzierungen. Sie wurden in ihrer typischen Spiralform zahlreich in etwa 80 Flomborner Grabstätten gefunden und werden heute im Wormser Museum aufbewahrt und zum Teil ausgestellt. Nach ihnen ist die „Flomborner Stufe“ benannt, die erste von fünf Phasen der Jungsteinzeit. Diese Funde erregten Anfang des 20. Jahrhunderts große Aufmerksamkeit und sorgten dafür, dass sogar der berühmte Berliner Anthropologe Rudolf Virchow zur Begutachtung nach Flomborn kam.
Hätte zur Information über diese Fakten nicht auch ein kleines Hinweisschild an der Mauer genügt? „Mit dem großen Stein werden auch vorbeifahrende Autofahrer auf die Besonderheit aufmerksam“, erklärte Geyer, wie er als überörtlich bekannter Bildhauer auf die Idee für ein weiteres Kunstwerk in seiner Heimatgemeinde kam. Nebenbei ließ er durchblicken, dass er die neue Nippes-Mode auf Gräbern nicht mag. Auch deshalb beteilige er sich als BIF-Mitglied gerne an deren Projekt „Friedhof“. Ortsbürgermeister Rainer Thomas erläuterte, dass Ortsgemeinde und Bürgerinitiative Flomborn im Rahmen der Dorferneuerung Geyer den 320-Stunden-Auftrag erteilt hätten und dass es hier noch weitere Baustellen gebe.
1901 GEFUNDEN
1901 wurden beim Erweitern dieses Friedhofs jungsteinzeitliche Hockergräber gefunden. Die aus gebranntem Ton bestehenden Grabbeigaben sind Linearbandkeramiken aus der Zeit 5400-5200 v. Chr. Diese Funde sind namengebend für die „Flomborner Stufe“
Aussegnungshalle als nächste „Baustelle“
Beispielsweise steht da eine ebenfalls von Geyer gefertigte Stele auf dem Rasen für Urnenbestattungen, der noch fertiggestellt werden muss. Ein „Pfad des Lebens“ schlängelt sich durch fünf Blumenbeete und symbolisiert nach der Erklärung von Wilhelm Reinheimer die vier Jahreszeiten des Lebens und das Paradies. Die Abdeckung der Mauer, die Erich Württemberger mit Hilfe seines Traktors entfernt hatte, damit Volker Laule und Udo Kurt den großen Stein auf die mit Marmorkitt bestrichenen Dübel über den beiden Konsolen schieben konnten, wird derzeit nicht wieder aufgebracht.
„Als Nächstes müssen wir uns um die Aussegnungshalle kümmern, die vergrößert und mit einer Toilette versehen werden soll“, erklärte Thomas. „Erst nach deren Bau können wir uns wieder um die Renovierung der Mauer kümmern, die am rechten Ende der Straßenseite bereits begonnen wurde.“